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"Borowski und der gute Mensch" Aller bösen Dinge sind drei

Besonders sympathisch ist der von Lars Eidinger gespielte Karl wahrlich nicht.

Besonders sympathisch ist der von Lars Eidinger gespielte Karl wahrlich nicht.

(Foto: NDR/Thorsten Jander)

Psycho-Showdown an der Kieler Förde: Zum Abschluss der "Tatort"-Trilogie um Kai Korthals zieht Lars Eidinger noch einmal alle Register, klaut sich einen Anzug, einen Hund, schmückt sich mit fremdem Haar. Dass Borowski ihn am Ende nicht vorm finalen Schuss bewahren kann, ist fast ein wenig schade.

"Ich bin ein Unglück für diese Welt. Ich kann nicht anders, als böse zu sein" - so entfährt es Kai Korthals (Lars Eidinger) in einem stillen Moment der Einsicht. Und in der Tat: Darauf läuft es am Ende hinaus. Der Typ ist nicht tragbar, nicht therapierbar, nur von kurzen Momenten der Einsicht geschüttelt, im nächsten Moment aber schon wieder irrlichternd und zerstörerisch, als wäre er elektrisch geladen.

Es schien, als hätte Autor Sascha Arango noch eine Rechnung mit seinem Protagonisten offen gehabt, ein Eindruck, den der Regisseur selbst denn auch bestätigt: "Es war mir wichtig, dass er zum Abschluss der Trilogie begreift und anerkennt, kein "guter Mensch" zu sein. Moralisch ist er schuldig für das entsetzliche Unheil, das er anrichtet", so Arango. "Ich wollte auch seine Freund-Feindschaft mit Kommissar Klaus Borowski vollenden, seiner einzigen Bezugsperson. Korthals rettet seinem Verfolger das Leben. Damit schlagen wir das finale Kapitel auf."

Vom Küsten-Columbo zum Bruce Willis

Es ist eine jener Szenen, in denen Klaus Borowski, und das bald zwei Dekaden nach seinem ersten Einsatz, für sein Publikum immer noch nicht so richtig greifbar ist. All diese Manierismen, diese merkwürdigen Seitenblicke, das Entrückte, diese merkwürdigen Telefon-Rituale - so einer bei der Kripo? Na, Prost Mahlzeit. Dann aber plötzlich ein Stunt wie jener, als er in luftiger Höhe von Balkon zu Balkon kraxelt, aus dem autistischen Küsten-Columbo plötzlich Bruce Willis wird, wenn auch nur für einen kurzen Moment. Eine morbide Pointe, dass es ausgerechnet Korthals ist, der ihn vor dem tödlichen Sturz bewahrt.

Aber genau das ist es, was den Reiz dieses dritten und letzten Teils ausmacht: die Lust am Extremen, die Chuzpe, sich im Rahmen dieser so eigenwilligen Geschichte der Übersteigerung, den Klischees, einer metaphysischen Ironie hinzugeben. Dass die einzige Person, mit der Korthals eine homöopathische Dosis Normalität erlebt, eine blinde Seelsorgerin ist, wie er sich ausgerechnet einen Anzug von Borowski überstreift, ein Hund als einziger Freund, die Nummer mit dem Skalp, im Kleid der Ermordeten auf dem Fahrrad an den Polizisten vorbeiradelnd, dazu der Beginn mit Korthals/Eidinger ausgerechnet in einer Theatergruppe, das Salami-Brötchen - das ist alles so over the Top, dass es schon wieder gut ist. Also, "gut" im Sinne von: Das passt.

Den "guten" Kai Ausschau gesucht

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Schlussendlich ist es die Finesse von Regisseur İlker Çatak, die dem Zuschauer diesen grausligen Anti-Helden auch immer wieder näher bringt, dieser in all seinem Wahn auch so etwas wie Empathie auslöst. "Obwohl seine Absichten eigentlich oft gut sind, weiß er sich in Stressmomenten nicht anders zu helfen als durch Gewaltexzesse", erklärt Çatak. "In der Inszenierung habe ich immer nach dem "guten" Kai Ausschau gehalten, also nach einer Naivität gesucht, die den Zuschauenden ermöglicht, Kai vielleicht sogar ins Herz zu schließen."

Mission accomplished, so könnte man es fast sagen. Denn als Korthals seinem Leben am Schluss dieser fordernden 90 Minuten Sonntagskrimi ein Ende setzt, das Blut quer über die Pinnwand mit den Fahndungsinfos splattert, bleibt doch unbestritten auch dieses Gefühl: Irgendwie schade, dass es vorbei ist.

Quelle: ntv.de

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