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"Polizeiruf" aus München DNA lügt nicht, Menschen dagegen schon

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Tun für die Gerechtigkeit verbotene Dinge: Kommissarin Blohm (Johanna Wokalek, l.) und Forensikerin Ambacher (Jule Gartzke).

Tun für die Gerechtigkeit verbotene Dinge: Kommissarin Blohm (Johanna Wokalek, l.) und Forensikerin Ambacher (Jule Gartzke).

Dass Recht und Gerechtigkeit nicht immer das Gleiche sind, ist ein alter Hut. Bei manchen Grundsatzentscheidungen der Gerichte möchte man dann trotzdem manchmal an der Welt verzweifeln - zumindest auf den ersten Blick.

Franca Ambacher (Jule Gartzke) steht kurz vor der Verzweiflung: Da hat ihr der DNA-Scanner gerade den technisch wasserdichten Beweis dafür geliefert, dass der Mörder von Mia Horschaleks (Emma Preisendanz) Freund ihr leiblicher Vater sein muss. Nur sagen darf sie das niemandem, vor allem nicht den ermittelnden Kommissaren Blohm (Johanna Wokalek) und Eden (Stephan Zinner), die derweil im Dunkeln tappen.

"Bei Recherchen zum Thema DNA-Spuren stieß ich auf die erstaunliche Tatsache, dass erfahrene Labor-AnalystInnnen auf einen Blick mehr Informationen sehen können, als sie der Polizei verraten dürfen", sagt Drehbuchautor Tobias Kniebe über die Genese des Münchner "Polizeirufs".

"So sah ich auf einmal den Gewissenskonflikt einer DNA-Expertin vor mir, die dann auch die Kommissarin in ihr Dilemma einweiht. Schon bewegt sich die ganze Ermittlung jenseits des Rechts - eine denkwürdige und dramatische Nacht lang."

Rechtliche Grauzonen

Das Dilemma der Forensikerin verweist auf ein reales BGH-Urteil von 2012 in einem Vergewaltigungsfall, bei dem DNA-Proben von Vater und Onkel den Täter überführten (Az. 3 StR 117/12, für alle, die es ganz genau wissen wollen). Damals entschied der Bundesgerichtshof, dass DNA-Analysen in Massentests nur zur Feststellung verwendet werden dürfen, ob ein genetischer Treffer mit dem Spurenmaterial übereinstimmt. Ein Einsatz darüber hinaus - etwa für andere Ermittlungen - ist strikt untersagt, weil es "in Deutschland ein hohes Rechtsgut ist, dass man vor Gericht Angehörige nicht belasten muss", wie ein Anwalt erklärt, den Kommissarin Blohm um Rat bittet.

Nicht nur Mias (Emma Preisendanz) Therapeut, sondern auch ihr Vater: Martin Weibel (Michael Roll).

Nicht nur Mias (Emma Preisendanz) Therapeut, sondern auch ihr Vater: Martin Weibel (Michael Roll).

Die BGH-Entscheidung markierte damals eine Wende im Umgang mit DNA-Daten und zwang Ermittlungsbehörden dazu, ihre Praxis stärker an verfassungsrechtliche Vorgaben anzupassen - auch wenn die bisweilen unnötig sperrig erscheinen. Dass das Thema auch zehn Jahre später relevant bleibt, zeigt der "Polizeiruf": Er wirft die Frage auf, ob die gesetzlichen Vorgaben wirklich immer zu Gerechtigkeit führen - und lässt seine Figuren dafür auch rechtliche Grauzonen betreten.

Wie schief das gehen kann, zeigt "Jenseits des Rechts" im Finale: In einem Mix aus Verzweiflung und Entschlossenheit hat Kommissarin Blohm den mutmaßlichen Mörder in seiner eigenen Villa gefesselt und ihm gewaltsam DNA entnommen. Nur um kurz darauf zu erfahren, dass die DNA Horschaleks gar nicht mit seiner "Tochter" übereinstimmt - deren leiblicher Vater (und damit der Mörder) ist in Wahrheit ihr Therapeut.

Quelle: ntv.de

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