Der "Tatort" im SchnellcheckDoppel-Wumms im Nachbarland
Von Julian Vetten
Raubein-Ermittler Falke muss zum Jahresende erst die Niederlande und in letzter Konsequenz auch Deutschland vor der Clan-induzierten Drogenapokalypse bewahren. Immerhin ist er dabei nicht allein, sondern kann auf seinen neuen Cyber-Kollegen Schmitt und eine mindestens ebenso raubeinige holländische Kollegin zählen. Lohnt sich das Einschalten der Doppelfolge?
Was passiert?
Ein Deutscher wird von einem niederländischen Campingplatz entführt. Weil es Blutspuren und den Anfangsverdacht auf mafiöse Hintergründe gibt, muss die Bundespolizei in Form von Kommissar Falke (Wotan Wilke Möhring) ran. Dem hemdsärmeligen Falke wird Cyber-Polizist Mario Schmitt (Denis Moschitto) zur Seite gestellt, am Tatort in Delzijl stößt außerdem die holländische Ermittlerin Lynn de Baer zum Team.
Schnell wird klar, dass der Vermisste kein einfacher Bürger war, sondern ein verdeckter Ermittler. Es geht um Drogenhandel in sehr großem Stil und die "Mocro-Mafia", die mit ungeheurer Brutalität und jugendlichen Auftragskillern ihre Interessen durchsetzt und den ganzen Staat bedroht - und ihre Geschäfte auf Deutschland ausweiten will.
Worum geht's wirklich?
Eine "Spiegel"-Recherche von 2021 über die bedrohlichen Entwicklungen einer verfehlten Drogenpolitik in unserem Nachbarland lieferte die Blaupause für die in Zusammenarbeit mit dem niederländischen Sender NPO gedrehte Doppelfolge. Folterungen, Attentate, Explosionen, Mord-Makler und jugendliche Auftragskiller, die kaltblütige Ermordung von Starjournalisten und Rechtsanwälten: "Ein guter Tag/Schwarzer Schnee" hat das alles aus der Realität übernommen und bleibt in einem Punkt sogar dahinter zurück - die niederländische Königsfamilie wird im Film nicht bedroht.
Wegzapp-Moment?
Gibt es im Grunde genommen nur für jene, denen dieser "Tatort" zu starker Tobak ist. Zwischendrin gibt es ein paar Szenen, die wegen des wild um sich schießenden Mafia-Nachwuchses übertrieben hollywoodesk wirken - bis man die alte "Spiegel"-Geschichte nochmal liest und erfährt, dass sich der "Tatort" im Vergleich zu den realen Ereignissen fast schon zurückhält.
Wow-Faktor?
Einige. Am beeindruckendsten ist aber tatsächlich der Fakt, dass es "Ein guter Tag/Schwarzer Schnee" schafft, trotz seiner vielen komplexen Handlungsstränge nicht zu verheddern und eine packende Geschichte zu erzählen, von der sich viele ARD-Sonntagskrimis etwas abschauen können.
Wie war's?
9 von 10 Punkten. Starke Bilder von Kameramann Alexander Fischerkoesen, ein meisterhaft geschriebenes Drehbuch (Alexander Adolph und Eva Wehrum) sowie die packende inszenierte Umsetzung von Regisseur Hans Steinbichler bescheren Kommissar Schmitt einen mehr als gelungenen Einstieg in den Bundespolizei-"Tatort" - und den Zuschauern ein düsteres Filmfest vor dem Fest.