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"Tatort"-Saisonauftakt Es ist nicht alles Gold, was glänzt

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Heino Ferch darf als verschrobener Museumsdirektor immer wieder die vierte Wand durchbrechen.

Heino Ferch darf als verschrobener Museumsdirektor immer wieder die vierte Wand durchbrechen.

(Foto: SWR / Benoît Linder)

Lena Odenthal darf zum sage und schreibe 78. Mal in der Pfalz ermitteln und eröffnet in Ludwigshafen die "Tatort"-Saison. Ein einfacher Mord reicht da natürlich nicht, aber wie wäre es stattdessen mit den Nibelungen?

Wenn man, wie Lena Odenthal (Ulrike Folkerts), seit mehr als 30 Jahren im Dauerkriminaleinsatz ist, braucht es ordentlich Abwechslung im Ermittleralltag. Und was es da nicht alles im Ludwigshafener "Tatort" schon gab: Vom grottigen gebührenfinanzierten Impro-Theater bis hin zu peinlichen Familienbesuchen war so ziemlich alles dabei. Gerne darf Kommissarin Odenthal auch die "Tatort"-Saison eröffnen, so wie letztes Jahr mit dem erstaunlich guten Kammerspiel "Das Verhör". 2023 möchte der SWR noch eins draufsetzen und macht eines der größten Fässer auf, das sich in Deutschland erzählen lässt: das Nibelungenlied.

"Gold" heißt der sage und schreibe 78. Fall von Kommissarin Odenthal dann auch schlicht. Die Story ist im Grunde genommen schnell erzählt: In einem beschaulichen Weindorf häufen sich die Funde von seltenen altertümlichen Münzen, bald ist die halbe Pfalz im Goldfieber. Und weil eine so massive Anhäufung von Geld die Menschen verdirbt, haben Odenthal und ihre Kollegin Stern (Lisa Bitter) alle Hände voll zu tun, den oder besser gesagt die Täter dingfest zu machen, die es nicht bei gierigen Blicken belassen.

Einfach nur billig

Obwohl sich der Film dezidiert an dem mittelalterlichen Heldenepos orientiert, steckt jede Menge Wagner in ihm: Von "Rheingold" bis "Götterdämmerung" sind die verschiedenen Teile nach den vier "Ring"-Opern benannt, Bläser schmettern den Zuschauern alle paar Momente epische Melodien um die Ohren - und sogar die Töchter von Kommissarin Stern müssen in der Schule Wagner aufführen. "Ich wollte diesen 'Tatort' voller Mystery-Elemente, Spannung und Ironie so inszenieren, dass die Zuseher:innen, die den Operzyklus nicht kennen oder lieben - ich denke, das ist die Mehrheit - einen spannenden und teilweise amüsanten Film sehen werden", sagt Regisseurin Esther Wenger. Und "Opernliebhaberi:nnen sollen ihn aus vollen Zügen genießen können."

Bald schon ist die halbe Pfalz im Goldfieber.

Bald schon ist die halbe Pfalz im Goldfieber.

(Foto: SWR / Christian Koch)

Was stattdessen passiert: Der Ludwigshafener "Tatort" setzt sich zwischen alle Stühle und verhebt sich - nicht zum ersten Mal - an seinen eigenen Ansprüchen. "Wir hatten ja auch kein 100-Mann-Orchester, wie Wagner es sich leisten konnte, zur Verfügung", sagt Komponist Robert Schulte Hemming etwa über die Musik. "Es mussten ein paar weniger sein. Zeit und Budget waren begrenzt." Und das wäre auch völlig in Ordnung, so lange man nicht versucht hätte, eine Brachial-Oper wie den Ring mit einem 90-minütigen Sonntagskrimi zu verknüpfen. Denn das klingt dann einfach nur billig.

Billig auch die merkwürdigen Goldglitzer-Spezialeffekte und einige wirklich grottige Nebendarsteller. Oder Heino Ferch, der als Museumsdirektor immer wieder die vierte Wand zum Zuschauer durchbricht und als historisierender Stichwortgeber fungiert. Klar, das alles soll augenzwinkernd veranschaulichen, dass man es in der Pfalz nicht ganz so ernst mit der altehrwürdigen Sage nimmt. Aber am Ende muss man dann trotzdem daran denken, was der Museumsdirektor Ferch über die Jagd nach dem Schatz sagt: "Sogar Goebbels hat mal mit einem Schwimmbagger den Rhein absuchen lassen, aber ohne Erfolg. Bis auf ein paar Gramm Goldstaub, die es so in jedem Fluss gibt, war da nichts."

Quelle: ntv.de

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