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Von hinten betrachtet In diesem "Tatort" bleibt alles anders

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Für ordentlich Action ist in "Unter Feuer" gesorgt.

Für ordentlich Action ist in "Unter Feuer" gesorgt.

(Foto: MDR/MadeFor/Steffen Junghans)

Frauen sind schwach, die Polizei ist korrupt und der Mörder steht schon nach ein paar Minuten fest. Vieles in "Unter Feuer" hinterlässt einen schalen Bei- und Nachgeschmack - wenn man nicht lange genug zuschaut.

Rückwärtsgang rein und nichts wie weg: So reagieren zwei junge Polizistinnen auf den Mord an ihren Kollegen bei einer Verkehrskontrolle, nachdem sie davor noch groß über die Möglichkeiten einer Beförderung zum Mobilen Einsatzkommando (MEK) diskutiert haben. Nicht gerade das Zeug, aus dem Heldinnen geschnitzt sind, denkt man beim Zuschauen. Vielleicht auch: typisch Frauen. Oder aber: In welchem Jahrhundert leben die Macher des Dresdner "Tatorts", derart abgegriffene Klischees aus den Mottenkisten der Filmgeschichte zu holen?

Hat kein einfaches Verhältnis zu ihrem Vater: Kommissarin Winkler (Cornelia Gröschel).

Hat kein einfaches Verhältnis zu ihrem Vater: Kommissarin Winkler (Cornelia Gröschel).

(Foto: MDR/MadeFor/Steffen Junghans)

In jedem Fall hinterlassen nicht nur die Anfangsszene von "Unter Feuer" einen schalen Bei- und Nachgeschmack, sondern auch viele der kleinen und großen Details der kommenden mehr als 60 Minuten. Dass das Ganze am Ende so grandios und überraschend aufgelöst wird, wie es im "Tatort" eher selten der Fall ist, ist gleichzeitig Hauptgewinn und Krux: In den ersten zwei Dritteln ist der Film nämlich vor allem ein ganz passabler Krimi, der gekonnt zwischen herbstlicher Melancholie und packender Action wechselt, aber an manchen Stellen etwas zu schwer geraten ist und etwas vorhersehbar und altbacken in seinen Botschaften wirkt. Erst im Rückblick entfaltet das Drehbuch seine volle Wucht, plötzlich ergibt noch das kleinste Detail Sinn.

Zwei Grimme-Preisträger an Bord

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Das komplizierte Vaterverhältnis von Kommissarin Winkler (Cornelia Gröschel) und die erst in ihrem elften Fall beleuchtete Geschichte um den Tod ihres Bruders; der schon in den ersten Minuten klare Täter, der am Ende des Tages dann doch kein Mörder im klassischen Sinne ist; der bärbeißige und höchst verdächtige Revierleiter Liebold (Andreas Lust) und viele der anderen Figuren; sogar die marode Polizeiwache in einer entweihten und umfunktionierten Kirche: Das alles könnte abgeschmackt und irgendwie aus der Zeit gefallen wirken, greift aber vom Schluss her betrachtet perfekt ineinander.

Zu verdanken haben wir das Drehbuch Christoph Busche, der schon 2022 mit "Das kalte Haus" einen verstörenden und dabei äußerst gelungenen Fall für das Dresdner Team schrieb - und für "NSU - Mitten in Deutschland" mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet wurde. Schwere Stoffe sind also definitiv Busches Spezialgebiet, weswegen die Wahl des MDR, Jano Ben Chaabane als Regisseur zu verpflichten, eine goldene gewesen sein dürfte: Chaabane ist ebenfalls Grimme-Preisträger und hat mit der Netflix-Serie "Kleo" bewiesen, dass er schwere Themen mit einer gewissen Leichtigkeit transportieren kann, ohne an Relevanz zu verlieren. Das schafft er - unter anderen Vorzeichen, klar - auch in "Unter Feuer". Man muss nur lange genug dranbleiben.

Quelle: ntv.de

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