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Der Wolf muss weg? Rudelbildung im Schwarzwald-"Tatort"

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Berg (Hans-Jochen Wagner, 2.v.l.) und Tobler (Eva Löbau, 3.v.l.) ermitteln im Schwarzwald.

Berg (Hans-Jochen Wagner, 2.v.l.) und Tobler (Eva Löbau, 3.v.l.) ermitteln im Schwarzwald.

(Foto: SWR/Benoît Linder)

Im neuen Schwarzwald-"Tatort" quälen sich die Kommissare Berg und Tobler durch ein Tal, immer misstrauisch beäugt von einem einsamen Wolf. Der hat zwar mit dem Fall nichts zu tun, dafür aber mit der aktuellen Entwicklung in der Region.

"GW2103m", das klingt wie die Seriennummer eines Killerroboters aus einem "Terminator"-Film. Ist aber der Name eines von drei Wolfsrüden, die seit wenigen Jahren den Schwarzwald unsicher machen. Beziehungsweise die Weiden und Wiesen mit dem darauf grasenden Vieh: Hirten, Schäfer und Landwirte fürchten um ihre Lebensgrundlage und fordern kontrollierte Abschüsse. Die Stimmung in der Region ist derart aufgewühlt, dass es ein Wolf sogar in den aktuellen Schwarzwald-"Tatort" geschafft hat.

Während der Einzelgänger in "Unten im Tal" seine nächtlichen Raubzüge schließlich mit dem Leben bezahlt, dürfen die echten Schwarzwald-Wölfe dagegen eher auf Nachwuchs hoffen: Seit Ende Januar gibt es nun auch noch eine Wölfin im Schwarzwald, "GW2407f" wurde anhand der Rissspuren an sieben getöteten Ziegen im südlich gelegenen Münstertal genetisch mustergültig überführt. Damit ist zum ersten Mal seit 100 Jahren wieder eine Rudelbildung möglich - und die Debatte um Freude oder Frust über die Rückkehr des Wolfes ist noch einmal schärfer geworden.

"Ich rechne mit schwierigen und sehr pikanten Debatten", sagte der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann auf die Frage, ob man Abschussgenehmigungen erteilen sollte. Der Grünen-Politiker räumte ein, dass "solche Tiere in einer dichtbesiedelten Kulturlandschaft Probleme machen" könnten, aber: "Tiere pflegen sich nun mal fortzupflanzen", am Ende müsste ein Kompromiss zwischen Naturschutz und Nutzungsfragen gefunden werden.

Für den Wolf gibt es immer einen Weg

Dass das allerdings leichter gesagt als getan ist, zeigt ein Blick in die Zeitungen: Schwarz-weiß ist das Bild schon lange nicht mehr, für fast jede Position gibt es vernünftige Argumente. Die einen fordern effektiven Herdenschutz durch Elektrozäune und Herdenschutzhunde, die anderen kontrollierte Abschüsse und eine Novellierung des strengen Artenschutzes - immerhin gebe es ja mittlerweile wieder 17.000 Wölfe in ganz Europa, mit teils 30-prozentiger Wachstumsrate pro Jahr.

17.000 Wölfe soll es mittlerweile wieder in Europa geben.

17.000 Wölfe soll es mittlerweile wieder in Europa geben.

(Foto: Ingo Wagner/dpa/Archivbild)

In Baden-Württemberg versucht es das Land bislang mit dem Herdenschutz: Im Schwarz- und Odenwald sind insgesamt 8800 Quadratkilometer als "Fördergebiete Wolfsprävention" ausgewiesen. Für die Hirten heißt das vor allem: Zäune bauen. Die Materialkosten dafür werden zwar von der baden-württembergischen Landesregierung übernommen. Allerdings klagen viele Herdenbesitzer, die häufig nur im Nebenerwerb als Landwirte arbeiten, über den zeitlichen und logistischen Aufwand, der das Unterfangen schwer bis unmöglich machen würde.

Außerdem lernen offenbar viele Wölfe im Laufe der Zeit, über Schutzzäune zu springen oder Schlupflöcher zu finden: Bäche, Felsen, Gräben, irgendwo gibt es fast immer einen Weg für den Wolf. Mehrere baden-württembergische Landkreise wollen das Tier deshalb wieder bejagen: Die Offenhaltung der Landschaft durch Kühe und Schafe (Gras) und Ziegen (Gestrüpp) sei langfristig gefährdet, weil durch die Risse der Wölfe immer mehr Hirten und Halter ihre Herden aufgäben. Nicht nur im Schwarzwald ist das eine verzwickte Situation, für die es (noch) keinen Königsweg gibt. Eines ist allerdings sicher: Der aktuelle "Tatort" taugt nicht als Vorbild bei der Suche nach der Lösung.

(Dieser Artikel wurde am Sonntag, 12. Februar 2023 erstmals veröffentlicht.)

Quelle: ntv.de

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