Panorama

Bei Hautveränderung zum Arzt Affenpocken in weiteren Ländern nachgewiesen

00:00
Diese Audioversion wurde künstlich generiert. Mehr Infos
Affenpocken treten hauptsächlich bei Männern auf.

Affenpocken treten hauptsächlich bei Männern auf.

(Foto: picture alliance / dpa Themendienst)

In weiteren Ländern Europas und Nordamerikas werden Fälle von Affenpocken gemeldet. Experten warnen vor Panik, raten jedoch Männern, die Sex mit anderen Männern haben und Hautveränderungen feststellen, unverzüglich einen Arzt aufzusuchen. In Deutschland ist noch kein Fall bekannt.

Während Fälle der eigentlich seltenen Affenpocken in immer mehr Ländern nachgewiesen werden, mahnen Experten zur Wachsamkeit. Mittlerweile wurden Infektionen etwa auch in Spanien, Portugal, den USA, Schweden und Italien gemeldet. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) rief zu einer Nachverfolgung aller Kontakte der Betroffenen auf. Die Virus-Erkrankung verursacht nach Angaben der britischen Gesundheitsbehörde UK Health Security Agency (UKHSA) meist nur milde Symptome, kann aber auch schwere Verläufe nach sich ziehen. Ansteckend seien nur symptomatisch Erkrankte bei engem Kontakt.

In Schweden ist der erste Fall einer Infektion mit der Virus-Erkrankung Affenpocken bestätigt worden. Wie die schwedische Gesundheitsbehörde mitteilte, ist eine Person im Großraum Stockholm infiziert. In Italien ist ebenso eine erste Infektion mit Affenpocken festgestellt worden. Der Assessor für Gesundheit der Region Latium, Alessio D'Amato, bestätigte das. Nach Angaben der Klinik befindet sich die Person, die von einem Aufenthalt auf den Kanarischen Inseln zurückkam, in Isolation. In Großbritannien sind zwei weitere Fälle von Affenpocken erfasst worden. Damit sind dort seit Anfang Mai neun bestätigte Fälle aufgetreten.

Acht Infektionen in Spanien

Auch in den USA sei eine Person aus dem Bundesstaat Massachusetts im Nordosten des Landes betroffen, teilte die US-Gesundheitsbehörde CDC am Mittwoch mit. In Spanien wurden acht Infektionen in der Hauptstadt Madrid gemeldet, wie die Nachrichtenagentur Europa Press unter Berufung auf die Gesundheitsbehörden am Mittwoch berichtete. Zudem gäbe es weitere Verdachtsfälle. In Portugal stieg die Zahl der Infektionen um neun auf insgesamt 14 Fälle. Die neun Patienten in Portugal seien gesundheitlich stabil und würden engmaschig überwacht, hieß es von der portugiesischen Gesundheitsbehörde DSG.

Die meisten Fälle wurden in und um die Hauptstadt Lissabon gemeldet. In Kanada untersuchen Gesundheitsbehörden laut örtlichen Medien rund ein Dutzend Verdachtsfälle. Der kanadische Rundfunksender CBC berichtete am Mittwochabend (Ortszeit) über einen Fall in der Provinz Quebec, laut Behörden soll es mindestens 13 Verdachtsfälle geben. Eine offizielle Bestätigung gab es zunächst nicht.

Bei der Mehrheit der bisher bekanntgewordenen Fälle sind Männer betroffen, die Sexualkontakte zu anderen Männern hatten. Für Deutschland war zunächst kein Fall erfasst. "Dem RKI wurde bislang nie ein Fall von Affenpocken in Deutschland bekannt", hieß es am auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur vom Robert-Koch-Institut.

Patienten müssen isoliert werden

Kliniken und Bevölkerung müssten dafür sensibilisiert werden, einen ungewöhnlichen Hautausschlag von Fachpersonal begutachten zu lassen, teilte die WHO am Mittwochabend mit. Erhärte sich der Verdacht auf Affenpocken, sollten Patienten isoliert werden. Gesundheitspersonal solle sich mit den üblichen Vorkehrungen bei Infektionen, die sich über Kontakt oder Tröpfchen ausbreiten können, schützen.

Affenpocken-Infektionen beim Menschen waren bislang vor allem aus einigen Regionen Afrikas bekannt. Bereits angesichts der ersten bekanntgewordenen Fälle in Großbritannien, wo das Virus Anfang Mai nachgewiesen wurde, hatte das RKI Ärzte in Deutschland für die Virusinfektion sensibilisiert. In einem vom RKI veröffentlichten Beitrag heißt es, Affenpocken sollten auch dann bei unklaren pockenähnlichen Hautveränderungen als mögliche Ursache in Betracht gezogen werden, wenn die Betroffenen nicht in bestimmte Gebiete gereist seien. Männer, die Sex mit Männern haben, sollten bei ungewöhnlichen Hautveränderungen "unverzüglich eine medizinische Versorgung aufsuchen".

"Die jetzt außerhalb Afrikas auftretenden Fälle sind schon ungewöhnlich und müssen genau untersucht und eine etwaige weitere Verbreitung genau beobachtet werden", hieß es vom Friedrich-Loeffler-Institut (FLI). "In der Vergangenheit waren die Affenpocken-Ausbrüche begrenzt in der Ausbreitung", sagte der Virologe Stephan Becker von der Uni Marburg. Infektionsketten zwischen Menschen seien ungewöhnlich und müssten eng überwacht werden. Jimmy Whitworth, Professor für internationale öffentliche Gesundheit an der London School of Hygiene and Tropical Medicine riet dazu, nicht in Panik zu verfallen: "Das wird keine landesweite Epidemie auslösen, wie es bei Covid der Fall war, aber es handelt sich um den ernsten Ausbruch einer ernsten Krankheit - und wir sollten ihn ernst nehmen."

Ein Erregerstamm deutlich tödlicher als der andere

Die Krankheit verläuft in der Regel mild, obwohl es zwei Hauptstämme gibt: den Kongo-Stamm, der schwerwiegender ist - mit einer Sterblichkeitsrate von bis zu 10 Prozent - und den westafrikanischen Stamm, der in etwa ein Prozent der Fälle tödlich verläuft. Die Fälle in Großbritannien werden dem westafrikanischen Stamm zugeordnet.

Nach UKHSA-Angaben zählen zu den ersten Krankheitsanzeichen: Fieber, Kopf-, Muskel- und Rückenschmerzen, geschwollene Lymphknoten, Schüttelfrost und Erschöpfung. Es könne sich ein Ausschlag entwickeln, der sich oft ausgehend vom Gesicht auf andere Körperteile ausbreite. Der Ausschlag sehe je nach Phase unterschiedlich aus und könne Windpocken und Syphilis ähneln.

Es gibt keine spezifische Therapie und keine Impfung gegen Affenpocken. Historischen Daten zufolge schützt aber eine Pockenimpfung gut vor Affenpocken - und das wohl lebenslang. Wie das RKI erläutert, haben weite Teile der Weltbevölkerung allerdings keinen Impfschutz. In Nigeria würden nun seit 2017 vermehrt Affenpocken-Infektionen beim Menschen diagnostiziert - und Fälle in Verbindung mit Reisen dorthin vor allem im Vereinigten Königreich.

Sander: Immunität gegen Pocken lässt weltweit nach

Fachleute vermuten, dass der Erreger der Affenpocken in Nagetieren zirkuliert, Affen gelten als sogenannte Fehlwirte. "Infektionen können durch Kontakt mit Sekreten infizierter Tiere übertragen werden", heißt es im RKI-Bericht. Übertragungen von Mensch zu Mensch durch Kontakte mit Körperflüssigkeiten oder Krusten seien mit Infektionsketten von bis zu sechs Menschen beschrieben. "Auch die sexuelle Übertragung von Pockenviren ist möglich", hieß es.

"Der aktuelle Ausbruch deutet auf eine veränderte Mensch-zu-Mensch-Übertragbarkeit hin", schrieb der Leiter der Klinik für Infektiologie an der Berliner Charité, Leif Sander, auf Twitter. Die nachlassende Bevölkerungsimmunität seit Ende der Pockenimpfungen trage vermutlich dazu bei. Der Wissenschaftler beschreibt die Affenpocken als weniger krankmachend als die Pocken, es sei aber "dennoch eine ernste und in Einzelfällen tödliche Erkrankung". Grund zur Panik sieht Sander derzeit "sicher nicht": Der Ausbruch zeige aber, "wie sehr Infektionskrankheiten in einer globalisierten Welt eine ständige Gefahr darstellen, auf die wir uns besser vorbereiten müssen".

Unterdessen kündigte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach eine Übung zur Simulation einer Pockenpandemie an, die von den G7-Staaten und der WHO organisiert werde. Es gehe darum "zu erfahren, ob aus Fehlern der Vergangenheit effektive Lehren gezogen wurden", sagte Lauterbach. Bei der Übung werde davon ausgegangen, dass sich aus einem Leopardenbiss eine Pockenpandemie entwickeln könnte.

Quelle: ntv.de, als/dpa/AFP/rts

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen