Panorama

RTL- und Stern-Recherche Ägyptens Tauchboote sind für Touristen lebensgefährlich

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Ein Urlaub in Ägypten, am Roten Meer. Da darf bei vielen Touristen ein Ausflug mit dem Tauchboot nicht fehlen. Dabei hat es auf diesen Schiffen in den vergangenen drei Jahren so viele Unfälle gegeben, wie sonst nirgends auf der Welt. Und das ist kein Zufall, zeigen Recherchen von RTL und Stern.

Im März 2025 sinkt das Touristen-U-Boot "Sindbad Submarine" vor Hurghada. Sechs Urlauber sterben auf diesem Tauchausflug auf dem Roten Meer. Neun Menschen werden verletzt. 39 Touristen können gerettet werden. Erst im November 2024 hatte es einen ähnlichen Unfall gegeben. Damals sank das Tauchsafariboot "Sea Story" vor der ägyptischen Küste mit 46 Menschen an Bord, elf Touristen und Crewmitglieder starben.

Angeblich wurde die "Sea Story" von einer großen Welle getroffen. Doch nun zeigen gemeinsame Recherchen von Stern und RTL, dass das Schiff baubedingte Stabilitätsmängel hatte. Kapitän, Betreiber und Behörden versagten jedoch bei ihren Sicherheitseinschätzungen. Das zeigen Ermittlungsakten ägyptischer Staatsanwälte, die dem Investigativteam vorliegen. Die gesamte Recherche sehen Sie heute Abend um 22.35 Uhr in Stern Investigativ bei RTL und im Streaming auf RTL+ oder lesen Sie im Stern.

Demnach hätte das Schiff laut der Generalstaatsanwaltschaft in Hurghada gleich aus mehreren Gründen so gar nicht auslaufen dürfen. Der Kapitän besaß diesen Unterlagen zufolge nicht die nötige Betriebserlaubnis, ein Schiff wie die "Sea Story" zu steuern. Auch die Betreiberfirma Dive Pro mit Sitz in Hurghada hatte laut den Ermittlern für das Schiff keine Genehmigung, auf hoher See zu operieren. Dies hätte auch das Militär im Hafen wissen können, als es die Abfahrt genehmigte, zeigen die Recherchen.

Lange Mängellisten

Professor Stefan Krüger vom Institut für Schiffssicherheit der TU Hamburg sprach angesichts der recherchierten Umstände von einem "Wunder, dass es bei dem Unfall nicht noch weit mehr Tote gab". Es war bereits die zweite tödliche Havarie der Betreiberfirma Dive Pro binnen weniger Monate. Mehrere staatliche Behörden, Gouverneur Amr Mohamed Hanafi und die Betreiberfirma Dive Pro ließen Nachfragen dennoch unbeantwortet. Die Staatsanwaltschaft Hamburg ermittelt inzwischen wegen fahrlässiger Tötung. Ägypten aber gebe kaum Informationen preis, wie Ermittler des Bundeskriminalamts in einem internen Vermerk beklagen.

Vor allem aber ist das kein Einzelfall. Alle 17 Schiffe verschiedener Betreiber, die die Rechercheteams in drei Häfen unter die Lupe nahmen, wiesen demnach Sicherheitsmängel auf - meist schwere oder schwerste. So gab es fast durchgehend seeuntaugliche Rettungswesten und mangelhafte Rettungsinseln. Viele Unterdecks verfügten über keine oder untaugliche Schotten. Auf manchen Schiffen fehlte Navigations- und Kommunikationsequipment. Zudem waren Notausgänge schwer zugänglich, falls überhaupt. In einem Fall rauchte ein Mitglied der Crew bei laufendem Dieselmotor im Maschinenraum, wo sich leicht entzündliche Gase und Flüssigkeiten bilden.

"Das Ergebnis entspricht leider unserer Erfahrung, dass sehr viele Tauchyachten in Ägypten lebensgefährlich sind", sagte Schiffsingenieur Mick Uberti. Er ist Zertifizierer der Beratungsfirma Maritime Survey International, einer Art TÜV für Schiffe, und begutachtete die Ergebnisse der Recherche von Stern und RTL. In den vergangenen beiden Jahren hatte seine Firma Tauchsafarischiffe in Ägypten getestet und war zu einem ähnlichen Ergebnis gekommen. Alle der damals acht untersuchten Schiffe seien "in schlechtem Zustand" gewesen, sagte Uberti.

Nirgendwo sonst sind in den vergangenen drei Jahren so viele Tauchsafariyachten auf Grund gelaufen, gekentert oder ausgebrannt, wie auf dem Roten Meer. Selbst das Auswärtige Amt erwähnt diese Häufung inzwischen in seinen Reise- und Sicherheitshinweisen. Die Gegend ist insbesondere bei Tauchern beliebt und von zentraler Bedeutung für Ägyptens Tourismusindustrie. Einem UN-Bericht zufolge nahm das Land 2024 über den Fremdenverkehr 14,1 Milliarden Dollar ein - mehr als doppelt so viel wie die Einkünfte aus dem Suezkanal.

Quelle: ntv.de, sba

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