Damentag im Schießstand Amerikanerinnen greifen gern zur Waffe
31.05.2013, 10:37 Uhr
Immer mehr Amerikanerinnen erlernen den Gebrauch von Pistolen und Gewehren.
(Foto: REUTERS)
Vor einem halben Jahr erschütterte der Amoklauf an einer Grundschule in Newton noch die USA. Die Versuche von Präsident Obama, das Waffenrecht zu verschärfen, scheiterten jedoch. Es begeistern sich sogar immer mehr US-Amerikaner für Waffen - ein Trend, der nun auch auf die weibliche Bevölkerung übergreift. Der Markt reagiert und lockt mit femininen Kalibern.
Donnerstagabend in Fredericksburg, 80 Kilometer südwestlich von Washington: In pinke T-Shirts gekleidete Frauen greifen zur Waffe. Es ist Damentag im Schießstand. Teresa Ovalle, eine ehemalige Soldatin der US-Armee, will den "Pistolen-Ladies" in ihrem kostenlosen Kurs beibringen, "wie man Schusswaffen sicher handhabt". Und die Damen haben sichtlich Freude an der Übung: "Das hat Spaß gemacht", ruft die 62-jährige Sharon Schaefer entzückt und wedelt stolz mit der Zielscheibe, die sie soeben mit Kugeln durchsiebt hat.
Die "Pistolen-Ladies" sind nur eines von vielen Beispielen, die einen neuen Trend in den Vereinigten Staaten zeigen: Frauen, die ihre Begeisterung für Pistole und Gewehre ausleben. In Virgina lernen die "Schießenden Diven" den Umgang mit der Waffe, in North Carolina die "Schießpulver Gören", und einer von tausenden weiteren Frauenschießvereinen nennt sich "Ein Mädchen - eine Knarre".
Markt reagiert mit pinken Pistolen
Angaben des Meinungsforschungsinstitut Gallup zufolge wächst der Anteil der Waffenbegeisterten in der weiblichen US-Bevölkerung stetig. Während im Jahr 2005 noch 13 Prozent ein Gewehr oder eine Pistole besaßen, so waren es 2011 bereits 23 Prozent. Zwar gibt es unter den Männern immer noch doppelt so viele Waffenbesitzer, doch der Markt ist bereits auf die weibliche Kundschaft aufmerksam geworden. Das Angebot für Frauen wird stetig erweitert, von Zeitschriften über pinke Pistolen bis zu BH-Halftern ist mittlerweile alles erhältlich.
Mary Zaiss Stange, die am Skidmore College lehrt und Bücher über Frauen und Waffen geschrieben hat, bemerkt, dass das weibliche Interesse an Waffen "seit zehn Jahren beständig wächst". Klischees, wonach Frauen zu sensibel für den Griff zur Waffe seien und sich lieber von Männern beschützen ließen, seien veraltet. "Mit einer Waffe umzugehen ist eine Art der Selbstbehauptung für Frauen", sagt Zaiss Stange. "Frauen liegt die Sicherheit ihrer Familie sehr am Herzen", versucht Bill Brassard, Sprecher des US-Sportschützenverbandes, das Phänomen zu erklären.
"Liegt einfach in den Genen"
Auch die Tatsache, dass immer wieder Amokläufe das Land erschüttern, scheint die Begeisterung für Waffen nicht einzutrüben. US-Präsident Barack Obama versuchte nach dem letzten verheerenden Amoklauf Mitte Dezember an einer Grundschule in Newton vergeblich, das Waffenrecht zu verschärfen. Mit seinem Vorstoß scheiterte im April im Senat. Das Schießen "liegt den Amerikanern einfach in den Genen", ist Trainerin Ovalle überzeugt. Und in den USA habe nun mal jeder "das Recht, eine Waffe zu kaufen und sich selbst zu schützen".
Waffenneuling Schaefer will sich von niemandem – auch nicht vom Präsidenten – ihr Recht auf eine Waffe streitig machen lassen. "Schießen hat mir schon immer Spaß gemacht", sagt ihre Kameradin Elizabeth Timms bei den "Pistolen-Ladies". Nach ihrer Scheidung lebt die Beamtin allein, ihre Waffe trägt sie immer bei sich, sie verleiht ihr ein Gefühl der Sicherheit. "Wenn ich in unmittelbarer Gefahr wäre, hätte ich keine Probleme, die Waffe zu zücken", sagt sie.
Dedra Brown wiederum hat sich nie für Waffen interessiert, im Gegenteil: "Ich habe alles gehasst, was nach Gewehr aussah", sagt die Immobilienmaklerin. Bis sie eines Tages auf offener Straße bedroht wurde. "Ich fühlte mich so hilflos", sagt sie. Seither verlässt sie das Haus nur noch bewaffnet. "Jetzt habe ich keine Angst mehr."
Quelle: ntv.de, AFP