Panorama

Brennstoffkrümel am Reaktorboden Ärzte besorgt um Arbeiter

Im AKW ist es wahrscheinlich kurz nach dem Tsunami zu einer Kernschmelze gekommen.

Im AKW ist es wahrscheinlich kurz nach dem Tsunami zu einer Kernschmelze gekommen.

(Foto: REUTERS)

Was geht eigentlich in der Atomruine im japanischen Fukushima vor? Japanische Atomexperten meinen, am Boden der Druckkessel lägen nur kleine Mengen geschmolzenen Brennstoffs. Ärzte drängen den AKW-Betreiber Tepco, den Arbeitern Stammzellen für spätere Krebsbehandlungen zu entnehmen. Tepco zahlt zunächst jeder evakuierten Familie umgerechnet etwa 8000 Euro.

In den Atomruinen von Fukushima haben sich nach Einschätzung von Experten nur kleine Mengen geschmolzener Brennstoff am Boden der Druckkessel angesammelt. Das berichtete die japanische Nachrichtenagentur Kyodo unter Berufung auf die Atomic Energy Society of Japan, einer Gruppe von Wissenschaftlern zur Förderung der friedlichen Nutzung von Nuklearenergie.

Tepco-Chef Masataka Shimizu kann vorläufig nur etwas Geld geben.

Tepco-Chef Masataka Shimizu kann vorläufig nur etwas Geld geben.

(Foto: REUTERS)

Demnach hat der geschmolzene Brennstoff in den havarierten Reaktoren 1 bis 3 die Form von Körnern angenommen und liegt bei relativ niedrigen Temperaturen am Boden. Die Experten gehen demnach nicht davon aus, dass sich am Boden der Reaktorkessel bereits große Mengen an Brennstoff an gesammelt hat.

Eine große Menge berge die Gefahr, dass sie die Reaktorgehäuse beschädigen und zu großen radioaktiven Lecks führen könnte, hieß es. Die Körner an geschmolzenem Brennstoff haben nach Erkenntnissen der Experten einen Durchmesser von mehreren Millimetern bis zu einem Zentimeter und scheinen flach am Boden der Kessel zu liegen. Dies schließe die Möglichkeit so gut wie aus, dass zu einer Kernreaktion kommt. Selbst wenn die derzeit laufenden Bemühungen zur Stabilisierung der Lage ohne Probleme aufrechterhalten werden, dürfte es nach Einschätzung der Experten mindestens zwei bis drei Monate dauern, bis sich der Kernbrennstoff stabilisiere, wobei es wenn überhaupt nur zu geringer Freisetzung an Radioaktivität käme.

Vorsorge für künftige Krebserkrankungen

Viele der Überlebenden haben alles verloren.

Viele der Überlebenden haben alles verloren.

(Foto: dpa)

Japanische Ärzte haben unterdessen dazu aufgerufen, an die Gesundheit der Arbeiter im Atomkraftwerk Fukushima zu denken und ihnen Stammzellen für eine mögliche Krebsbehandlung zu entnehmen. Es werde Jahre dauern, die bei dem verheerenden Erdbeben vor einem Monat beschädigten Atomreaktoren stillzulegen, erklärten fünf Ärzte von verschiedenen japanischen Kliniken in einem Beitrag im britischen Medizinerblatt "The Lancet". "Die Gefahr, dass sie versehentlich radioaktiver Strahlung ausgesetzt sind, wird sich für die Atomarbeiter folglich erhöhen." Deshalb sollten sogenannte periphere Stammzellen (PBSC) aus ihrem Blut entnommen und aufbewahrt werden, mahnten die Krebsspezialisten.

Sollten die Arbeiter an Krebs erkranken und eine Strahlentherapie benötigen, könnten ihnen nach der Behandlung ihre eigenen Stammzellen eingesetzt werden, damit wieder neue Zellen entstehen, erklärten die Mediziner um Tetsuya Tanimoto von der Japanischen Stiftung für Krebsforschung in Tokio. Bislang lasse die japanische Atombranche diese Möglichkeit ungenutzt, weil sie fürchte, dass es ihrem Ansehen schaden könne, kritisierten die Ärzte. "Der wichtigste Auftrag besteht darin, das Leben der Atomarbeiter zu retten und die örtlichen Gemeinschaften zu schützen."

Tepco zahlt

Der ist inzwischen zu ersten vorläufigen Entschädigungszahlungen bereit. Das Unternehmen werde für Haushalte innerhalb eines Umkreises von 30 Kilometern um das zerstörte Atomkraftwerk Fukushima Eins jeweils eine Million Yen (rund 8000 Euro) zahlen, gab Konzernchef Masataka Shimizu bekannt.

Mit der Auszahlung der Gelder werde voraussichtlich noch in diesem Monat begonnen, teilte Industrieminister Banri Kaieda mit. Ein-Personenhaushalte bekämen 750.000 Yen, kündigte Shimizu an und versprach, die Zahlungen schnell tätigen zu wollen. Innerhalb der 30-Kilometer-Sicherheitszone gibt es etwa 48.000 Haushalte. Die Menschen waren wegen des AKW-Unfalls aufgefordert worden, sich in Sicherheit zu bringen oder in den Häusern zu bleiben.

Die Aufräumarbeiten in den zerstörten Städten kommen nur mühsam voran.

Die Aufräumarbeiten in den zerstörten Städten kommen nur mühsam voran.

(Foto: dpa)

Die Regierung habe die vorläufigen Entschädigungszahlungen abgesegnet, hieß es. Mit den Geldern sollen erstmal kurzfristige Lebenshaltungskosten gedeckt werden.  . Als Folge des Atomunfalls müssen viele Landwirte und Fischer in der Region um ihre Existenz fürchten. Viele ihrer landwirtschaftlichen Produkte dürfen auf Weisung der Regierung nicht in den Handel. Die dadurch entstehenden finanziellen Schäden sind mit den vorläufigen Entschädigungen noch nicht abgedeckt.

Reparaturen noch nicht mal begonnen

Ungeachtet weiterer Nachbeben versuchen Arbeiter in den Meilern verzweifelt, die havarierten Reaktoren unter Kontrolle zu bringen. Unermüdlich pumpen sie Wasser zur Kühlung in die Reaktoren. Bis allerdings alle Reaktorblöcke trockengelegt seien, könnten noch "mehrere Wochen" vergehen.

Erst dann können die Arbeiter mit der Reparatur der beschädigten Kühlsysteme und der Versiegelung der Blöcke beginnen. Um Wasserstoff-Explosionen in Reaktor 1 zu verhindern, füllten sie zudem Stickstoff ein. Ferner begannen sie, radioaktive Trümmer vom Gelände des AKW zu entfernen, um den Zugang zu den Reaktoren zu erleichtern.

Zehn Leichen gefunden

Am Donnerstag hatten japanische Einsatzkräfte erstmals die nach Tsunami-Opfern durchsucht. Bis zum Abend fanden sie nach Angaben der Polizei zehn Leichen, heute soll die Suche weitergehen. In Schutzanzügen, Stiefeln und Schutzmasken arbeiteten sich mehr als 300 Polizisten durch das verstrahlte Niemandsland in unmittelbarer Nachbarschaft des Atomkraftwerks.

Die Suche nach den Opfern sei mühsam, sagte ein Polizeisprecher. Einige Tote hätten noch in ihren Autos gesessen, die meisten aber seien unter Trümmern begraben. Alle Leichen wurden demnach auf ihre radioaktive Strahlung untersucht. Ist diese zu hoch, müssten sie vor ihrer Aufbahrung sorgfältig gewaschen werden. Laut der Zeitung "Asahi Shimbun" rechnen die Behörden mit rund 1000 Toten in der Zone. Insgesamt sind bislang knapp 13.500 Tote gefunden worden, mehr als 14.700 werden noch vermisst.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen