Panorama

Energiewende der Palästinenser Blockade löst Solarboom in Gaza aus

Solarzellen auf einem Dach in Gaza-Stadt. Immer mehr Palästinenser setzen auf Sonnenenergie.

Solarzellen auf einem Dach in Gaza-Stadt. Immer mehr Palästinenser setzen auf Sonnenenergie.

(Foto: ASSOCIATED PRESS)

Schmutzig, gefährlich und teuer sind die Dieselgeneratoren, mit denen im Gaza-Streifen Strom erzeugt wird. Nun wird wegen einer Blockade von Israel und Ägypten der Treibstoff knapp. Doch eine Lösung ist in Sicht - die Energiewende palästinensischer Art.

Auf dem Dach der Kinderklinik von Gaza-Stadt glänzt eine lange Reihe von Solarmodulen in der Sonne - ein Zeichen für den Aufschwung der erneuerbaren Energien in dem palästinensischen Landstreifen an der Mittelmeerküste. Durch die Blockaden Israels und Ägyptens macht den 1,6 Millionen Einwohnern vor allem die Brennstoffknappheit zu schaffen. Viele sehen in der Solarenergie deshalb inzwischen die einzige zuverlässige Stromquelle.

"Nachdem die Ereignisse in Ägypten hier die schwere Energiekrise verursachten, waren wir gezwungen, ausschließlich auf Solarstrom zu setzen", erklärt Klinikdirektor Nabil al-Barkuni. Die Zerstörung von hunderten Schmugglertunneln hatte im Gaza-Streifen eine anhaltende Treibstoffknappheit ausgelöst. Die ägyptische Armee sprengte nach dem Sturz des islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi die unter der Grenze angelegten Bauwerke, weil die im Gaza-Streifen regierende Hamas-Bewegung mit Mursis Gefolgschaft eng verbündet war.

Da aus Israel nur in sehr begrenzten Mengen Brennstoffe nach Gaza gelangen, war der Dieselschmuggel durch die Tunnel jahrelang die Hauptversorgungsroute. Nach UN-Angaben sank diese Menge von wöchentlich rund einer Million Liter im Juni auf nur noch 20.000 Liter im November. Zwölf Stunden am Tag müssen die Gaza-Bewohner deshalb ohne Elektrizität auskommen. Darunter leiden Krankenhäuser, Schulen, Geschäfte und auch die Kläranlagen. Galoppierende Strompreise machen zugleich die hohen Anschaffungskosten für Solaranlagen rentabel.

Krankenhäuser setzen auf Solar

"Für die Entbindungsstation brauchen wir zum Beispiel den Sonnenstrom. Fallen auch nur eine Minute lang die Inkubatoren aus, könnte ein Neugeborenes sterben", sagt al-Barkuni. Die mit finanzieller Beihilfe der britischen Hilfsorganisation Sawaed auf der Kinderklinik installierten Solaranlagen haben rund 75.000 Euro gekostet und liefern täglich 20 Kilowatt Strom.

Im größten Krankenhaus des Gaza-Streifens, dem Al-Schifa Hospital, wird die Intensivstation für Herzpatienten mit Sonnenenergie gespeist, wie der Sprecher der Sanitätsdienste, Aschraf al-Kudra, sagt. Eine kuwaitische Stiftung hat nach Angaben des Bildungsministeriums der Hamas-Regierung zudem umgerechnet 4,5 Millionen Euro zum Neubau von fünf Schulen gespendet, die komplett mit Sonnenkollektoren ausgestattet werden.

Doch der Solarboom beschränkt sich nicht nur auf öffentliche Einrichtungen und auf Fördermittel. Obwohl es schwierig ist, die Startkosten dafür aufzubringen, nutzt eine wachsende Zahl von Familien diese Energiequelle, die zuverlässiger ist als die schmutzigen, lärmenden und gefährlichen Dieselgeneratoren.

Dieselpreis schwankt stark

Ein Bankdarlehen ermöglichte Schadi Dschawad, sein Haus im Zentrum des Gaza-Streifens mit Solarmodulen auszustatten. Fünftausend Schekel (rund eintausend Euro) habe ihn das gekostet. "Und damit kann ich ausreichend Elektrizität für Licht und den Fernseher für mehrere Stunden erzeugen", sagt er. "Außerdem musste ich ja nur einmal am Anfang bezahlen, während ich für die Generatoren jeden Tag Diesel besorgen musste, dessen Preis schwankte und oft an Wucher reichte."

Auch die Energiebehörde des Gaza-Streifens verkündet jetzt auf ihrem Internetportal, dass sie "die Nutzung von Solarenergie fördern will". Schon in sechs Jahren, gibt sie als Ziel aus, sollen 20 Prozent des Stromverbrauchs von der hier überaus zuverlässig scheinenden Sonne geliefert werden.

Das kann aber nur gelingen, wenn Israel die Einfuhrbeschränkungen für Materialien lockert, die für den Bau von Sonnenkollektoren benötigt werden. Gegenwärtig stehen dafür nur die Anlagen und Bauteile zur Verfügung, die vor der Zerstörung der Tunnel aus Ägypten in das Palästinensergebiet gebracht wurden.

Quelle: ntv.de, Mai Yaghi, AFP

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