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"Ist eine totale Improvisation" Chirurg berichtet von heikler Not-Amputation auf Acker

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Bei einem Arbeitsunfall gerieten die Beine des 25-jährigen Mannes in die gegenläufig drehenden Förderschnecken eines Mähdreschers.

Bei einem Arbeitsunfall gerieten die Beine des 25-jährigen Mannes in die gegenläufig drehenden Förderschnecken eines Mähdreschers.

(Foto: picture alliance / Eibner-Pressefoto)

Bei einem Unfall wird ein 25-Jähriger in einem Mähdrescher eingeklemmt und schwebt in Lebensgefahr. Mitten auf dem Acker müssen Chirurgen die Beine des Mannes amputieren. Dabei haben sie den Patienten kaum sehen können, berichtet der Arzt. Für etwas bessere Sicht sorgte eine Taschenlampe.

Die Not-Operation auf einem Feld im Landkreis Rostock, bei der einem 25-Jährigen am vergangenen Wochenende beide Beine amputiert wurden, ist für die Ärzte eine große Herausforderung gewesen. "So eine Anfrage, die kommt vielleicht alle 20 Jahre mal vor, da ist schon sehr selten", sagte der verantwortliche Chirurg Clemens Schafmeyer im Gespräch mit RTL. Der 48-Jährige führte den letztlich lebensrettenden Eingriff gemeinsam mit einer Gefäßchirurgin am Unfallort durch.

Ein 25-Jähriger war am Samstag bei einem schweren Arbeitsunfall mit einem Mähdrescher auf einem Feld in Hohen Luckow in Mecklenburg-Vorpommern scherst verletzt worden. Bei dem Versuch, die verstopfte Zuführung der Maschine zu lösen, waren seine Beine in die gegenläufig drehenden Förderschnecken geraten. Ein Passant hatte die Schreie des Mannes gehört und die Einsatzkräfte alarmiert.

Ein Notarzt und die Feuerwehr versuchten rund eineinhalb Stunden, den Mann aus der schweren Maschine zu befreien. Da es ihnen nicht gelang und sich der Zustand des Mannes verschlechterte, forderten sie Verstärkung aus der Uniklinik Rostock.

Die Einsatzkräfte fragten demnach, "ob wir erstens Blut an die Unfallstelle bringen können und zweites ein Amputationsteam", erzählte Schafmeyer, Direktor der Chirurgischen Klinik, weiter. "Mir war klar, dass, wenn jemand so schwer eingeklemmt ist, wir irgendwie gucken müssen, dass wir die Gefäße auch abklemmen müssen." Aus diesem Grund wird nicht nur Schafmeyer, sondern auch die Oberärztin der Gefäßchirurgie mit dem Helikopter vom Klinikum der Hansestadt zur Unfallstelle gebracht.

"Es gab nur eine Chance"

Vor Ort war den Ärzten die ernste Lage des Patienten sofort bewusst. Die Überlebenschance des Mannes sei sehr gering gewesen, da er über drei Stunden in der Maschine klemmte, berichtete Schafmeyer. Grundsätzlich müssten Schwerstverletzte innerhalb einer Stunde ins Krankenhaus. "Es gab nur eine Chance", sagte der 48-Jährige weiter. "Entweder er stirbt oder wir kriegen ihn da raus." Aus diesem Grund entschied sich das Team aus Chirurgen und dem Notarzt, den 25-Jährigen aus der Maschine zu schneiden - indem sie ihm beide Beine amputieren.

Der Mann, der bis zum Beginn der Operation noch ansprechbar war, wurde in Narkose gelegt. Das Vorgehen der Ärzte war nicht nur wegen des unsterilen Umfelds auf dem Feld heikel. Auch die Sicht und der Zugang zum Patienten waren schwierig: Schafmeyer und seine Kollegen konnten ihn lediglich durch eine kleine Öffnung sehen und operieren. "Das ist halt eine totale Improvisation und [...] wir haben nur eine kleine Taschenlampe gehabt", sagte Schafmeyer.

Dass der Mann den schweren Unfall überlebte, sei vor allem der Zusammenarbeit aller Helfenden vor Ort zu verdanken, sagte Schafmeyer weiter. Er habe "höchsten Respekt" vor dem, was der Notarzt, Feuerwehr und Polizei geleistet haben. Obwohl der Zustand des Verunglückten noch am Samstagabend kritisch war und er "eigentlich kein Blut mehr und wenig Kreislauf" hatte, sei er bereits heute wieder bei Bewusstsein. Er habe sich "bei uns allen bei der Visite bedankt", erzählte der Chirurg.

Quelle: ntv.de, spl

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