Panorama

Pakistan schwer getroffen Cholera-Gefahr für Flutopfer

Fast eine Million Menschen verloren ihr Dach über dem Kopf.

Fast eine Million Menschen verloren ihr Dach über dem Kopf.

(Foto: dpa)

Nach dem Hochwasser in Pakistan greift nun die Angst vor Seuchen um sich. Mehr Als drei Millionen Menschen sind von den Fluten betroffen. Unter den Notleidenden sind 1,4 Millionen Kinder, von denen bereits unzählige lebensgefährlich erkrankt sind.

Den Opfern der Flutkatastrophe im Nordwesten Pakistans könnte bei weiteren Regenfällen ein gefährlicher Cholera-Ausbruch drohen. "Noch haben wir keine bestätigten Fälle", sagte eine Sprecherin der Weltgesundheitsorganisation WHO in Genf. Das Ausmaß der Durchfall-Erkrankungen sei in den überschwemmten Bezirken aber "ernst genug".

Angesichts des Elends und der nur schleppend anlaufenden Hilfe wächst bei den Betroffenen der Zorn auf die Regierung und die Behörden. Vor allem Präsident Asif Ali Zardari geriet zunehmend in die Kritik, weil er statt im Land zu helfen auf eine Europareise ging.

3,2 Millionen Menschen betroffen

Das Hab und Gut Hunderttausender ging in den Fluten unter.

Das Hab und Gut Hunderttausender ging in den Fluten unter.

(Foto: AP)

Insgesamt seien schon mehr als drei Millionen Menschen von den Fluten betroffen, teilte das UN-Kinderhilfswerk UNICEF in Genf mit. Unter den Notleidenden seien 1,4 Millionen Kinder, von denen bereits unzählige an lebensgefährlichem Durchfall erkrankt seien.

Nach Angaben der Verwaltung der schwer betroffenen Provinz Khyber Pakhtunkhwa starben bereits etwa 1500 Menschen in den Fluten. Helfer befürchten, dass die Zahl auf bis zu 3000 steigen könnte. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen verloren fast eine Million Menschen ihr Dach über dem Kopf oder wurden zur Flucht gezwungen.

In einem der Bezirke sind laut WHO 80 Prozent aller Trinkwasserbrunnen zerstört. Bis zum Montagabend seien landesweit medizinische Hilfspakete verteilt worden, die für die Behandlung von 200.000 Patienten über einen Monat ausreichen. "Mehrere Tonnen Medikamente müssen ersetzt werden", hieß es mit Blick auf die vielerorts überfluteten Depots.

Bereits 100.000 registrierte Erkrankungen

Auch Dirk Kamm, Leiter des DRK-Büros in Islamabad, warnte, dass sich Seuchen wie Cholera schnell ausbreiten könnten. In den Fluten schwimmen Tierkadaver. "Die Zahl der registrierten Fälle von Durchfall und ähnlichen Erkrankungen liegt bei rund 100.000." Das Rote Kreuz und der Rote Halbmond haben an einigen Orten mobile Medizinstationen eingerichtet. Viele Helfer sind seit vergangenem Mittwoch, als die Flutkatastrophe begann, im Dauereinsatz.

Doch für die Helfer ist es schwierig, zu den Betroffenen durchzukommen. "Oft führen nur Geröllstraßen in manche Orte. Die sind wegen der Flut jetzt unpassierbar geworden", sagte Kamm. "Statt vier oder fünf brauchen unsere Transporte nun oft neun bis zwölf Stunden." Wenn sie überhaupt ihr Ziel erreichten. Die Überschwemmungen haben nach Angaben der Behörden etwa 100 Brücken und viele Straßen mitgerissen.

Zu wenig Hubschrauber

Ansturm vor einem Hilfszentrum in Peshawar.

Ansturm vor einem Hilfszentrum in Peshawar.

(Foto: AP)

In Regionen wie dem Swat-Tal im Nordwesten des Landes beschweren sich Pakistaner über unzureichende Unterstützung der Behörden. "Das kann ich verstehen, aber auch sie tun ihr Bestes", sagte Kamm. Ein großes Problem ist für die Helfer auch die geringe Zahl von Helikoptern, ohne die manche Orte gar nicht zu erreichen sind. "Einige westliche Nationen könnten bestimmt helfen, wenn sie temporär einige Ressourcen aus Afghanistan hierher verlegen."

"Rund 30.000 Häuser sind beschädigt oder zerstört, Zehntausende leben unter freiem Himmel", sagte Latifur Rehman, ein Sprecher der regionalen Katastrophenhilfe. Das Swat-Tal mit dem gleichnamigen Fluss trifft es besonders hart. Die Sprecherin des UN- Flüchtlingshilfswerks, Melissa Fleming, wies auf die dramatische Lage von Vertriebenen im Grenzgebiet zu Afghanistan hin: "Diese Menschen werden doppelt bestraft."

Berichte, wonach Taliban-Anhänger das Flut-Chaos zur Anstiftung von Unruhen ausnutzen, konnte sie nicht bestätigen. Im Nachbarland Afghanistan haben die Wassermassen ebenfalls mehr als 4000 Häuser zerstört und 80 Todesopfer gefordert. Acht Provinzen seien betroffen, teilte UNICEF mit.

Neue Regenfälle angekündigt

Während die Helfer gegen Seuchen und Hunger kämpfen, könnte es bald wieder regnen. Sowohl für den Nordwesten und die Grenzregion zu Afghanistan als auch für die zentrale Provinz Punjab sind neue Regenfälle vorhergesagt. Ein Helfer sagte, im Swat-Tal habe es schon wieder zu regnen begonnen. Eine Flutwelle habe drei Mitarbeiter einer Klinik fortgerissen.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP

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