Kein "Deal" im Fall Strauss-Kahn Ermittlungen laufen weiter
06.07.2011, 21:37 Uhr
Strauss-Kahn und seine Frau Anne Sinclair verlassen ihr derzeitiges Domizil in New York.
(Foto: AP)
Auch nach einem Treffen der New Yorker Staatsanwaltschaft mit den Anwälten von Strauss-Kahn gibt es keine Bewegung in dem Fall. Die Anklage bleibt bestehen, die Ermittlungen laufen weiter, heißt es. In Frankreich prüft derweil die Staatsanwaltschaft eine Anzeige wegen versuchter Vergewaltigung gegen den Ex-IWF-Chef.
Die New Yorker Staatsanwaltschaft hält an der Anklage gegen den früheren IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn wegen angeblicher sexueller Übergriffe gegen ein Zimmermädchen fest. "Die Ermittlungen gehen weiter", erklärte die Staatsanwaltschaft nach einem Treffen mit den Anwälten Strauss-Kahns. Dabei seien keine Entscheidungen getroffen worden. Zuvor hatten US-Medien spekuliert, dass die Anklage wegen Zweifeln an der Glaubwürdigkeit des mutmaßlichen Opfers möglicherweise bald ganz fallengelassen werden könnte.
Das zweistündige Gespräch sei konstruktiv verlaufen, sagte Strauss-Kahns Anwalt Benjamin Brafman, ohne auf Fragen einzugehen. Zuvor hatte Brafman berichtet, man verhandele mit der Staatsanwaltschaft über ein Ende des Ermittlungsverfahrens. Die nächste Anhörung vor Gericht ist für den 18. Juli geplant. Nach mehreren Tagen in Untersuchungshaft und anschließendem Hausarrest ist der frühere Chef des Internationalen Währungsfonds inzwischen auf freiem Fuß.
Absprachen (plea bargains) zwischen Verteidigung und Staatsanwaltschaft kommen in den USA häufig vor: Damit kann zum Beispiel ein Verdächtiger mit dem Eingeständnis von Taten eine Haftstrafe vermeiden. Im deutschen Strafrecht sind diese Übereinkünfte als "Deal" bekannt.
Justiz prüft Anzeige Banons
Allerdings droht dem 62-Jährigen in seiner französischen Heimat neuer Ärger mit der Justiz: Die Autorin Tristane Banon beschuldigt ihn einer versuchten Vergewaltigung im Jahr 2003 und zeigte ihn am Dienstag an. Strauss-Kahn habe sie während eines Interviews sexuell bedrängt, so der Vorwurf.
Der Schriftsatz mit den Anschuldigungen Banons ging nach Angaben der Justiz ein. Die Anzeige werde geprüft, sagte eine Sprecherin. Die 32 Jahre alte Banon hatte die rechtlichen Schritte bereits am Montag angekündigt. Die Anwälte Strauss-Kahns bereiten nach eigenen Angaben eine Verleumdungsklage vor.
Die Staatsanwaltschaft muss entscheiden, ob sie nach der Anzeige Banons Ermittlungen aufnimmt. Eine Frist dafür gibt es nicht. Entscheidend ist auch die Bewertung der mutmaßlichen Tat: Nach französischem Recht verjährt ein Vergewaltigungsversuch erst nach zehn Jahren, sexuelle Belästigung bereits nach drei Jahren.
"Sie war völlig aufgewühlt und betroffen"
Die unter den Verdacht mangelnder Glaubwürdigkeit geratene Hauptbelastungszeugin aus dem New Yorker Verfahren gegen Strauss-Kahn bekommt unterdessen Rückendeckung von einer Krankenhaus-Mitarbeiterin. "Als sie ankam, stand sie unter Schock, sie war völlig aufgewühlt und betroffen", sagte Susan Xenarios von der Abteilung für Kriminalitätsopfer der französischen Tageszeitung "Le Monde". "Als sie auf die Notaufnahme kam, wusste sie offensichtlich nicht, wer die Person war, die sie angegriffen hatte."
Xenarios betonte, dass sie die Glaubwürdigkeit der Zeugin nie angezweifelt habe. "Unser Team besteht aus ausgebildeten und sehr erfahrenen Leuten (...). Der Urteilsspruch in Prozessen entspricht in der Regel unserer Diagnose", sagte die 64-Jährige.
Das New Yorker Verfahren gegen Strauss-Kahn drohte zuletzt zu platzen, nachdem Zweifel an der Glaubwürdigkeit des mutmaßlichen Opfers aufgetaucht waren. Das Zimmermädchen hatte ausgesagt, dass der 62-Jährige sie unter anderem zu Oralsex gezwungen habe. Strauss-Kahn ist mittlerweile aus dem Hausarrest entlassen. Der frühere Weltwährungsfonds-Chef darf aber weiter nicht aus den USA ausreisen.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP/rts