Panorama

Pakistan braucht mehr Spenden "Das Geld kommt bei den Opfern an"

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Die Hilfe kommt langsam an: US-Soldaten beim Ausladen von Hilfsgütern.

(Foto: REUTERS)

Nach der Flutkatastrophe in Pakistan ist die Spendenbereitschaft bislang nicht besonders groß. Dabei warten Millionen Menschen auf dringende Hilfe, die Vereinten Nationen befürchten eine "zweite Welle von Toten". n-tv.de beantwortet, warum die Hilfe so zögerlich anläuft und warum Ihre Spenden sicher sind. Ein Übersicht über Spendenkonten haben wir zudem hier zusammengestellt.

Wie groß ist das Ausmaß der Flutkatastrophe in Pakistan?

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Unter Wasser: Ein Drittel Pakistans ist überschwemmt.

(Foto: dpa)

Bereits jetzt gehen die Vereinten Nationen von einer der bislang schlimmsten Katastrophen aus. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon sagte, er habe schon viele Naturkatastrophen in der ganzen Welt gesehen, "aber nichts ist wie das hier". Hilfsorganisationen bezeichnen die Not als unvorstellbar. Die Zahl der Toten in Pakistan ist bislang mit über 1500 zwar im Vergleich relativ niedrig, aber rund 20 Millionen weitere Menschen sollen von den Überschwemmungen direkt oder indirekt betroffen sein. Da seien außergewöhnlich viele, sagt UN-Hilfskoordinator John Holmes. Die UN rechnen deshalb mit dem größten Hilfseinsatz in ihrer Geschichte und warnen vor einer "zweiten Welle von Toten", sollte die Hilfe nicht zügig die Betroffenen erreicht. So könnten bis zu 3,5 Millionen Kinder infolge der Fluten an tödlichen Krankheiten sterben. Wie groß die Schäden insgesamt sind, lässt sich noch nicht abschätzen. Straßen, Brücken, Schienen, Telefonleitungen, Felder und hunderttausende Häuser wurden zerstört. Diplomaten schätzen die Kosten auf bis zu 15 Milliarden Dollar. Allein an Soforthilfe forderten die Vereinten Nationen über 400 Millionen Dollar an. Der Wiederaufbau wird nach pakistanischen Angaben mindestens fünf Jahre dauern.

Die Menschen in Pakistan und Hilfsorganisationen beklagen, dass den Flutopfern nur sehr schleppend geholfen wird. Warum kommt die Hilfe nicht bei den Betroffenen an?

Das liegt zum ersten an der Katastrophe selbst: Ganze Landesteile sind überflutet worden, etwa ein Drittel Pakistans steht unter Wasser. Straßen und Schienen sind zerstört, sodass die Hilfe zumeist nur aus der Luft kommen kann. Zugleich werfen die Pakistaner ihrer Regierung aber auch ein schlechtes Krisenmanagement vor, viele Flutopfer fühlen sich im Stich gelassen. Dass das schiere Ausmaß der Katastrophe die Behörden allerdings vor gewaltige Herausforderungen stellt, dürfte auch verständlich sein.

Hilfsorganisationen, Vereinte Nationen und die Bundesregierung klagen aber auch über die schleppende Spendenbereitschaft für die Opfer in Pakistan. Seit dem 27. Juli kämpft das Land mit den Überschwemmungen, doch bis Mitte August war die Spendenbereitschaft noch sehr gering. Für die Erdbebenopfer in Haiti wurden zum Beispiel in Deutschland insgesamt 200 Millionen Euro gespendet. Für Pakistan waren es nach Angaben des Deutschen Zentralinstituts für soziale Fragen (DZI) bis zum 15. August erst ein bis zwei Millionen Euro. Mittlerweile steigen auch in Deutschland die Zahlungen.

Warum ist die Spendenbereitschaft für die Flutopfer Pakistan so zögerlich im Vergleich zu anderen Katastrophen?

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Ringen um Hilfe: Der Bedarf an Lebensmitteln, Medikamenten, Decken und Zelten ist groß.

(Foto: REUTERS)

Mehrere Gründe werden für die zögerliche Spendenbereitschaft verantwortlich gemacht. Zum einen das Misstrauen gegenüber den pakistanischen Behörden. Es gibt Befürchtungen, dass die Spende nicht die Betroffenen erreicht, sondern in möglicherweise korrupten Kanälen verschwindet oder Islamisten in die Hände fällt. "Es wird unterstellt, da sitzt alles voller Taliban und Terroristen und die Korruption ist groß. Pakistan ist eine Atommacht, und da sind die Spender wohl etwas zurückhaltender", sagte etwa CARE-Geschäftsführer Anton Markmiller dem NDR. Untermauert wurden solche Sorgen noch von einem Bericht der britischen Zeitung "Daily Telegraph", nach dem die pakistanische Regierung 367 Millionen Hilfsgelder nach dem Erdbeben 2005 veruntreut haben soll.

DZI-Geschäftsführer Burkhard Wilke hat aber auch einen ganz "profanen" Grund genannt: Die Urlaubszeit in Deutschland sei durchaus ausschlaggebend gewesen. Zudem sei die Berichterstattung über die Fluten nicht so dramatisch gewesen wie bei anderen Katastrophen. "Die Spendenbereitschaft hängt entscheidend davon ab, was für Nachrichten, aber auch was für Bilder transportiert werden."

Sind die Sorgen denn berechtigt, dass die Spenden nicht bei den Opfern ankommen?

In den meisten Fällen nicht. Die seriösen Hilfsorganisationen arbeiten entweder selbst direkt vor Ort oder haben lokale Partner, mit denen sie bereits längere Zeit zusammenarbeiten. Auch Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel versichert, dass das Geld nicht in dunklen Kanälen versickern werde. Deutschland arbeite seit vielen Jahren bei derartigen Katastrophen mit dem UN-Welternährungsprogramm und mit eigenen staatlichen und nicht-staatlichen Organisationen zusammen. Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) betont, dass die Spenden die Betroffenen erreichen. In Pakistan gebe es seit den 80er Jahren eine gute Zusammenarbeit zwischen dem Roten Kreuz und dem Roten Halbmond, sagte DRK-Präsident Rudolf Seiters der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung". Die gemeinsame Arbeit laufe gut und vertrauensvoll, und es habe noch nie Unterschlagungen gegeben. "Wir können für uns und den Roten Halbmond garantieren, dass das Geld bei den Opfern ankommt." Auch Außenminister Guido Westerwelle appellierte an die Bürger, für die Flutopfer zu spenden. Wer sein Geld einer seriösen Hilfsorganisation gebe, könne sicher sein, dass es die Opfer auch erreicht.

Wie erkenne ich eine vertrauenswürdige Hilfsorganisation?

Zum Beispiel am Siegel des DZI, das Hilfsorganisationen auf ihre Kompetenz, Transparenz und Wirtschaftlichkeit überprüft und im Fall von Pakistan eine Liste seriöser Organisationen zusammengestellt hat. Spendenwillige können zudem zusätzliche Informationen einholen, etwa darüber, ob sie vor Ort über die nötigen Kontakte und Kompetenzen verfügen. Nach Angaben des DZI ist Misstrauen dann angebracht, wenn die Hilfsorganisationen bei Spendenaufrufen "viele Emotionen wecken, aber wenig Informationen über die konkret geplanten Hilfsmaßnahmen bieten". Wer sein Geld nur für einen bestimmten Zweck, also etwa die Flutkatastrophe, spenden will, kann das auch tun. In dem Fall muss einfach das vorgegebene Stichwort bei der Überweisung eingetragen werden. Hilfsorganisationen wie auch das DZI empfehlen aber, bei vertrauenswürdigen Hilfswerken auf Zweckbindung zu verzichten, da es die Organisationen im Zweifel unnötig einschränkt.

Quelle: ntv.de, tis/rts/dpa/AFP

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