Fall erscheint in neuem Licht Entführten Deutsche Maddie?
15.10.2013, 07:22 Uhr
Es sind nur 45 Minuten, um die Scotland Yard den vermutlichen Zeitpunkt des Verschwindens von Maddie McCann nach hinten verlegt. Doch das öffnet den Blick auf neue, alte Verdächtige und lange liegen gelassene Spuren. Sie führen auch nach Deutschland.
Britische Ermittler starten im Fall der vermissten Maddie Mc Cann einen neuen Versuch, das Schicksal des Mädchens zu klären. Dabei gehen sie alten Spuren nach, die von den portugiesischen Kollegen offensichtlich vernachlässigt worden sind. Spuren, die eventuell nach Deutschland führen. Mit einer öffentlichen Suchaktion in TV-Sendungen - unter anderem auch in Deutschland - geht Scotland Yard alten Hinweisen nach, die den Fall in einem völlig neuen Licht erscheinen lassen.
Den Auftakt machten die Ermittler in der BBC-Sendung "Crimewatch", der britischen Entsprechung von "Aktenzeichen XY ungelöst" im ZDF. "Wir haben versucht, alles wieder auf null zu setzen, auf Anfang, und von dort neu zu beginnen", sagte Chefermittler Andy Redwood am Abend. Was die Ermittler befürchten: Sie haben jahrelang einem Phantom hinterhergejagt, der Spur nach einem harmlosen Familienvater in der portugiesischen Ferienanlage.
Bisher galt als sicher, dass das damals dreijährigen Mädchens am 3. Mai 2007 gegen 21.15 Uhr entführt wurde. Mehrere Zeugen hatten einen Mann mit mittellangen, dunklen Haaren beobachtet, der ein mit einem Pyjama bekleidetes Mädchen in der Nähe des Apartments der McCanns davontrug. Auf diesen Verdächtigen fokussierten sich seither die Ermittlungen. Alles passte zusammen: Zehn Minuten zuvor hatte Vater Gerry noch einmal nach Maddie gesehen. Um 22 Uhr betrat Mutter Kate das Zimmer des Mädchens und fand das Bettchen der Kleinen leer vor. Der dunkelhaarige Mann, er musste der Entführer sein.
Holländer oder Deutsche an dem Verbrechen beteiligt?
Heute glaubt die Polizei: Es war lediglich ein normaler Familienvater, der sein spät abends ausgebüxtes Kind vom Spielen heimholt. Eine Alltagssituation im warmen Feriendomizil "Ocean Club", der Mann - ein Brite - soll inzwischen sogar aufgespürt worden sein und diese Version bestätigen. Stattdessen nehmen die Beamten nun eine alte Fährte neu auf: Gegen 22 Uhr, also rund um den Zeitpunkt, an dem das Verschwinden von Maddie bemerkt wurde, wird ein weiterer Verdächtiger gesichtet. Auch er trägt ein Mädchen im Pyjama auf dem Arm. Stimmt die neue Vermutung von Scotland Yard, dann wurde Maddie rund 45 Minuten später entführt als bisher angenommen. 45 Minuten, die alles ändern.
In "Crimewatch" zeigt Scotland Yard nun Phantombilder des Mannes. Sie sind bereits 2008 auf Basis von Zeugenaussagen einer irischen Familie angefertigt worden und schon vorab bekannt geworden. Womöglich führen sie zum Täter. Weiter glauben die Ermittler, dass es sich um eine Gruppe von Tätern gehandelt haben könnte. So sind am Tag der Entführung zwei auffällige Männer in der Nähe der Unterkunft der McCanns gesichtet worden. Sie hatten blonde Haare und sprachen holländisch oder deutsch, so der Scotland-Yard-Chefermittler Andy Redwood in der BBC.
McCanns schöpfen neue Hoffnung
Unklar ist laut Redwood noch immer der Hintergrund der mutmaßlichen Entführung. Dass nun mehrere Männer gesucht werden, spricht für eine geplante Tat. Dazu passen auch Berichte von falschen Spendensammlern, die um den Tag des Verschwindens von Maddie in der Ferienanlage ihr Unwesen trieben. Nicht ausgeschlossen ist auch, dass es die Täter ursprünglich nicht auf Maddie abgesehen hatten, das Mädchen nach einem missglückten Einbruch jedoch mitnahmen.
Maddies Eltern schöpfen angesichts der Erkenntnisse neue Hoffnung auf einen Durchbruch. "Wir sind hoffnungsvoll und optimistisch", sagte Vater Gerry McCann in der Sendung. "Die neuen Hinweise bringen uns wirklich voran." Gerry und Kate McCann, die zwischenzeitlich selbst unter Verdacht standen, hatten nicht locker gelassen und den Fall immer wieder in die Öffentlichkeit gebracht. Am Mittwoch sind sie zu Gast bei "Aktenzeichen XY... ungelöst". Auch im holländischen Pendant "Opsoring Verzocht" wird der Fall erneut eine Rolle spielen. Wer Hinweise auf den oder die Täter liefern kann, erhält eine Belohnung von 20.000 Pfund.
Quelle: ntv.de, jog/dpa