Todesursache der drei Babys unklar Ermittler suchen nach dem "Leck"
24.08.2010, 12:13 Uhr
Das Schlauchsystem, das womöglich die Verunreinigung hervorgebracht haben soll.
(Foto: dpa)
Noch immer rätseln Ermittler und Ärzte in Mainz über die genaue Todesursache von mittlerweile drei Säuglingen. Möglich wäre die Kontaminierung von Infusionen. Die mikrobiologischen Untersuchungen dauern allerdings noch an. Der Zustand der weiteren Kinder, die die verschmutzte Nährlösung erhielten, bessert sich.
Die Ursache für den Tod von drei Säuglingen an der Universitätsklinik Mainz ist immer noch offen. Zwar wurden alle drei Frühgeborenen mit einer kontaminierten Infusion ernährt. Doch war weiter unklar, ob dies zum Tod der Babys führte. "Auch zum jetzigen Zeitpunkt wissen wir nicht, wie die Todesursache genau lautet", sagte der ärztliche Direktor des Klinikums, Norbert Pfeiffer, in Mainz. Auch sei unklar, wie die Nährlösung für die Frühgeborenen verschmutzen konnte: "Wir stehen im Moment noch vor einem Rätsel, wie, wann an dieser Stelle eine Verkeimung vonstattengehen konnte." Nach dem "Leck" im Herstellungsprozess der Infusion werde fieberhaft gefahndet.
Das am Montagabend gestorbene dritte Frühgeborene habe ein sehr niedriges Geburtsgewicht gehabt, sagte Pfeiffer. Es sei in der 24. Schwangerschaftswoche zur Welt gekommen, mit seinem Tod sei gerechnet worden. Die Leiche des Säuglings solle in der Rechtsmedizin in Frankfurt obduziert werden, um Aufschluss über die Todesursache zu erhalten. Die Kriminalpolizei sei sofort nach dem Tod des Säuglings verständigt worden. Nach den vorläufigen Ergebnissen der Obduktion der beiden bereits am Samstag gestorbenen Babys ist es laut Mieth noch offen, ob die Keime todesursächlich waren.
Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler strebt derweil zusätzliche Regelungen für bessere Hygiene an. Rösler verwies in Berlin darauf, dass Maßnahmen und Kontrollen der Krankenhaushygiene Sache der Bundesländer seien. Deshalb wolle er die Initiative ergreifen und das Thema bei der nächsten Gesundheitsministerkonferenz zur Sprache bringen. Den Angehörigen der gestorbenen Säuglinge drückte Rösler sein volles Mitgefühl aus.
Zustand der weiteren Kinder bessert sich
Der zunächst kritische Zustand von vier weiteren Frühgeborenen habe sich in der Nacht gebessert, sagte Pfeiffer weiter. Mit weiteren Todesfällen werde nun nicht mehr gerechnet. Die Kinder seien aber weiter schwer krank. Insgesamt hatten elf auf der Intensivstation liegende Kinder am Freitag die mit Fäkalbakterien verschmutzte Nährlösung bekommen.
Die ersten beiden Babys waren am Samstag gestorben, nachdem sie die Nährlösung erhalten hatten. In der Infusion wurden bislang zwei Sorten Fäkalkeime identifiziert, die normalerweise keine Gefahr für Menschen darstellen. Nach Angaben des Direktors der Kinder- und Jugendmedizin an der Mainzer Klinik, Fred Zepp, ist bei Frühgeborenen das Immunsystem aber noch nicht voll ausgebildet. Deswegen reichten minimale Keimmengen für tödliche Infektionen. Wegen der Todesfälle ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen Unbekannt wegen des Verdachts fahrlässiger Tötung.
Mikrobiologische Untersuchungen dauern an
Die Ermittler warten weiterhin auf entscheidende Erkenntnisse aus mikrobiologischen Untersuchungen. Dabei geht es darum, welche Keime genau sich in der Blutbahn der Säuglinge befanden. Das Problem dabei: Solche Bakterien könnten sich auch in einen Fäulnisprozess gebildet haben. Für die weiteren mikrobiologischen Untersuchungen hatten die Ermittler in der Klinikapotheke die von externen Herstellern gelieferten Grundstoffe für die Nährlösung in Originalverpackungen sichergestellt.
Auch das Schlauchsystem an der Mischautomatik der Maschine, an der die Infusion hergestellt wurde, wird genau unter die Lupe genommen. Die beiden Mitarbeiter, die am Freitag die Flüssignahrung hergestellt hatten, werden psychologisch betreut. Dieses Angebot gibt es auch für die Eltern der betroffenen Kinder.
"Ein großes Problem"
In der Berliner Regierungskoalition wird nun über neue Hygiene-Regeln für Krankenhäuser diskutiert. "Wir haben auf dem Gebiet der Krankenhaus-Hygiene ein großes Problem, auf das der Gesetzgeber dringend reagieren muss", sagte FDP-Fraktionsvize Ulrike Flach der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Bis zu 600.000 Menschen würden sich in deutschen Kliniken jährlich mit Krankheitserregern infizieren und bis zu 40.000 Patienten sterben. Die FDP-Fraktion werde deshalb die Initiative für eine bundesweite Regelung ergreifen. Ähnlich äußerte sich der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jens Spahn. Es sei "höchst unbefriedigend", dass trotz lange bekannter Defizite bisher wenig passiert sei, sagte der CDU-Politiker.
Die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene begrüßte den Vorstoß. Eine bundesweite Regelung sei längst überfällig, sagte der Sprecher der Gesellschaft, Klaus-Dieter Zastrow, im Deutschlandradio Kultur. "Föderalismus hat an der Stelle nichts zu suchen. Bakterien kennen keine Grenzen." Der Mainzer Klinik-Vorstand Pfeiffer mahnte allerdings, die Diskussion über Krankenhaus-Hygiene nicht mit dem jetzigen Fall zu vermischen. Beim Thema Krankenhaus-Hygiene gehe es um Infektionen im Krankenhaus, das habe mit dem Herstellungsprozess für die Infusionen nichts zu tun. Die Fragen sollten voneinander getrennt werden.
Quelle: ntv.de, dpa/rts