Panorama

Corona-Lücken aufholen Lehrerverband plädiert für Zusatzjahr

Die Lücken im Lehrplan werden laut Lehrerverband immer größer.

Die Lücken im Lehrplan werden laut Lehrerverband immer größer.

(Foto: picture alliance/dpa)

Sollte es zu Schulschließungen kommen, könnte dies Experten zufolge Jugendliche hart treffen. Dass sich Bund und Länder nicht auf neue Maßnahmen für Schulen einigen konnten, kritisiert der Lehrerverbands-Präsident scharf. Und macht einen Vorschlag, um den "enormen Druck" von den Schülern zu nehmen.

Der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Heinz-Peter Meidinger, plädiert wegen der schulischen Einschränkungen durch die Corona-Krise für die Möglichkeit eines Zusatzjahres. Dieses würde für viele Eltern und Schüler den "enormen Druck aus der jetzigen Situation herausnehmen" und auch das Problem des Notendrucks entschärfen, zitiert das Nachrichtenportal "Watson" Meidinger.

Es zeichne sich bereits ab, "dass auch dieses Schuljahr kein normales Schuljahr werden wird" und es nicht gelingen werde, die Lehrpläne zu erfüllen. Die Lücken des letzten Schuljahres würden somit noch größer werden. Vorstellbar sei vieles, etwa das freiwillige Wiederholen eines Schuljahres ohne Wertung als Sitzenbleiben oder das Angebot eines Zusatzjahres beispielsweise vor den Abschlussprüfungen, sagte Meidinger. Er forderte zudem einen "langfristigen Masterplan", damit Eltern, Lehrer und Schüler nicht tagtäglich durch neue kurzfristige Maßnahmen verunsichert würden.

Meidinger kritisierte die ausbleibende Verschärfung der Corona-Maßnahmen an Schulen bei den Beratungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel und den Ministerpräsidenten der Länder. Dies sei "völlig unerklärlich und geradezu verantwortungslos". Er warnte: "Das könnte sich noch bitter rächen." Vor allem, dass keine allgemeine Maskenpflicht im Schulunterricht eingeführt worden ist, prangert Meidinger an: "Warum es nicht einmal gelungen ist, eine bundesweit geltende Maskenpflicht zumindest für Schüler an weiterführenden Schulen, unserer Ansicht nach auch für Grundschüler in den Maßnahmenkatalog von Bund und Ländern aufzunehmen, ist völlig unerklärlich und geradezu verantwortungslos."

Verband: Maskenpflicht ab sechs Jahren

Sollte es zu Schulschließungen kommen, könnte dies aus Expertensicht vor allem Jugendliche hart treffen. Kinder seien Fachleuten zufolge nicht die Verbreiter des Coronavirus, sagte etwa die Vizepräsidentin des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte, Sigrid Peter, im ZDF. Sie bedauerte, dass es keine einheitliche Maßgabe zum Tragen von Masken gebe. Ihr Verband empfehle dies ab sechs Jahren mit Ausnahmen für chronisch kranke und behinderte Kinder. "Wir sehen das als eine gute Option, die Beschulung, die absolut notwendig ist, weiter durchführen zu können."

Kitas und Schulen seien Orte von Kompetenzerwerb, und zwar auch von sozio-emotionaler Kompetenz, sagte Peter. Wenn das nicht mehr gewährleistet sei, würden gerade benachteiligte Kinder enormen Risiken ausgesetzt und abgehängt. Im ersten Corona-Lockdown im Frühjahr habe man auch gesehen, dass häusliche Gewalt und Gewichtsprobleme, etwa Adipositas, zunähmen.

Beschränkungen treffen junge Menschen besonders

Bund und Länder hatten ihre Entscheidungen über das weitere Vorgehen in der Pandemie am Montag auf kommende Woche verschoben. Die Lage an den Schulen war bei den Beratungen ein wichtiger Punkt. Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte am Abend nach einer mehrstündigen Videokonferenz, die Länder hätten sich mehrheitlich gegen zusätzliche Rechtsänderungen zum jetzigen Zeitpunkt ausgesprochen.

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Private Zusammenkünfte mit Bekannten und Verwandten sollen sich nach einem Appell von Bund und Ländern jedoch auf "einen festen weiteren Hausstand" beschränken, das gilt auch für Kinder und Jugendliche. Auf private Feiern sollen Bürgerinnen und Bürger verzichten. In dem Papier vom Montagabend fehlte indes der ursprüngliche Vorschlag, dass sich Kinder und Jugendliche nur noch mit einem festen Freund oder einer festen Freundin in der Freizeit treffen sollen.

Generell treffen Kontaktbeschränkungen jüngere Menschen bis etwa 35 Jahre härter als ältere, sagte die Diplom-Psychologin und Buchautorin Ulrike Scheuermann. "Da gibt es inzwischen auch verschiedene Studien dazu, dass generell jüngere Menschen mehr mitgenommen sind durch die Kontaktbeschränkungen." Und insbesondere treffe es Jugendliche. "Für jüngere Kinder ist es möglicherweise noch leichter", sagte Scheuermann. Später sei die beeinflussende Clique entscheidend. "Bei Jugendlichen oder jungen Erwachsenen da ist eigentlich ja gerade diese 'Peergroup' das Zentrale, was auch zur Identitätsentwicklung beiträgt."

Quelle: ntv.de, chf/dpa/rts

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