"Arme wie Ungeziefer behandelt" Londoner setzen Stacheln gegen Obdachlose
09.06.2014, 09:23 Uhr
(Foto: Andrew Horton/ Ethical Pioneer/ Twitter)
Twitternutzer decken einen Trick Londoner Hausbesitzer auf, die sich unliebsame Gäste vor ihrer Haustür fernhalten wollen. Die Netzgemeinde ist entsetzt, dabei scheint die Idee alles andere als neu zu sein.
Die Wahl des Schlafplatzes bereitet vielen Obdachlosen täglich aufs Neue Schwierigkeiten. Er muss schützen, darf aber gleichzeitig nicht zu abgelegen sein. Außerdem soll es warm, trocken und windgeschützt sein. Das alles an einem Ort vereint zu finden ist eine Seltenheit, weshalb sichere Schlafplätze in den meisten Großstädten Mangelware sind.
In London könnte sich die Zahl solcher Plätze jetzt sogar noch verringern. Durch den Twitteraccount @ethicalpioneer bekannt gewordene Bilder zeigen einen Eingang zu einem Gebäude mit Luxusapartments, der ideal als Schlafplatz für Obdachlose geeignet ist - wären da nicht die aus dem Boden ragenden Metallspieße. Offensichtlich wurden diese von den Hausbesitzern angebracht, um unliebsame Gäste fernzuhalten. Nach Recherche des britischen "Guardian" bestätigten Anwohner diese Annahme. "Vor sechs Wochen schlief an der Stelle ein Mann und vor rund zwei Wochen wurden die Stacheln angebracht. Ich nehme an, sie sollen verhindern, dass Obdachlose hier schlafen.", sagte eine Nachbarin.
"Als Ungeziefer bezeichnet"
Im Netz löste die Aktion Empörung aus. So schrieb ein Nutzer: "Diese Metallspitzen gegen Obdachlose sind wie die Stacheln, die angebracht werden um Tauben von Gebäuden fernzuhalten. Die Armen werden jetzt also als Ungeziefer bezeichnet." Aus diesem Unmut heraus wurde eine Online-Petition ins Leben gerufen, die die Beseitigung der Metall-Spikes fordert. Zudem machten sich Nutzer auf die Suche nach weiteren Anti-Obdachlosen-Vorrichtungen. Fündig wurden sie beispielsweise vor der Supermarktkette Tesco in London. Auch Bilder von Metallspitzen aus China kursieren auf Twitter, ebenso wie runde Bänke in Japan, die es Obdachlosen unmöglich machen, auf ihnen zu schlafen.
Hilfsorganisationen freuen sich laut "Guardian" zwar über die mediale Aufmerksamkeit, zeigen sich aber wenig überrascht. Solche Metallstachel würden schon seit über zehn Jahren angebracht, berichten sie. Besonders dramatisch sei das aufgrund der steigenden Obdachlosenzahlen in London. Allein in den letzten drei Jahren sei diese um 75 Prozent in die Höhe geschnellt. Als Grund dafür gelten die anhaltende Rezession, Wohnungsknappheit und eine Senkung der staatlichen Hilfeleistungen.
Den Metallspitzen-Aufstellern in London droht jetzt ein Ermittlungsverfahren. Die Polizei hat bereits erste Untersuchungen eingeleitet.
Quelle: ntv.de, lou