Reinhard-Mohn-Preis für Recife Merkel wirbt für Bürgerbeteiligung
16.06.2011, 13:08 UhrDie brasilianische Stadt Recife ist der erste Träger des Reinhard-Mohn-Preises. Die Stadt folgt seit zehn Jahren dem Modell der Bürgerhaushalte, bei dem die Bewohner einer Stadt über Ausgaben mitentscheiden können. Kanzlerin Merkel lobt den Einfluss von Bürgern als wichtige Ergänzung der parlamentarischen Arbeit.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat für mehr Einflussmöglichkeiten der Bürger auf politische Entscheidungen und die Gestaltung ihres Lebensumfelds geworben. "Eine direkte Einflussnahme der Bevölkerung ist eine wichtige Ergänzung repräsentativer politischer Verfahren", sagte die Kanzlerin bei der Verleihung des Reinhard-Mohn-Preises für Bürgerbeteiligung. Sie könne eine bessere Basis für Entscheidungsprozesse liefern und zum mehr Transparenz führen. Dabei böten die neuen Medien, das Internet, eine Vielfalt neuer Chancen für mehr Bürgerbeteiligung. Aber auch traditionelle Instrumente direkter Demokratie, wie Volksbegehren und Volksentscheidungen, hätten sich in den Ländern und Kommunen in Deutschland bewährt.
Sympathie äußerte die Kanzlerin etwa für das Modell der "Bürgerhaushalte", das auch in einigen deutschen Kommunen inzwischen eingeführt wurde. Teilweise könnten die Bewohner einer Stadt dabei mit Anregungen den Haushalt mitgestalten. "Das belebt zweifellos die politische Teilhabe", sagte sie. Sie würdigte, dass mit der brasilianischen Millionenstadt Recife gerade eine Kommune den Reinhard-Mohn-Preis erhalte, die dieses Modell eines Bürgerhaushalts erfolgreich praktiziere.
Recife ist der erste Träger des Reinhard-Mohn-Preis der Bertelsmann Stiftung. Der Bürgermeister der Millionenmetropole, João da Costa Bezerra Filho, nahm die mit 150.000 Euro dotierte Auszeichnung aus den Händen der stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden Liz Mohn entgegen.
"Konzept ergänzt repräsentative Demokratie"
"Die Stadt Recife zeigt mit ihrem Beteiligungsprojekt, wie die Distanz zwischen Politik und Bürgern durch weitreichende Kooperation und Beteiligung abgebaut werden kann", sagte der Vorstandsvorsitzende der Bertelsmann-Stiftung, Gunter Thielen. "Das Konzept ergänzt die repräsentative Demokratie, weil die Bürger in Recife direkt und zugleich mit dem Stadtrat gemeinsam entscheiden. Ein beispielhaftes Modell für das Miteinander von Bürgern und Staat, das den Ideen Reinhard Mohns in hohem Maße entspricht."
Bereits seit 2001 werden die Bürger Recifes in umfangreichem Maße in die Weiterentwicklung ihrer Stadt eingebunden. Mehr als 100.000 Erwachsene und Jugendliche beteiligen sich jedes Jahr an Versammlungen und über das Internet, bringen Vorschläge für städtebauliche Maßnahmen ein, begleiten sie in der Umsetzung und bestimmen Prioritäten in verschiedenen Politikbereichen. Die Stadt verfolgt dabei konsequent den Weg, vor Ort zu sein und die Verantwortung mit ihren Bürgern zu teilen. Dazu hat sie ein umfassendes Netzwerk aus Haupt- und Ehrenamtlichen aufgebaut, das die Bürger das ganze Jahr über bei Entscheidungen und deren Umsetzung einbindet.
Quelle: ntv.de, hvo/dpa