Panorama

Retter bergen sechsten Toten Noch immer fehlen 14 Passagiere

In dem Wrack der "Costa Concordia" könnten noch immer Menschen eingeschlossen sein.

In dem Wrack der "Costa Concordia" könnten noch immer Menschen eingeschlossen sein.

(Foto: REUTERS)

Im Wrack der "Costa Concordia" suchen Rettungskräfte noch immer nach Überlebenden der Havarie. Seit den Morgenstunden herrscht Gewissheit: Bei dem Unglück ist ein sechster Passagier ums Leben gekommen. Unter den weiter vermissten Personen sind nach neuester Erkenntnis sieben Deutsche.

Nach dem Schiffsunglück in Italien werden insgesamt 14 Menschen vermisst. Mindestens sieben von ihnen kommen aus Deutschland, darunter fünf aus Hessen. Bei den Menschen aus Hessen handele sich um ein Ehepaar aus Mühlheim am Main sowie um zwei Schwestern aus Offenbach und einen Mann aus Maintal, sagte ein Polizeisprecher in Offenbach. Das Paar aus Mühlheim war bereits am Sonntag als vermisst gemeldet worden. Außerdem fehlt von zwei Frauen aus Baden-Württemberg noch jede Spur, was insgesamt zu der Zahl von sieben vermissten Deutschen führt.

Womöglich rutscht die "Costa Concordia" weiter ab.

Womöglich rutscht die "Costa Concordia" weiter ab.

(Foto: REUTERS)

Zuvor ist die Zahl der Toten in Italien auf sechs gestiegen. Aus dem Wrack der "Costa Concordia" haben die Retter ein weiteres Todesopfer geborgen. Es handelt sich dabei um einen Passagier. Er habe sich auf dem zweiten Deck befunden und eine Schwimmweste getragen. Das berichtete die italienische Nachrichtenagentur  Ansa. Am Morgen hatten die Rettungskräfte die Suche nach Vermissten wieder aufgenommen.

Die Suche wird vor allem durch die extreme Schräglage des 290 Meter langen Schiffes sowie blockierte Türen und Treppenhäuser erschwert. "Wir hoffen weiter, Überlebende zu finden", sagte Küstenwacht-Kapitän Cosimo Nicastro dem Sender tgcom24.

Schweres menschliches Versagen seitens des Kapitäns könnte nach Angaben des Eigners der "Costa Concordia" zur Havarie des Kreuzfahrtschiffes geführt haben. "Es scheint, dass der Kommandant Beurteilungsfehler gemacht hat, die schwersten Folgen gehabt haben", teilte die in Genua ansässige Kreuzfahrtgesellschaft Costa Crociere mit. Sie ging damit auf Distanz zu Kapitän Francesco Schettino, der das Schiff mit mehr als 4200 Menschen an Bord am Freitagabend zu dicht an die Insel Giglio vor der toskanischen Küste gesteuert habe, wo es auf einen Felsen lief und leckschlug.

Die "Costa Concordia"
  • Länge: 290 m / Breite: 35,5 m
  • Stapellauf September 2005
  • Kosten: ca. 450 Mio Euro
  • Besatzung: ca. 1100
  • Passagiere: bis 3780
  • Tempo: bis 42 km/h

Es sehe so aus, als seien die Entscheidungen des Kapitäns in der Notsituation nicht den üblichen Regeln von Costa Crociere gefolgt, erklärte das Unternehmen. Zugleich wurde der Vorwurf einiger Passagiere zurückgewiesen, dass bei der Evakuierung in der Nacht zum Samstag nicht genügend Schwimmwesten zur Verfügung gestanden hätten.

Kapitän widersetzte sich Küstenwache

Der 52 Jahre alte Kapitän war bereits am Samstag nach einer Befragung zu den Unglücksumständen festgenommen worden. Ihm droht unter anderem ein Verfahren wegen mehrfacher fahrlässiger Tötung. Berichten zufolge soll er das Schiff so dicht an die Insel herangesteuert haben, um Touristen im Hafen mit dem Signalhorn grüßen zu können.

Die Kreuzfahrtgesellschaft ging in ihrer Erklärung nicht weiter auf die Vorwürfe ein. "Weitere Kommentare wären zu diesem Zeitpunkt unangebracht", hieß es lediglich. Auch zu Behauptungen, der Kapitän habe das Schiff noch vor den letzten Passagieren verlassen, gab es keine Stellungnahme.

Medienberichten zufolge soll der Kapitän mehrfach von der Küstenwache aufgefordert worden sein, wieder an Bord zu gehen, um die Evakuierung seines Schiffes zu koordinieren. Dies habe er jedoch nicht getan. Auch einen "SOS"-Ruf soll es nicht gegeben haben.

Rettungserfolge stimmen optimistisch

Einzelheiten zum Hergang des Unglücks erhofft man sich von der Auswertung der Blackbox des Schiffes, die ähnlich wie in Flugzeugen Kommunikation auf der Brücke und Steuerbefehle aufzeichnet.

Die Reederei hob unterdessen in ihrer Erklärung die Leistung der Besatzung bei der Evakuierung der Menschen von Bord der "Costa Concordia" hervor. Die Mannschaft habe "tapfer und zügig dabei geholfen, mehr als 4000 Personen in einer sehr schwierigen Situation in Sicherheit zu bringen", hieß es. Dagegen hatten Passagiere von chaotischen Szenen berichtet und über unzureichende Sicherheitsausrüstung geklagt.

Wie die italienische Nachrichtenagentur Ansa berichtete, handelt es sich bei den zuletzt geborgenen Toten um zwei ältere Männer aus Spanien und Italien. Sie hätten noch Schwimmwesten getragen, als Taucher sie in einer Kabine fanden.

Zuvor war ein an den Beinen verletztes Besatzungsmitglied lebend geborgen worden. Der Offizier Marrico Giampetroni hatte in einem teilweise gefluteten Bereich des Schiffes ausgeharrt. "Ich habe einen 36-stündigen Alptraum durchlebt", sagte er nach seiner Rettung. Bereits in den frühen Morgenstunden des Sonntags war ein junges koreanisches Paar, das seine Hochzeitsreise mit der "Costa Concordia" unternehmen wollte, entdeckt und von Spezialkräften der Feuerwehr an Land gebracht worden.

Kreuzfahrtgesellschaft abgemahnt

Nach einem Abschluss der Such- und Bergungsaktion wird vor allem die Frage nach möglichen Umweltbelastungen für die knapp 2400 Tonnen Dieselöl in den Tanks der "Costa Concordia" in den Vordergrund treten. Spezialisten sind bereits auf der Insel, und der italienische Umweltminister Corrado Clini hat eine Gruppe von Fachleuten nach Livorno eingeladen, um das Problem zu erörtern.

Das zuständige Hafenamt in Livorno hat die Kreuzfahrtgesellschaft in einem Mahnschreiben aufgefordert, unter Berücksichtigung der noch laufenden Suchaktionen "das Schiff zu sichern und abzuschleppen". Offen ist, ob es etwa bei stürmischer See weiter abrutschen könnte.

Quelle: ntv.de, dpa/rts

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