Panorama

Missbrauch bleibt ungesühnt Polanski entgeht Auslieferung an USA

Roman Polanski im Februar 2015 in Krakau (Polen) auf dem Weg zur Gerichtsverhandlung.

Roman Polanski im Februar 2015 in Krakau (Polen) auf dem Weg zur Gerichtsverhandlung.

(Foto: imago/Eastnews)

Nach fast 40 Jahren kann Roman Polanski aufatmen. Polen will seinen Staatsbürger nicht wegen einer mutmaßlichen Vergewaltigung einer Minderjährigen im Jahr 1977 ausliefern. Nicht alle in Polen unterstützen diese Entscheidung.

Polen darf den Filmregisseur Roman Polanski nicht an die USA ausliefern. Das beschloss das Krakauer Bezirksgericht. Die US-Justiz hatte von Polen eine Auslieferung Polanskis wegen eines Sexualverbrechens in den 70er-Jahren beantragt. Der 82-jährige Regisseur besitzt die polnische und die französische Staatsbürgerschaft.

Richter Dariusz Mazur wies in seiner mündlichen Urteilsbegründung auf die Einigung hin, die Polanski in den 70er-Jahren mit der US-Staatsanwaltschaft geschlossen hatte. Die Anwälte des Regisseurs hatten in dem Verfahren betont, dass Polanski seinen Teil der Vereinbarung eingehalten und freiwillig eine Gefängnisstrafe verbüßt habe. Auch das Gericht schloss sich dieser Ansicht an. Das Auslieferungsgesuch sei deshalb unzulässig, hieß es in der Urteilsbegründung.

Die USA werfen Polanski vor, im Jahr 1977 die damals 13-jährige Samantha Geimer vergewaltigt zu haben. Der 82-Jährige hielt sich zwar in Krakau auf, blieb aber dem Verfahren nach Angaben seines Anwalts Jan Olszewski aus "emotionalen Gründen" fern.

Der Gerichtssprecherin zufolge haben beide Seiten das Recht, gegen die Entscheidung Berufung einzulegen. Sollte dem Gesuch letztendlich stattgeben werden, obliegt die endgültige Entscheidung über eine Auslieferung dem Justizministerium in Warschau.

Politische Kontroverse in Polen

Der Regisseur hatte damals nach seiner Festnahme in den USA gestanden, Sex mit der minderjährigen Geimer gehabt zu haben. Nach 42 Tagen im Gefängnis nutzte er seine vorläufige Freilassung kurz vor Verkündung des Strafmaßes zur Flucht nach Europa: Er hatte gefürchtet, dass die Strafe trotz einer Übereinkunft mit der Anklage höher als vereinbart ausfallen würde. Seine Verteidiger argumentieren nun, das Auslieferungsgesuch sei unbegründet, da es in dem ersten Prozess in den USA zu einer Einigung gekommen war, der auch die Anwälte des Opfers zugestimmt hätten.

Die USA hatten sich bereits um eine Festnahme des Regisseurs bemüht, als dieser im Oktober 2014 zur Eröffnung des Jüdischen Museums nach Warschau gereist war. Schon damals wurde der Regisseur von den polnischen Behörden befragt, durfte aber wieder gehen.

Der Filmemacher war bereits 2009 auf US-Anweisung in Zürich festgenommen worden. Anschließend stand er in seinem Chalet im Schweizer Skiort Gstaad unter Hausarrest, bis ihn die Behörden nach rund zehn Monaten wegen Unklarheiten im Auslieferungsgesuch wieder freiließen.

Der Fall ist inzwischen auch in der polnischen Politik angekommen. Ein Vertreter der nationalkonservativen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS), der Siegerin der Parlamentswahl vom vergangenen Wochenende, sprach sich am Donnerstag für Polanskis Auslieferung aus. "Pädophilie ist etwas Böses, das verfolgt werden muss", sagte der ehemalige Justizminister Zbigniew Ziobro, ein enger Vertrauter von Parteichef Jaroslaw Kaczynski, vor Journalisten. Kaczynski selbst hatte während des Wahlkampfs gesagt, er lehne "die Vorstellung ab, dass jemandem die Strafe erlassen werde, weil er ein bedeutender, weltberühmter Regisseur ist".

Polanski dreht zurzeit in Polen einen neuen Film über die Dreyfus-Affäre, die Frankreich im 19. Jahrhundert erschüttert hatte. Der französische Hauptmann Alfred Dreyfus wurde 1894 fälschlicherweise wegen Spionage verurteilt - sein Schicksal wurde zu einem Symbol für Ungerechtigkeit und Antisemitismus.

Quelle: ntv.de, mbo/AFP/dpa

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