Tat auf Video aufgenommen "Pornomörder" steht vor dem Richter
29.09.2014, 11:29 Uhr
Magnotta bei seiner Auslieferung nach Kanada.
(Foto: dpa)
Das Video, auf dem der Mord an dem chinesischen Studenten Jun Lin zu sehen ist, lässt selbst hartgesottene Ermittler schaudern. Es trägt den Titel "Ein Wahnsinniger, ein Eispickel" und wird nun das belastende Beweisstück gegen den "Pornomörder" Luka Magnotta sein.
In einschlägigen Kreisen hatte er viele Namen, Vladimir Romanov, Mattia del Santo oder eben Luka Rocco Magnotta. Nun steht der kanadische Pornodarsteller unter seinem wahren Namen Eric Clinton Kirk Newman vor Gericht. Dem 32-Jährigen droht lebenslange Haft, weil er im Frühjahr 2012 einen chinesischen Studenten getötet und zerteilt haben soll.
Am 29. Mai 2012 war in der Zentrale der Konservativen Partei von Premierminister Stephen Harper in Ottawa ein Paket eingegangen. Es enthielt einen menschlichen Fuß. Nur wenige Stunden später fanden Mitarbeiter des Postamtes in Ottawa in einem Paket, das an die Liberale Partei adressiert war, eine menschliche Hand. Noch am gleichen Tag wurde in Montréal ein männlicher Torso entdeckt. Er lag, versteckt unter Müll, in einem Koffer. Eine weitere Hand und ein Fuß waren an Schulen geschickt worden. Wochen später fanden Polizisten den dazugehörigen Kopf in einem Park. Der Tote wurde als der 33-jährige Jun Lin identifiziert.
Schon am 25. Mai war auf einer Internetseite ein grausames Mordvideo aufgetaucht. Sein Titel lautete: "1 Lunatic 1 Ice Pick" ("Ein Wahnsinniger, ein Eispickel"). Darauf war offenbar detailliert zu sehen, wie der chinesische Student getötet wird und sich der Täter anschließend an der Leiche vergeht. Im Internet ist der Film längst nicht mehr zu finden, doch er half der Polizei bei der Fahndung und ist nun eines der wichtigsten Beweismittel der Staatsanwaltschaft.
Flucht bis nach Berlin
Schnell hatte die Polizei Magnotta als Hauptverdächtigen im Visier und fahndete weltweit nach ihm. Das Opfer war Magnottas Ex-Freund und in der Wohnung des Pornodarstellers wurde eine blutdurchtränkte Matratze gefunden. Nach der Tat floh der mutmaßliche Mörder zunächst nach Frankreich und später nach Deutschland. Schließlich wurde er in einem Berliner Internetcafé erkannt und festgenommen. Zum Verhängnis wurde Magnotta am Ende sein eigener Narzissmus. Immer wieder schaute er sich auf dem Fahndungsfoto von Interpol an und las Berichte über seine Tat.
Verantworten muss sich der 32-Jährige nun wegen Mordes und Leichenschändung, wegen der Verbreitung obszönen Materials sowie wegen Belästigung des Premierministers und von Abgeordneten. Magnotta plädierte bisher in allen Anklagepunkten auf nicht schuldig. Ob dies auch im Prozess so sein wird oder er sich zu den Tatvorwürfen äußert, ist völlig offen.
Mehr als 60 Zeugen sind für die Anklage benannt, deutlich mehr als für die Verteidigung. Der Prozess soll sechs bis acht Wochen dauern. In den vergangenen Wochen hatte das Gericht mehr als 100 Menschen gehört und daraus eine Jury aus sieben Männern und neun Frauen für den Prozess ausgewählt. Die Auswahl der Geschworenen dauerte wohl vor allem deshalb so lange, weil es schwierig war, unvoreingenommene Kandidaten zu finden. Außerdem mussten die Kandidaten beide Prozesssprachen perfekt beherrschen.
Bei der Auswahl hatte der Richter die Kandidaten vor der "schockierenden und verstörenden" Beweislage gewarnt. Um kein Risiko einzugehen, wurden noch zwei stellvertretende Geschworene bestimmt, falls sich jemand aus der Jury zurückzieht.
Zerrüttetes Leben
Diese Jury muss nun über Magnotta urteilen und sieht sich nicht nur mit einer grausigen Tat, sondern vor allem mit einem bizarren Angeklagten konfrontiert. Magnotta, der aus zerrütteten Familienverhältnissen stammt und zeitweise bei seinen Großeltern aufwuchs, wirkt getrieben vom Drang, berühmt zu werden. Mindestens 70 Facebook-Seiten und 20 Websites soll er veröffentlicht haben, immer unter Fantasienamen. Häufig ist er mit nacktem Oberkörper, in engen Jeans, mit rosa geschminkten Lippen zu sehen, die er zum Schmollmund formte. Unzählige Fotos zeigen ihn in Paris, New York, Moskau, Rom, gerne in aufreizenden Posen.
Mehrfach ließ er sich kosmetisch operieren, angeblich um dem Schauspieler James Dean ähnlich zu sehen. Er nahm schon früh Drogen, ließ sich als Stripper und als Begleiter buchen, er spielte in Schwulenpornos mit. Angeblich soll er Videos veröffentlich haben, auf denen er Katzen tötete. Möglicherweise wollte Magnotta entdeckt werden. Umfragen zufolge ist der Mann, der als der "Porno-Mörder bekannt" wurde, inzwischen der berühmteste Kanadier.
Er selbst scheint den Ruhm zu genießen, er soll Hunderte Briefe, Geschenke und Geld erhalten haben, wie Global News meldet. "Ich habe wunderschöne Fotos an den Wänden und ermutigende Karten von Menschen auf der ganzen Welt," zitierte das Blatt den Mann, der einen der grausamsten Morde auf dem Gewissen hat, den die hartgesottenen kanadischen Ermittler in den letzten Jahren aufklären mussten.
Quelle: ntv.de, sba