Panorama

Eine für alle Raab, das offene Bein und mein Cannabis-Club

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Vati fährt, Mutti schreibt und die Kinder machen, was sie wollen.

Vati fährt, Mutti schreibt und die Kinder machen, was sie wollen.

(Foto: IMAGO/Bridgeman Images)

Die Kolumnistin hat sich über Ostern a bisserl was angefressen, ihr Handy lautlos gestellt und sich ansonsten keinen großen Kopf gemacht. In der Kolumne geht es daher um Pech im Spiel (und Glück in der Liebe), Hundefürze, Psychologie heute und immer wieder um Cannabis.

Auf der Heimfahrt aus dem Osterurlaub fragte ich meine Familie, worüber ich in dieser Kolumne schreiben soll. Mein Hirn war zu entspannt nach ein paar Tagen im Off, der Bauch zu voll von Schokoeiern und Köstlichkeiten, die die alpine Küche so mit sich bringt: Kaspressknödel, Kaiserschmarrn, Grüner Veltliner. Mein Blick konzentrierte sich auf die Gipfel voller Schnee, sehnsuchtsvoll, denn rauf auf den Berg konnte man nicht. Gesperrt wegen Wind und keine Sicht. Ich war kurz übel gelaunt und dachte nur, warum machen die so ein Geschiss um das bisschen Wetter, bis ich die Bilder des schaukelnden Sessellifts in Italien sah, der mehr aussah wie ein Kettenkarussell. So oder so schneeblind vor Glück habe ich mir das Elend dieser Welt jedoch für ein paar Tage erfolgreich vom Leib gehalten und war nun dementsprechend angenehm leer im Kopf.

Jedenfalls saßen wir nun alle im Auto auf dem Rückweg, und ich überlegte krampfhaft, worüber ich schreiben sollte. Ich bat um Zurufe relevanter Themen. "Wie scheiße Schule ist", kam von hinten. "Das habe ich nicht gehört", antwortete ich. Kurzes Gemaule. "Warum ich bei allen Spielen im Urlaub verloren habe", schlug mein Mann vor und setzte seinen schönsten "Trauriger-Dackel-Blick" auf. "Dafür hast du Glück in der Liebe", schmetterte ich auch diesen unqualifizierten Vorschlag ab. "Dann schreib' doch über dein offenes Bein", maulte er. Ich musste ihn leider schlagen, sah aber sofort ein, dass Gewalt keine Lösung ist, wenn der Mann am Steuer sitzt. "Du könntest doch schreiben, wie der Konsum von Cannabis dein offenes Bein heilte", meinte meine andere Tochter dann. Es sollte versöhnlich klingen.

Nun möchte ich an dieser Stelle, hoffentlich noch rechtzeitig, bevor Sie sich vor Ekel abwenden, kurz anmerken, dass es sich bei meinem "offenen" Bein keineswegs um ein solches handelt, sondern nur eine riesige Wunde am Schienbein, die ich mir beim beherzten Hechtsprung an die stählerne Aufhängung eines Tennisnetzes vor kurzem zugezogen hatte und die vielleicht tatsächlich hätte genäht werden müssen. Dafür war es zu spät, denn das Ding war, auch dank meiner Hanfsalbe, die ich mir in einem Urlaub in Österreich, Südafrika oder Amsterdam gekauft haben muss, doch recht gut verheilt und das Thema für mich eigentlich abgeschlossen. So viel zu meinem "Cannabis"-Konsum. Aber da ich zuvor bereits laut darüber nachgedacht hatte, ob ich nicht genau die richtige Person dafür wäre, einen dieser Cannabis-Clubs zu eröffnen – einfach, weil das Zeug bei mir noch nie gewirkt hat, zumindest habe ich weder rosa Elefanten gesehen noch allergrößte Entspannung verspürt – , musste ich mir jetzt natürlich eine Pro- und Contra-Diskussion in Sachen Cannabis anhören. Obwohl, es war gar keine Diskussion, es war reines Pro-Potenzial vorhanden. Meine Rente ist also sicher, ich muss nur noch rausfinden, welche Bedingungen ich erfüllen muss, um so einen C-Club zu betreiben.

You are kenough, guys!

Eigentlich wollte ich ja über die lila Trikots unserer Fußballnationalhelden schreiben, und was für ein Fass darum aufgemacht wurde. Aber das hat mein Kollege Schmoll letzte Woche schon angerissen. Allerdings lässt der Gedanke mich nicht mehr los, was denn nun so schrecklich daran gewesen wäre, 2022 in Katar mit einer One-Love-Binde am Arm aufzulaufen. Wenn man jetzt aussieht wie der Freund von Barbie. Ich find's ja gut, you are kenough, guys, ihr könnt auch lila!!

"Raab!" rief es von hinten. "Raab!" "Nee", sag' ich, "das nervt doch, dieses ADHS-Ding vom Osterwochenende". Das konnte er schonmal besser. Und jetzt boxt er ja auch nur. Wenn Stefan Raab zurückkäme ins TV, dann bitte mit Ukulele und Text. Aber so geht es mir relativ am Allerwertesten vorbei, und das, obwohl ich den Mann trotz seiner Altherrenwitze immer großartig fand. Ein ganz fauler Kompromiss ist das, stellte ich für mich fest, kein Bock, drüber zu schreiben. Apropos faul - es roch plötzlich recht faulig. Wie auf Kommando gehen vier Fenster runter, dezentes Hüsteln, Würgegeräusche. Warum furzt der Hund im Auto am liebsten? "Darüber könntest du mal schreiben, Mami", schlug die jüngere Tochter vor. "Auch kein Bock drauf", sag' ich, "ich weiß außerdem, warum sie furzt. Sie fühlt sich wohl auf engem Raum und sie hat Kacke gefressen." "Iiiiieh!!!!" Ja, versteh' ich auch nicht, dieser Hund bekommt feinstes Happa, und trotzdem stürzt sie sich auf alles, was anderen Tieren aus dem Hintern fällt. "Latente Übelkeit wäre ein gutes Thema", ergänzte eines der Kinder. Wie kam sie darauf? Alkohol? Drogen? Waren die Cannabis-Überlegungen von vorhin doch gar nicht so hypothetisch wie angenommen? Meine Kinder kiffen doch nicht.

Verkrampft berufsjugendlich

Geraschel hinten, die Ältere blätterte in ihrem "Psychologie heute"-Magazin. "Subjektives Alter, Mami, darüber könntest du super schreiben." "Wie meinst du das?", fragte ich, mit halbverdrehtem Kopf, weiter kam ich nicht, der Rücken. "Naja, es geht darum, dass man sich nicht so alt fühlt, wie man ist." Hörte ich da zwischen den Zeilen leise Kritik? Amüsement gar? Wirke ich etwa verkrampft berufsjugendlich? Ich denke gar nicht über mein Alter nach, pffh, sollen die anderen um mich herum doch alle 60 werden, ich halte die Stellung. Noch. Und was soll's auch? Wer nicht altert, ist tot, siehe meine letzte Kolumne. Ich altere gern. Ich versuche, das mit Würde anzugehen. Laut meiner Ärztin bin ich körperlich zehn Jahre jünger als mein wahres Ich. Sie ist begeistert von meiner Ansage, dass ich eher so ein intuitiver Esser bin, trotzdem muss ich jetzt das Quecksilber aus dem Körper kriegen, zu viel Fisch wohl. Außerdem habe ich die letzten Tage "intuitiv" so viel gegessen, dass ich nun mal eine Weile auf einiges verzichten sollte.

Es ist ja wissenschaftlich bewiesen, dass man sich jünger fühlt und auch bleibt, wenn man sich jugendlicher verhält. Das habe ich mal irgendwo gelesen, und deswegen wird mir niemand mein kindisch-kindliches Gemüt madig machen können. Ich griff also zu der Zeitschrift meiner jungen Psychologie-Studentin und siehe da, es gibt auch einen Begriff dafür: Eugeria!! Klingt so ähnlich wie Heureka, bedeutet aber, laut Aristoteles, "eine gute Art des Alterns". "Heureka Eugeria", murmelte ich vor mich hin, überlegte kurz, ob ich es mir auf den Unterarm tätowieren lasse, in einer schön geschwungenen, fremdartigen Schrift, nicht für jeden sofort erkennbar, und checke, ob die drei Grundsäulen von Eugeria auf mich zutreffen: geringe Belastung durch chronische Krankheiten, hohes Engagement in der sozialen Gemeinschaft, und ein nur langsamer Abbau kognitiver und physischer Kräfte. Ich sag' mal: Läuft.

Ich notierte schnell noch, ehe ich es vergesse, dass ich mir dringend neue Hanfsalbe für mein offenes Bein kaufen muss und nahm mir vor, am Wochenende einen Businessplan für meine Cannabis-Spelunke zu erstellen. Ich hoffe, Sie haben ähnlich gute Pläne!

Quelle: ntv.de

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