Panorama

Neue Explosion erschüttert Tianjin Rettungskräfte bergen weitere Leichen

Bilder wie nach einem Atomangriff: Im Zentrum der Verwüstungen herrscht Chaos.

Bilder wie nach einem Atomangriff: Im Zentrum der Verwüstungen herrscht Chaos.

(Foto: imago/Xinhua)

Im Trümmerfeld von Tianjin lauern unbekannte Gefahren: Inmitten der Bergungsarbeiten ereignet sich eine neuerliche Explosion. Noch immer gelten 70 Menschen als vermisst. Anwohner fürchten giftige Chemikalien. Rufe nach strengen Strafen werden laut.

Fünf Tage nach dem verheerenden Explosionsunglück im Hafen der nordchinesischen Metropole Tianjin ist die Zahl der Toten auf 114 gestiegen. 70 Menschen werden zu Wochenbeginn noch vermisst, wie die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua meldet. Die Zahl sei von zuvor 95 gefallen, da 25 Vermisste unter den Toten identifiziert worden seien. Unter den Opfern sind Dutzende Feuerwehrleute, die vor Ort mit der Bekämpfung eines Großbrands beschäftigt waren, als sich die beiden außergewöhnlich schweren Explosionen in dem Chemielager ereigneten.

Die Bergungsarbeiten kommen wegen der Gefahren in den Trümmern und teils noch schwelender Brände nur langsam voran. Zu Wochenbeginn ereignete sich erneut eine kleinere Explosion, wie das Staatsfernsehen berichtete. Rauch stieg auf. Verletzt wurde dabei offenbar niemand.

An der Unglücksstelle sind Militärangaben zufolge insgesamt mehr als 3000 Helfer im Einsatz. In Krankenhäusern wurden 698 Verletzte behandelt. Darunter sind 57 Schwerverletzte. Die beiden Explosionen vom Mittwochabend vergangener Woche dürfte eine der bislang schwersten Umweltkatastrophen Chinas ausgelöst haben: In einem Hafenlager der Millionenmetropole waren nach einem Großbrand gefährliche Chemikalien explodiert und hatten auf dem Gelände im Distrikt Binhai schwere Zerstörungen angerichtet. Die enorme Druckwelle der Explosionen verursachte in einem kilometerweiten Umkreis noch schwere Schäden.

Der Unglücksort aus der Luft: Neben wassergefüllten Kratern schwelen noch immer giftige Brände.

Der Unglücksort aus der Luft: Neben wassergefüllten Kratern schwelen noch immer giftige Brände.

(Foto: AP)

Unter den Anwohnern geht die Angst vor giftigen Stoffen in Luft und Wasser um. Am Ort der beiden heftigen Explosionen waren offenbar hunderte Tonnen hochgiftiger Chemikalien gelagert. Für die Machthaber in Peking wächst sich die Katastrophe mehr und mehr zur Gefahr für das eigene Ansehen und das Vertrauen der Bevölkerung in die Führungsqualitäten der kommunistischen Partei aus.

Die Partei spricht von "Helden"

Bei einem Besuch am Unglücksort am Sonntagabend erwies Ministerpräsident Li Keqiang höchstpersönlich den getöteten Feuerwehrleuten mit einer Schweigeminute seinen Respekt. Er beschrieb sie als "Helden".

Nach Klagen empörter Familien über die Ungleichbehandlung der frei vom Hafenbetreiber angeworbenen Brandbekämpfer und der offiziellen Feuerwehrleute, die in China zum Militär gehören, betonte der Premier, alle hätte die gleiche Ehre verdient. Auch werde den Angehörigen die gleiche Entschädigung gezahlt. Anfangs waren die vermissten freien Löschkräfte nicht einmal mitgezählt worden, was Proteste auslöste.

Peking fürchtet den Volkszorn

Nach einer teils chaotischen Informationspolitik, die wenig zur Beruhigung der Bevölkerung beigetragen hat, forderte Li Keqiang, die Öffentlichkeit schnell zu unterrichten, damit sie sich ein "klares Bild" von der Lage machen könne, wie es in den parteitreuen Staatsmedien hieß.

Der Premier mahnte, dass die Ursache der Katastrophe eingehend untersucht und die Verantwortlichen streng bestraft werden müssten. Ein Ermittlungsteam des Staatsrates sowie die Generalstaatsanwaltschaft haben Untersuchungen eingeleitet. Landesweit wurden Inspektionen im Umgang mit gefährlichen Chemikalien und Explosivstoffe angeordnet.

Quelle: ntv.de, mmo/dpa

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