Panorama

Nach Großbrand in Karnevals-Werkstätten Rios Samba-Schulen ackern im Akkord

Die Vorbereitungen auf den Karneval in Rio laufen auf Hochtouren.

Die Vorbereitungen auf den Karneval in Rio laufen auf Hochtouren.

(Foto: picture alliance / dpa)

Anfang Februar brennen in Rio de Janeiro die Großlager zweier brasilianischer Samba-Schulen aus. Dutzende Festwagen und Tausende Kostüme werden zerstört. Doch die Karnevalisten lieben die fünfte Jahreszeit so sehr, dass sie Tag und Nacht arbeiten, um dennoch an den Paraden teilzunehmen.

Vor der Mega-Party die Akkordarbeit: In mehreren der großen Karnevals-Werkstätten unter dem Zuckerhut wird in den Tagen vor den Paraden am 6. und am 7. März Tag und Nacht durchgearbeitet. Ein Großbrand hatte Anfang Februar in Rio de Janeiro zahlreiche Festwagen, tausende der farbenprächtigen Kostüme und damit monatelange harte Arbeit vernichtet. Besonders schwer traf es die Samba-Schulen Grande Rio und Uniao da Ilha. Dennoch wollen sie bei den weltberühmten Umzügen dabei sein. Und deswegen werden in aller Eile neue Kostüme genäht und neue Festwagen zusammengebaut.

"Ich schlafe im Schnitt drei Stunden pro Tag", erzählt Teresa, eine Arbeiterin in den Werkstätten von Uniao da Ilha, während sie ein blaues Tuch an einem mit glitzernden schwarzen Katzen dekorierten Wagen festtackert. "Aber nach dem Schock und den Tränen musste ich mich einfach zusammenreißen und wieder von vorn anfangen." Dem Bühnendirektor von Grande Rio, Cae Rodrigues, kommen immer noch die Tränen, wenn er an das Desaster denkt: "Nichts ist übrig geblieben, kein Wagen, kein Kostüm. Wir mussten wieder ganz von vorne anfangen."

Schäden in Millionenhöhe

Ein Feuer zerstört die Werkstätten zweier Samba-Schulen.

Ein Feuer zerstört die Werkstätten zweier Samba-Schulen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Der Großbrand in der "Samba-Stadt", wo die berühmtesten Samba-Schulen ihre Ausrüstung für die Paraden im Stadion Sambódromo herstellen, wurde nach bisherigen Erkenntnissen der Behörden wohl zufällig und nicht mutwillig ausgelöst. Die Schäden gehen in Millionenhöhe - bereits acht Monate lang war in den Werkstätten auf das wegen seiner verschwenderischen Dekorationen, mitreißenden Samba-Rhythmen und frenetisch-tropischen Atmosphäre berühmteste Karnevalsspektakel der Welt hingearbeitet worden.

In der verbliebenen kurzen Zeit die Pracht wieder in ihrem vollen Glanz herzustellen, bleibt bei allem Fleiß ein aussichtloses Unterfangen. 1800 Kostüme seien vernichtet worden, berichtet Kawan, ein anderer Arbeiter in den Hallen von Uniao da Ilha, während er Plastikflügel an einem Bienenkostüm befestigt. Die jetzt auf die Schnelle angefertigten Kostüme seien "offensichtlich etwas einfacher" als die vorherigen.

Parade weniger aufwändig

Cae Rodrigues von Grande Rio sagt, dass seine Schule in den Monaten vor dem Brand umgerechnet mehr als vier Millionen Euro in den Dekor gesteckt habe. Dieses Geld sei großteils von privaten Sponsoren und Behörden gekommen. 3000 Kostüme und acht Wagen müssten neu hergestellt werden - wegen des Mangels an Geld und Zeit würden jetzt einfachere Materialien verwendet. Zerstört worden seien aber auch technische Installationen für "Überraschungseffekte". Der Auftritt von Grande Rio werde notgedrungen nun "weniger aufwändig" ausfallen.

Bei den bevorstehenden Paraden konkurrieren wie jedes Jahr die zwölf besten Samba-Schulen um den Titel des "Siegers des Karnevals". Die Umzüge sind vor allem für die Bewohner der Favelas, der Armenviertel der Metropole, ein Anlass zu höchsten Glücksgefühlen - in den Slums haben die Samba-Schulen ihre Wurzeln, dort wurden auch noch bis vor wenigen Jahren die Dekorationen hergestellt, bevor dann der Hallenkomplex "Samba-Stadt" hochgezogen wurde.

Bewertungskriterien geändert

Und zugleich ist der Wettbewerb der Samba-Schulen von Rio ein Ereignis, das ganz Brasilien mit einer ähnlichen Leidenschaft verfolgt wie eine Fußball-WM. Diesmal aber wird der Wettbewerb etwas anders sein als sonst. Die Organisatoren haben angekündigt, dass sie wegen des Feuers den Gewinner nicht nach den üblichen Kriterien auswählen würden - das gibt den flammengeschädigten Samba-Schulen etwas Hoffnung.

Schon jetzt aber hat das Feuer auch einen positiven Effekt gehabt: Die Solidarität unter den rivalisierenden Samba-Schulen wurde gestärkt. Schulen, die unversehrt davon gekommen waren, griffen den geschädigten unter die Arme. So wurden etwa Fahrgestelle für neue Wagen gespendet oder auch Nähmaschinen. "Diese Tragödie hat uns alle näher zusammengebracht", sagt Jennifer, eine Arbeiterin in den Hallen von Grande Rio.

Quelle: ntv.de, Claire de Oliveira, AFP

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