Panorama

"Wer stört, kriegt eins aufs Maul" Rocker-Fehden eskalieren

Zur Verschleierung ihrer kriminellen Machenschaften gehen Rocker inzwischen häufiger legalen Geschäften nach.

Zur Verschleierung ihrer kriminellen Machenschaften gehen Rocker inzwischen häufiger legalen Geschäften nach.

(Foto: picture alliance / dpa)

Etablierte Rocker sind starker Konkurrenz ausgesetzt: Immer häufiger kommen ihnen rockerähnliche Gruppierungen in die Quere. Verfeindete Clubs liefern sich zunehmend blutige Auseinandersetzungen. Die Politik reagiert mit Vereinsverboten. Doch Herr der Lage sind die Strafverfolger noch nicht.

Der Chef des Landeskriminalamtes Baden-Württemberg, Dieter Schneider, hat vor weiteren blutigen Auseinandersetzungen zwischen Rockergruppierungen in Deutschland gewarnt. Fast alle Bundesländer seien von Rocker-Fehden betroffen. "Zu Machtkämpfen und massivsten Straftaten kommt es vermehrt dann, wenn den etablierten Rockergruppen ... rockerähnliche Gruppierungen in die Quere kommen", sagte Schneider in Stuttgart.

In der vergangenen Zeit seien vermehrt Vereinsverbote ausgesprochen und notwendig geworden. "Die klassischen Rocker wollen sich Einfluss und Macht sichern und die rockerähnlichen Gruppierungen neue Märkte erschließen." Ihre kriminellen Tätigkeiten erstreckten sich von Menschenhandel, Zuhälterei über Waffen- und Rauschgifthandel bis hin zu Schutzgelderpressung. Viele Geschäfte würden über Strohmänner durchgezogen.

Motorrad spielt kaum noch eine Rolle

In Baden-Württemberg speziell hätten die etablierten, sogenannten Outlaw-Motorcycles-Gangs (OMCG) wie die Hells Angels, Outlaws, Bandidos und das MC Gremium im Laufe der Jahre "Konkurrenz" bekommen von sogenannten rockerähnlichen Gruppierungen. Diese heißen Black Jackets, United Tribuns, Red Legions und Black Warriors. "Im Bundesvergleich sind diese neuen gangartigen Gruppen bei uns aber deutlich überrepräsentiert", betont Schneider.

Die neuen Vereinigungen seien ähnlich hierarchisch strukturiert und hätten das gleiche Selbstverständnis wie die schon seit Jahrzehnten etablierten Rocker. "Sie gehen auch nach dem gleichen Motto vor: 'Wir regeln unsere Angelegenheiten unter uns. Wenn uns jemand stört, kriegt er eins aufs Maul'." Der große Unterschied zwischen den beiden sei, dass bei den neuen Gruppen im Vergleich zu den klassischen Rockergruppierungen das Motorrad, wenn überhaupt, nur eine ganz unwesentliche Rolle spiele.

Rocker drängen in die Fleischbranche

Die interne Struktur bei beiden erschwere die Strafverfolgung. "Sie verfolgen ihre Ziele mit Gewalt, tragen Abzeichen, üben sich vielfach in Kampfsportarten und machen keine Aussagen bei der Polizei. Es gilt das Gesetz des Schweigens auf Opfer- und auf Täterseite", erklärte Schneider. Vielfach gingen die Mitglieder zur Verschleierung ihrer kriminellen Machenschaften legalen Geschäften nach.

So drängen zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen immer mehr Rocker in das Fleischgeschäft. Nach Angaben des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK) sollen Mitglieder der Bandidos als Subunternehmer rumänische Arbeiter rekrutiert haben, die zu "Schamlöhnen" in das fleischverarbeitenden Betrieben arbeiten mussten. "Das zeigt uns", so Ulf Küch vom BDK, "dass die Rockerclubs total flexibel sind. Da, wo was zu holen ist, sind sie auf dem Markt."

Weg von Drogen, hin zu Anabolika

Vom Drogengeschäft scheinen sich die einschlägigen Rockerclubs bundesweit allmählich zu verabschieden. Sie erschließen sich eine andere Einnahmequelle, den Anabolikamarkt: "Die Mucki-Buden sind für die Rocker ein sehr einträgliches Geschäft", sagt Kriminaldirektor Küch und konkretisiert: "Wenn man bedenkt, dass eine Einheit einer 'Anabolika-Kur' in der Anschaffung etwa einen Euro kostet, sie aber für 30 Euro verkauft wird, braucht man keine Drogen mehr zu verkaufen."

Küch ist unzufrieden mit dem laschen Vorgehen gegen Rocker in Deutschland. Er fordert, Rockergruppen generell als kriminelle Vereinigung einzustufen, damit man sie verbieten kann. Nach den USA ist Deutschland der größte Rocker-Standort.

Quelle: ntv.de, dpa

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