Spiegelmans preisgekröntes Werk Schule in den USA verbietet Holocaust-Comic
27.01.2022, 15:53 Uhr
Das Comic "Maus" sorgt in den USA für eine Kontroverse.
(Foto: picture alliance / dpa)
Eine Schule in den USA verbietet Art Spiegelmans Comic-Roman "Maus" über das Überleben seiner Eltern im Holocaust. Angeblich wegen Schimpfwörtern. Der Autor wittert etwas anderes hinter der Entscheidung, die inmitten einer Reihe von Kämpfen für Verbote in Schulen durch Konservative geschieht.
Der Comic-Roman "Maus: Die Geschichte eines Überlebenden" aus den 1980er Jahren schildert, wie die Eltern des New Yorker Autors Art Spiegelman Auschwitz während des Holocausts überlebten. Eine Schulbehörde im US-Bundesstaat Tennessee hat den mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichneten Comic nun in den Klassenzimmern verboten. Die Mitglieder des Gremiums stimmten einstimmig für die Streichung der Graphic Novel aus dem Lehrplan der Achtklässler, weil sie Schimpfwörter und eine nackte Abbildung enthält. Die Entscheidung fiel schon am 10. Januar, wurde aber erst jetzt von verschiedenen US-Medien aufgegriffen.
Das Comic Spiegelmans schildert anhand von handgezeichneten Illustrationen von Mäusen und Katzen das Überleben seiner Eltern. In den 80er Jahren war es ´für einige Kritiker ein Tabubruch, dass er Nazis als Katzen und Juden als Mäuse gezeichnet hatte. "Ich mache Comics, also war es für mich die einzig natürliche Sprache, in der ich sprechen konnte", lautete Spiegelmans Begründung - und die Zustimmung überwog schließlich. "Maus" machte den Zeichner weltbekannt. 1992 erhielt er als erster Comic-Autor den Pulitzer-Preis.
Die Pädagogen im Mcminn County scheint all das nicht beeindruckt zu haben. Unter Berufung auf die Verwendung des Ausdrucks "Gott verdammt" und Zeichnungen von "Nacktbildern" von Frauen stimmten zehn von zehn Mitgliedern für das Verbot.
"Dort läuft etwas sehr schief"
Spiegelman sagte in einem Interview mit dem US-TV-Sender CNBC am Mittwoch, er sei "verblüfft" über die Entscheidung. "Es lässt mich mit offenem Mund zurück", sagte der 73-jährige Autor und fügte hinzu, dass er die Schulbehörde für "orwellianisch" halte, weil sie das Verbot genehmigt habe. Spiegelman erfuhr von dem Verbot genau einen Tag vor dem Holocaust-Gedenktag durch einen Tweet. Spiegelman sagte auch, er habe den Verdacht, dass die Mitglieder weniger wegen einiger leichter Schimpfwörter als vielmehr wegen des Themas des Buches motiviert waren.
"Ich habe so viele junge Menschen getroffen, die etwas aus meinem Buch gelernt haben", sagte Spiegelman über "Maus". Das Bild in dem Buch, das den Vorstand zu Einwänden veranlasste, zeigt seine Mutter. "Ich verstehe auch, dass Tennessee offensichtlich dement ist", prangerte der Autor an. "Dort läuft etwas sehr, sehr schief."
Tennessee wurde seit 2000 von jedem republikanischen Präsidentschaftskandidaten gewonnen. Im Jahr 2020 gewann der damalige Präsident Donald Trump McMinn County mit fast 80 Prozent der abgegebenen Stimmen. Das Verbot des Comics findet zu einem Zeitpunkt statt, an dem konservative Gruppen in den USA verstärkt Kampagnen starten, um Bücher aus Schulbibliotheken zu verbannen, die sich oft auf Werke konzentrieren, die sich mit der Geschichte der Sklaverei, Fragen zu Rassismus, LGBTQ-Themen oder marginalisierten Gemeinschaften befassen.
Quelle: ntv.de, dbe