Moskau in dichten Rauch gehüllt Waldbrände weiten sich aus
04.08.2010, 10:05 Uhr
Die Sicht wird durch den Rauch extrem behindert.
(Foto: dpa)
Die Feuer-Katastrophe nimmt kein Ende: Etwa 300 neue schwere Brände vermelden die russischen Behörden. Auch die Hauptstadt Moskau bekommt die Auswirkungen zu spüren. Die Sicht beträgt nur etwa 200 Meter, Menschen klagen zunehmend über Beschwerden.
In Russland breitet sich die schwerste Waldbrandkatastrophe seit Jahrzehnten immer weiter aus. In den vergangenen 24 Stunden seien rund 300 schwere Brände hinzugekommen, sagte der Leiter des nationalen Krisenzentrums, Wladimir Stepanow, nach Angaben der Agentur Interfax. Besonders schlimm sei die Lage in der Region von Nischni Nowgorod, etwa 400 Kilometer östlich von Moskau.
Die Lage bleibe "angespannt und gefährlich", sagte Ministerpräsident Wladimir Putin bei einem Besuch von Feuerwehrleuten. Präsident Dmitri Medwedew brach seinen Urlaub für eine Sondersitzung des Sicherheitsrates ab.
Kritik an Reaktion der Regierung
Auch die Lage um das Atomforschungszentrum Sarow in Nischni Nowgorod sei weiter kritisch, sagte Vizeverteidigungsminister Dmitri Bulgakow. Die Löschtruppen waren dort am Vortag auf mehr als 2000 Mann verstärkt worden. Dennoch habe das Feuer auf das nahe liegende Gelände übergegriffen, berichtete die Zeitung "Komsomolskaja Prawda". Die Lage ist nach offiziellen Angaben aber unter Kontrolle.
Kritiker bemängelten, die Regierung habe zu langsam und zu spät auf die Katastrophe reagiert. So sei unter der Präsidentschaft Putins 2006 der Schutz der riesigen russischen Forste dezentralisiert und für wirtschaftliche Zwecke gelockert worden. Unter anderem seien die 70.000 Waldhüter abgeschafft worden, die sofort jeden Brand gemeldet hätten.
"Bereiten uns auf die schlimmste Entwicklung vor"
Der Rauch der Wald- und Torfbrände hüllte die Hauptstadt Moskau, wo zehn Millionen Menschen leben, in dichten Smog. Im Stadtzentrum betrug die Sichtweite nur etwa 200 Meter. Wie bei dichtem Nebel war der Verkehr wegen der schlechten Sicht auf den Straßen eingeschränkt. In der ganzen Stadt herrscht extremer Brandgeruch. "Wir bereiten uns auf die schlimmste Entwicklung der Ereignisse vor", sagte Zivilschutzminister Sergej Schoigu nach Angaben der Agentur Interfax.
Die Prognose für Moskau deute auf weiter steigende Temperaturen bis 40 Grad Celsius und anhaltende Trockenheit hin. Viele Hauptstädter klagten über schwere allergische Beschwerden, Atemnot, Übelkeit und Kopfschmerzen. Ärzte berichten seit Tagen von einem Anstieg der Notrufe. Auf den Flughäfen der Stadt mit den mehr als zehn Millionen Einwohnern gab es zunächst keine Einschränkungen, wie Interfax meldete.
Ikonen zerstört
Die Zahl der Toten bei den Bränden wurde landesweit mit 48 angegeben. Erstmals gab es auch offizielle Berichte über die Zerstörung wertvoller Kulturschätze. In dem Dorf Jewlaschewo im Gebiet Pensa - etwa 560 Kilometer südöstlich von Moskau - brannte eine Holzkirche der russisch-orthodoxen Kirche nieder. Mit dem Gotteshaus Michail Archengel gingen auch der Altar und Ikonen in Flammen auf.
Auch eine Basis der russischen Armee in der Umgebung von Moskau wurde Opfer der Flammen. Medienberichten zufolge wurden Hunderte Lager zerstört. Auf dem Gelände lagern angeblich 65.000 Tonnen Militärtechnik. Nachdem das Verteidigungsministerium tagelang den Brand dementiert hatte, räumte ein Sprecher nun Schäden ein. Allerdings seien nur einige veraltete Fahrzeuge zerstört worden.
Vögel fallen tot vom Himmel
Auch Vögel leiden unter dem Rauch. Vor allem Exoten wie Papageien und Kakadus würden derzeit in großer Zahl sterben, schrieb die Zeitung "Moskowski Komsomolez" unter Berufung auf Tierärzte. Auch sonst fielen in der Stadt viele Vögel einfach tot vom Himmel, schrieb das Blatt. Gründe seien der Sauerstoffmangel in der Luft und der hohe Gehalt an giftigen Schadstoffen.
Das Verteidigungsministerium stockte die Zahl der helfenden Soldaten massiv auf 10.000 Mann auf. Die Soldaten seien mit schwerer Technik im Einsatz, um etwa Brandschneisen anzulegen und Wasserleitungen zu bauen. Am Vortag hatte Moskau angekündigt, auch Hilfe aus dem anzunehmen, um die Brände unter Kontrolle zu bringen.
Quelle: ntv.de, dpa