Panorama

Wer ist schuld am Loveparade-Unglück? Staatsanwaltschaft klagt zehn Personen an

Oberstaatsanwalt Horst Bien sieht die Schuld bei zehn Personen, die an der Planung der Loveparade beteiligt waren.

Oberstaatsanwalt Horst Bien sieht die Schuld bei zehn Personen, die an der Planung der Loveparade beteiligt waren.

(Foto: dpa)

Die Hinterbliebenen der Opfer erhoffen sich Gewissheit: Wie konnte es zu der Katastrophe bei der Loveparade kommen? Ein Prozess soll ihre Fragen klären. Die Staatsanwaltschaft stellt nun sechs Mitarbeiter der Stadt und vier Vertreter des Veranstalters vor Gericht.

Die Staatsanwaltschaft Duisburg will nach der Loveparade-Katastrophe zehn mutmaßlich Verantwortliche vor Gericht stellen. Sie wirft ihnen unter anderem fahrlässige Tötung und fahrlässige Körperverletzung vor, wie Behördenleiter Horst Bien sagte. Zu den Angeklagten zählen auf Seiten des Veranstalters Lopavent vier Mitarbeiter, auf Seiten der Stadt Duisburg sechs Mitarbeiter. In dem jetzt abgeschlossenen Verfahren war einst gegen 16 Beschuldigte ermittelt worden.

Bei der Loveparade vor mehr als dreieinhalb Jahren war eine Massenpanik ausgebrochen, bei der 19 junge Menschen erdrückt oder zu Tode getrampelt wurden. Zwei weitere starben später im Krankenhaus. Mehr als 500 wurden verletzt.

Den Ermittlungen zufolge waren die Zu- und Abgänge zum Loveparade-Gelände für solche Menschenmengen ungeeignet. Die Planer der Veranstalter hätten erkennen müssen, dass das Sicherheitssystem versagen und lebensgefährliche Situationen entstehen würden, sagte der Staatsanwalt.

"Wir brauchen endlich diesen Prozess"

Nicht angeklagt werden der Geschäftsführer der Veranstalterfirma Lopavent Rainer Schaller sowie der damalige Duisburger Oberbürgermeister Adolf Sauerland. Sauerland überlebte die Affäre politisch nicht: Eine Bürgerinitiative setzte eineinhalb Jahre nach der Tragödie seine Abwahl durch.

Der Anwalt Julius Reiter hatte mit Blick auf die Anklage-Erhebung gesagt, er spüre "Erleichterung, dass die Hängepartie beendet ist". Reiters Kanzlei vertritt nach eigenen Angaben 100 Loveparade-Geschädigte. Manfred Reißaus, der bei dem Unglück seine Tochter verloren hat, betonte: "Wir brauchen endlich diesen Prozess, um am normalen Leben wieder teilzunehmen."

Der Kriminologe der Bochumer Ruhr-Universität und Anwalt des Vaters einer getöteten Studentin, Thomas Feltes, verwies auf die Grenzen eines Strafprozesses. Die strafrechtliche Zurechnung individueller Schuld halte er für schwierig, sagte er. Er habe aber die Hoffnung, dass mit der Vernehmung vieler Zeugen eine möglichst breite Aufklärung erreicht werden könne.

Die nordrhein-westfälische Landesregierung hat sich zunächst nicht zu der Anklage-Erhebung geäußert. Der für die Polizei zuständige Innenminister Ralf Jäger hatte sich nach der Loveparade-Katastrophe schützend vor seine Beamten gestellt.

Quelle: ntv.de, jog/dpa

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