Nach rechtem Treffen in Potsdam Stadt Köln hätte Simone Baum nicht rausschmeißen dürfen
03.07.2024, 13:45 Uhr Artikel anhören
Die 64-jährige Baum zog vor Gericht, nachdem sie die außerordentliche Kündigung erhalten hatte.
(Foto: picture alliance/dpa)
Als radikale Rechte im vergangenen Winter über die "Remigration" von Millionen Menschen sprechen, ist auch eine Angestellte der Stadt Köln mit dabei. Ihr Arbeitgeber quittiert dies prompt mit der Kündigung. Nun stellt sich heraus: Die Reaktion ging zu weit.
Allein die Teilnahme an dem Potsdamer Treffen über "Remigration" rechtfertigt nach einem Gerichtsurteil noch keine außerordentliche Kündigung. Die von der Stadt Köln ausgesprochene Kündigung gegen Simone Baum, eine der Teilnehmerinnen des Treffens, sei unwirksam, entschied das Arbeitsgericht Köln laut einer Mitteilung. Gegen das Urteil kann Berufung beim Landesarbeitsgericht Köln eingelegt werden.
Die 64-Jährige ist seit dem Jahr 2000 bei der Stadt Köln beschäftigt und war zuletzt zentrale Ansprechpartnerin für das Beschwerdeamt im Umwelt- und Verbraucherschutzamt. Am 25. November vergangenen Jahres hatte sie an dem Treffen in Potsdam teilgenommen, woraufhin die Stadt mehrere außerordentliche Kündigungen ausgesprochen hatte. Die Stadt begründete das damit, dass Baum durch die Teilnahme an dem Treffen mit mutmaßlich rechtsextremen Teilnehmern und der Diskussion von Remigrationsplänen gegen ihre Loyalitätspflicht ihrem Arbeitgeber gegenüber verstoßen habe.
Das Arbeitsgericht entschied jedoch, dass allein die Teilnahme noch keine außerordentliche Kündigung rechtfertige. Aus der Teilnahme lasse sich noch nicht ableiten, dass sich Baum "in innerer Übereinstimmung mit dem Inhalt der Beiträge befunden" habe. Ein Eintreten für verfassungsfeindliche Ziele etwa durch Wortbeiträge ihrerseits sei ihr nicht vorgeworfen worden.
Das Gericht sah bei Baum außerdem nur eine sogenannte einfache und keine gesteigerte politische Treuepflicht. Das Maß an Loyalität und Treue zum öffentlichen Arbeitgeber sei von der Stellung und dem Aufgabenkreis des jeweiligen Arbeitnehmers abhängig. Danach schuldet ein Arbeitnehmer lediglich ein solches Maß an Loyalität, "das für die funktionsgerechte Verrichtung seiner Tätigkeit unabdingbar" sei. Diese einfache Treuepflicht werde erst durch ein Verhalten verletzt, das darauf ausgerichtet sei, verfassungsfeindliche Ziele aktiv zu fördern oder zu verwirklichen.
Die Stadt Köln hat noch nicht entschieden, ob sie gegen das Urteil in Berufung gehen wird. "Sobald das mit den Urteilsgründen versehene Urteil zugestellt wird, wird es insbesondere im Hinblick auf die Erfolgsaussichten eines Berufungsverfahrens geprüft", teilte eine Sprecherin mit. Ein Vergleich zwischen den beiden Parteien war zuvor nicht zustande gekommen.
Hetzende Lehrerin durfte aus Dienst entfernt werden
Derweil ging der Fall einer Beamtin aus Rheinland-Pfalz anders aus. Die ehemalige Lehrerin wurde zu Recht aus dem Dienst entfernt, nachdem sie öffentlich gegen Migranten gehetzt und das Grundgesetz infrage gestellt hatte, urteilte nun das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Koblenz. Damit bestätigte das OVG die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Trier. Die Beamtin habe gegen die Pflicht, sich zur freiheitlich demokratischen Grundordnung im Sinn des Grundgesetzes zu bekennen, verletzt.
Die Beamtin habe bei mehreren Demonstrationen 2018 und 2019 und durch Likes im Internet gegen ihre Verfassungspflicht verstoßen. So soll sie bei einer Kundgebung unter anderem gesagt haben, auch in Deutschland werde eingesperrt, wer die falschen kritischen Fragen stelle. Dies bewege sich nicht mehr im Rahmen einer polemisch überspitzten Kritik an der Regierungsarbeit, sondern stelle das Grundgesetz grundsätzlich zur Disposition, urteilte das OVG.
Like für Tötung unliebsamer Menschengruppen
Bei einer laut Verfassungsschutz von Rechtsextremen organisierten Demonstration in Berlin soll sie sich unter ausdrücklichem Hinweis auf ihre Beamtenstellung gegen die aktuelle Migrationspolitik gewandt und Polizeibeamte zum Ungehorsam aufgerufen haben, was eine aktive Betätigung gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung sei. In einem anderen Fall soll sie einen Internetbeitrag geliked haben, in dem unter anderem die Tötung unliebsamer Menschengruppen als opportunes Mittel beschrieben wird, sich derer zu entledigen.
Die Verstöße der Lehrerin sind nach Überzeugung des OVG auch "Ausdruck der Persönlichkeit der Beamtin". Auch nach ihrer persönlichen Einlassung vor Gericht bestehe kein Zweifel daran, dass die Verstöße von innerer Ablehnung des Verfassungsstaats getragen seien. Die Beamtin hetze unaufhörlich mit drastischer Diktion gegen Politiker, den Staat, seine Organe, die Europäische Union, deren Organe und gegen Migranten.
Quelle: ntv.de, spl/dpa/AFP