Panorama

Notfallseelsorge in Düsseldorf "Worte sind manchmal fehl am Platz"

In der Abflughalle des Düsseldorfer Flughafens.

In der Abflughalle des Düsseldorfer Flughafens.

(Foto: picture alliance / dpa)

Pfarrer Detlev Toonen ist Seelsorger auf dem Düsseldorfer Flughafen, er betreut dort auch Angehörige der Germanwings-Katastrophe. "Der beste Trost ist, einfach dabei zu sein", sagt er.

n-tv.de: Sie betreuen Angehörige von Opfern der Flugzeugkatastrophe auf dem Flughafen Düsseldorf. Wie reagieren Menschen, die eine so schreckliche Nachricht erhalten haben?

Pfarrer Detlev Toonen ist Seelsorger am Flughafen Düsseldorf.

Pfarrer Detlev Toonen ist Seelsorger am Flughafen Düsseldorf.

(Foto: evdus.de)

Detlev Toonen: Schockiert, in sich zurückgezogen, teilweise auch impulsiv, sehr emotional. Es kommt vor, dass Menschen heftig weinen, dass sie sogar schreien. Menschen reagieren sehr unterschiedlich.

Betreuen Sie auch heute noch Angehörige?

Ja, wir betreuen noch Angehörige. Einige waren bereits gestern hier, andere sind erst heute zum Flughafen gekommen.

Wie viele sind es?

Gestern waren weit über 50 Angehörige hier. Heute ist es etwa ein Drittel.

Sie betreuen diese Menschen sicher nicht alleine.

Nein, wir waren gestern 15 und mehr Notfallseelsorgende. Dazu kamen noch die sogenannten SAT-Teams, die Special Assistance Teams der Lufthansa und von Germanwings.

Was sagen Sie einem Menschen, der gerade einen Angehörigen verloren hat?

Der beste Trost ist, einfach dabei zu sein und den Menschen das Gefühl zu geben, dass sie nicht alleine sind. Worte sind manchmal fehl am Platz. Es ist wichtig, für die Menschen da zu sein.

Ist es schwer, das Vertrauen von Trauernden zu bekommen?

Das ist von einem zum anderen sehr unterschiedlich. Es kann sein, dass Menschen gleich anfangen und viel erzählen, andere schweigen, weinen in sich hinein.

Wie verkraften Sie es, mit so viel Trauer konfrontiert zu werden?

Auch die Helfer brauchen Hilfe. Nach einem solchen Einsatz muss man sich Hilfe holen, psychologische Hilfe. So ist das auch bei mir.

Sie sind Pfarrer. Spielt Religion für die Trauernden eine Rolle?

Es kommt vor, dass jemand einen Satz sagt wie: "Was habe ich getan, dass ich so gestraft werde?" Dann kommt man ins Gespräch über Religion, über Glauben.

Was sagen Sie dann?

Ich bin auch nicht allwissend, ich habe keine Patentrezepte und keine endgültigen Antworten. Ich fühle meine Ohnmacht und Hilflosigkeit genauso, wie diese Menschen sie empfinden. Ich kann keine Vertröstungen bieten. Möchte ich auch nicht. Nur Verständnis. Verstehen, da sein und sagen, wie ich meinen Glauben verstehe. Ich kann den Leuten nicht sagen, was falsch oder richtig ist.

Glauben Sie, dass Hinterbliebene ein gewisses Maß an Trost daraus ziehen, dass das ganze Land Mitgefühl zeigt - dass die Bundeskanzlerin nach Frankreich fährt, die Fahnen auf halbmast stehen und die Medien breit berichten?

Ich glaube, vielfach bekommen Menschen das gar nicht mit. Manchmal sagt mir der eine oder die andere, dass es schön sei, zu sehen, dass Menschen an die Trauernden denken.

Mit Detlev Toonen sprach Hubertus Volmer

Quelle: ntv.de

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