Neue Systeme für Passagierjets Experten fordern Peilsenderpflicht
31.01.2015, 07:52 Uhr
Lehren aus dem Fall MH370: Wochenlang suchten Helfer in den falschen Seeregionen. Ab 2021 soll der Einbau von zusätzlichen Flugdatenschreibern verpflichtend sein.
(Foto: REUTERS)
Flug MH370 erreicht Montreal: Auf der ICAO-Tagung dort steht der Unglücksflug ganz oben auf der Tagesordnung. Zur Debatte stehen neue technische Vorgaben, die das spurlose Verschwinden von Verkehrsflugzeugen künftig verhindern sollen.
Das mysteriöse Verschwinden der Malaysia-Airlines-Maschine MH370 vor knapp einem Jahr könnte den weltweiten Flugverkehr grundlegend verändern: Die Internationale Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) bereitet verbindliche Vorgaben vor, um derartige Vorfälle künftig mit Hilfe zusätzlicher technischer Vorkehrungen zu verhindern.
Aus diplomatischen Kreisen verlautete, ein Aktionsplan der ICAO sehe vor, dass Flugzeuge bereits ab Ende des laufenden Jahres so ausgestattet sein sollen, dass sie im Notfall oder bei anderen außergewöhnlichen Vorkommnissen minütlich ein Signal absetzen. Dadurch sollen sie beispielsweise nach einem Absturz ins Meer leichter zu orten sein. Bislang senden Passagierjets in der Regel nur ein passives Transpondersignal. Die neuen Systeme sollen dagegen offenbar unabhängig von Radarstationen am Boden funktionieren.
Das Vorhaben werde den 191 ICAO-Mitgliedstaaten bei einer Luftfahrtsicherheitskonferenz vorgelegt, hieß es, die von kommenden Montag an bis Donnerstag im kanadischen Montreal stattfindet. Die Mitgliedstaaten sollen dann den Angaben zufolge drei Monate Zeit bekommen, um Anmerkungen zu dem Vorhaben abzugeben. Ein endgültiger Entwurf werde ihnen vor Jahresende zur Abstimmung vorgelegt.
Peilsender an Bord
Bei normalen Flügen sollen die Passagiermaschinen den bislang vorliegenden Angaben zufolge alle 15 Minuten ein Ortungssignal absetzen. In außergewöhnlichen Situationen, etwa bei einer unvorhergesehenen Abweichung von der Flugroute, sowie in Notfällen wie eine bedeutende Veränderung der Flughöhe oder eine außergewöhnlich hohe Geschwindigkeit soll das Signal minütlich ausgesandt werden.
Ist das gesuchte Flugzeug mit den neuen Sendern ausgestattet, lasse sich die Maschine bis auf gut elf Kilometer genau orten, hieß es. Offenbar handelt es sich bei der geforderten Zusatzausstattung also nicht um GPS-Systeme, die rund um den Erdball eine sehr viel genauere Ortung erlauben. Die vergleichsweise grobe Ortung deutet vielmehr auf peilfunkbasierte Systeme hin. Dadurch ließen sich Rettungs- und Bergungseinsätze deutlich vereinfachen.
Extra-Flugschreiber im Leitwerk
Die Signale sollen den Angaben zufolge im Einsatzzentrum der jeweiligen Fluggesellschaft ausgewertet werden. Bei einem Notfall müsse die jeweils zuständige Flugaufsicht des betreffenden Luftraums verständigt werden. Die ICAO wird demnach den Flugzeugbauern überdies empfehlen, ihre Maschinen mit zusätzlichen Flugschreibern auszurüsten.
Sie sollen anders als die herkömmlichen Blackboxes nicht im Cockpit, sondern im Leitwerk platziert und im Falle eines Absturzes herausgeschleudert werden. Wenn sich das Unglück über dem Meer ereignet, könnten diese auf der Wasseroberfläche treibenden Stimmen- und Flugdatenrecorder, so die Annahme, schnell gefunden werden.
Einbau soll Pflicht werden
Für Flugzeughersteller und Fluggesellschaften sind offenbar großzügige Übergangsphasen vorgesehen. Erst ab 2021 soll der Einbau der neuen Sicherheitssysteme Pflicht sein. Eine sofortiger Umsetzung wäre dagegen insbesondere für die Betreiber der Maschinen mit erheblichen Kosten und Ausfallzeiten verbunden.
Auslöser der Debatte um zusätzliche Sicherheitseinrichtungen an Bord von Passagierflugzeugen war ein Vorfall aus dem vergangenen Frühjahr: Am 8. März 2014 war eine Boeing 777 von Malaysia Airlines auf dem Weg von Kuala Lumpur nach Peking mit 239 Menschen an Bord von den Radarschirmen verschwunden. Von ihr fehlt bis heute jede Spur.
Kurz vor dem Jahreswechsel brach zudem der Kontakt zu einem Airbus A320 der Fluggesellschaft Air Asia ab. Nach dem Verschwinden der Maschine mit 162 Menschen an Bord waren Befürchtungen aufgekommen, auch dieses Flugzeug könne unauffindbar verschollen sein. Erst nach Tagen entdecken Hilskräfte Hinweise auf den Verbleib des Unglücksflugzeugs. Die Bergung dauert noch an, die Auswertung der Flugdatenschreiber läuft.
Quelle: ntv.de, lda/AFP