Panorama

Zehn Jahre Inferno von Kaprun Opfer und Angehörige finden keine Ruhe

Für 155 Menschen wurde die Gletscherbahn in Kaprun zur tödlichen Falle und noch immer hoffen Überlebende und Angehörige, dass die Wahrheit über das Unglück ans Licht kommt. Denn auch zehn Jahre danach ist nicht geklärt, wer für die Katastrophe verantwortlich ist.

Bergungsarbeiter inspizieren die Überreste der verbrannten Tunnel-Gletscherbahn am Kitzsteinhorn bei Kaprun.

Bergungsarbeiter inspizieren die Überreste der verbrannten Tunnel-Gletscherbahn am Kitzsteinhorn bei Kaprun.

(Foto: dpa)

Zehn Jahre ist es her, als sich am 11. November 2000 eine Gletscherbahn im österreichischen Kaprun auf den Weg zum Kitzsteinhorn machte. Kurz nach dem Start brach ein Feuer im letzten Wagen aus, das sich schnell ausbreitete und eine Sicherheitsbremse auslöste. Mitten im Tunnel stoppte die Bahn, deren Türen sich von innen nicht öffnen ließen. Der Zug wurde zur tödlichen Feuerfalle für 155 Menschen, darunter 92 Österreicher und 37 Deutsche. Im kollektiven Gedächtnis Österreichs ist das Unglück verankert als schlimmster Brand der Nachkriegsgeschichte. Viele Opferangehörige und die wenigen Überlebenden finden bis heute keine Ruhe - denn wer die Verantwortung für die Katastrophe hat, wurde nie geklärt.

Im Zusammenhang mit dem Unglück waren 16 Mitarbeiter der Seilbahn und Verantwortliche von Baufirmen und Behörden angeklagt, im Jahr 2004 aber freigesprochen worden. 2005 bestätigte ein Linzer Gericht den Freispruch. Nach den Erkenntnissen der Richter wurde das Unglück durch einen überhitzten Heißluftofen ausgelöst. Als Öl aus dem Bremssystem austrat, entzündete sich Feuer. Soweit die unstrittigen Fakten - doch viele Opferangehörige und Überlebende fordern, dass die Schuldigen für die Katastrophe benannt werden. Und dabei hat nach ihrer Ansicht die österreichische Justiz versagt.

"Der Unfall war vermeidbar"

"Die Opfer suchen nach Gerechtigkeit, nach der Übernahme von Verantwortung in Österreich", sagt etwa Bernd Geier, Sohn eines der zwölf Überlebenden der Tragödie. Und für den deutschen Gutachter Hans-Joachim Keim steht fest: "Der Unfall war voraussehbar und vermeidbar. (...) Der Heizlüfter durfte auf keinen Fall im Fahrzeug eingebaut werden."

Am Salzburger Flughafen sind am 18.11.2000 die Särge der 155 Opfer des Seilbahnunglücks aufgebahrt.

Am Salzburger Flughafen sind am 18.11.2000 die Särge der 155 Opfer des Seilbahnunglücks aufgebahrt.

(Foto: dpa)

Seit März 2010 ist die Katastrophe in Österreich strafrechtlich verjährt, ein Zivilverfahren japanischer Opfer läuft derzeit in Berufung. Doch der Wiener Anwalt Gerhard Podovsovnik, der rund 60 Opferangehörige vertritt, kämpft an mehreren Fronten um ein Wiederaufrollen des Falls. In Deutschland hat er etliche Klagen eingereicht, unter anderem gegen die vier Hauptgutachter des Kaprun-Prozesses. Die Expertenkommission sei befangen gewesen. "Ich glaube nicht an so viele Zufälle."

Verfahren in Österreich waren "nicht fair"

Zudem will Podovsovnik die EU-Kommission anrufen. Diese soll gegen Österreich vorgehen, unter anderem weil Sicherheitsvorschriften nicht umgesetzt worden seien. Vor dem Europäischen Menschenrechtsgerichtshof will der Anwalt beweisen, "dass die Verfahren in Österreich nicht fair waren". Es sei Druck ausgeübt worden, Beweismittel seien vernichtet worden.

Auch beim Obersten Gericht der USA will Podovsovnik Rechtsmittel einlegen - acht Tote kamen aus den Vereinigten Staaten. Sollte er dabei Erfolg haben, könnten seine Mandanten auf deutlich höhere Entschädigungszahlungen hoffen. Bislang erhielten die Opfer vom österreichischen Staat und den Versicherungen insgesamt knapp 25 Millionen Euro.

Hoffen auf die Wahrheit

Manche Angehörige von Opfern der Katastrophe befremdet solcher Eifer auch. Sie glauben, dass die Vielzahl von Klagen und Einlassungen die Verhandlungen über Entschädigungen behindert haben. Die Deutsche Barbara Mayerhofer, deren Mann und Tochter in dem Inferno starben, hofft vor allem, dass "die Wahrheit" ans Tageslicht kommt.

Quelle: ntv.de, Luc Andre, AFP

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen