Starke Indizien für Giftmordtheorie Arafat war durch Polonium vergiftet
07.11.2013, 15:10 Uhr
Jassir Arafat ist neun Jahre nach seinem Tod immer noch eine Ikone der palästinensischen Freiheitsbewegung.
(Foto: REUTERS)
Die Hinweise sind überdeutlich, doch aus forensischer Sicht kann ein Giftmord an Palästinenserpräsident Arafat nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden. Das Ergebnis eröffnet damit Raum für weitere Verschwörungstheorien und Dementis.
Palästinenserführer Arafat wurde nach Aussage von Schweizer Experten im Jahr 2004 mit Polonium 210 vergiftet. Nicht mit letzter Sicherheit habe sich jedoch noch feststellen lassen, dass er daran auch gestorben sei, sagte François Bochud, Chef der Strahlenphysik am Institut für Radiophysik der Uni-Klinik von Lausanne. Die genauen Todesumstände von Jassir Arafat bleiben damit auch neun Jahre nach dessen Ableben weiter unklar.
Erwiesen sei, dass Arafat eine abnormal hohe Dosis des radioaktiven Stoffes im Körper gehabt habe, sagte Bochud. "Können wir Polonium als Todesursache ausschließen? Die Antwort ist definitiv 'Nein'. War es die sichere Todesursache? Die Antwort ist leider 'Nein'." Bislang gibt es auch keine Erklärung dafür, wie das Polonium zu Arafat kam.
Schwierige Analyse nach Exhumierung
Bereits unmittelbar nach seinem Tod am 11. November 2004 in einem französischen Militärkrankenhaus hatte es in den Palästinensergebieten erste Spekulationen gegeben, der damals 75-Jährige sei Opfer eines Giftanschlages geworden. Im Juli 2012 erstattete Arafats Witwe Suha in Frankreich dann Anzeige gegen unbekannt wegen der Ermordung ihres Mannes. Sie stimmte einer Exhumierung des Leichnams im November 2012 zu.
Die Mediziner untersuchten danach Proben von Beckenknochen und Rippen sowie Kleidung Arafats. Für Gewissheit würden noch viel mehr Informationen gebraucht, sagte Bochud. Die Analysen seien besonders schwierig gewesen, da acht Jahre zwischen dem Tod Arafats und dem Beginn der Untersuchungen nach der Exhumierung Arafats im vergangenen November gelegen hätten.
"Verbrechen des Jahrhunderts"
Der arabische Sender Al-Dschasira hatte zuvor einen 108 Seiten langen Bericht der Schweizer Exp erten veröffentlicht, den nun auch das Institut ins Netz stellen will. Arafats Witwe war mit den Worten zitiert worden, damit sei klar, dass ihr Mann einem Giftmord zum Opfer gefallen sei. Sie sprach laut Al-Dschasira von einem "Verbrechen des Jahrhunderts". Die palästinensische Autonomiebehörde in Ramallah kündigte für diesen Freitag eine Stellungnahme an.
Gutachten widersprechen sich
In Gewebeproben Arafats hatten die Schweizer Experten eine 18 Mal so hohe Konzentration von Polonium 210 gefunden wie normal. Diese "signifikant" hohe Dosis, wurde an der Weste des Toten gefunden. "Darüber waren wir überrascht", sagte Bochud. Auch die hohe Menge an Blei in den Proben komme ihnen sehr verdächtig vor. Das Institut habe von Anfang an gezielt nach Polonium gesucht. Mit dieser radioaktiven Substanz war auch der frühere KGB-Agent Alexander Litwinenko 2006 in London vergiftet worden.
Dagegen hatten russische Experten Mitte Oktober erklärt, sie hätten keine Hinweise auf eine Poloniumvergiftung bei Arafat finden können. Ein französisches Gutachten steht noch aus.
Israelis dementieren Mordbeteiligung
Der israelische Außenamtssprecher Jigal Palmor wies die Giftmord-Theorie als unseriös zurück. "Diese Theorie hat mehr Löcher als ein Schweizer Käse", sagte Palmor. Im übrigen habe Israel nichts mit dem Tod Arafats zu tun.
Auch Vertraute des früheren Ministerpräsidenten Ariel Scharon wiesen eine Verantwortung Israels zurück. "Nach meinem besten Wissen gab es während meiner Zeit im Büro des Regierungschefs keinerlei Absicht, Arafat zu vergiften oder ihm Schaden zuzufügen", sagte Scharons ehemaliger Kanzleichef Dov Weissglass der Nachrichtenseite "ynet". Scharons früherer Berater Raanan Gissin sagte: "Es ist immer am leichtesten, Israel zu beschuldigen." Er sprach von einem möglichen innerpalästinensischen Machtkampf als Hintergrund für Arafats Tod.
Quelle: ntv.de, nsc/dpa