Bürgerkrieg in Syrien Schwere Gefechte in Aleppo
28.07.2012, 13:11 Uhr
Aleppo soll abermals Schauplatz schwerer Gefechte sein. Dieses Foto ist aus einem Privat-Video aufgenommen am 23. Juli 2012.
(Foto: AP)
Es droht ein gewaltiges Blutbad: Syriens Präsident Assad macht seine Drohungen wahr und startet eine Großoffensive auf die Millionenstadt Aleppo. Seine Armee greift am Boden und aus der Luft an. Beobachter sprechen von den bisher schwersten Kämpfen seit dem Ausbruch der Revolte im März 2011. Die USA befürchten ein Massaker.

Der Ausschnitt aus einem Video von Ugarit News zeigt eine zerstörte Häuserfront in Aleppo.
(Foto: dpa)
Die seit Tagen erwartete Offensive der syrischen Regierungstruppen gegen die nördliche Handelsmetropole Aleppo hat begonnen. Unterstützt von Flugzeugen, Helikoptern und schwerer Artillerie rückten im Morgengrauen Panzer und Soldaten gegen die Stellungen der aufständischen Freien Syrischen Armee (FSA) vor. Die Syrischen Menschenrechtsbeobachter in London berichteten von schweren Kämpfen im südwestlichen Außenbezirk Salaheddin, einer FSA-Hochburg.
"Sie setzen alle Arten von Waffen ein, aber unseren Rebellen gelang es, Vorstöße der Regimetruppen gegen Salaheddin und Al-Hamdanija abzuwehren", sagte der FSA-Kommandeur Abu Omar al-Halebi am Telefon. Die Aufständischen hätten dabei auch fünf Panzer der Angreifer zerstört, fügte er hinzu. Die Informationen lassen sich von unabhängiger Seite nicht überprüfen, weil die Medien in Syrien nur sehr eingeschränkt arbeiten können.
Gefechte wurden auch aus anderen, von der FSA beherrschten Stadtteilen gemeldet. Aus Al-Sukkari flohen die Bewohner nach dem Einschlag von Artilleriegranaten. In der Weltkulturerbe-Stadt droht ein Häuserkampf. "Die Rebellen haben sich in den engen Gassen positioniert, was die Kämpfe erschwert", sagte ein Vertreter der syrischen Sicherheitsbehörden. "Tausende Menschen fliehen vor dem Bombardement durch die Straßen. Sie werden von Helikoptern terrorisiert, die in niedriger Höhe fliegen", berichtete ein Aktivist namens Amer.
Beobachter zählen dutzende Tote
Nach den Angaben der Syrischen Menschenrechtsbeobachter wurden in den ersten Stunden der Konfrontation mindestens sieben FSA-Kämpfer, elf Regierungssoldaten und eine nicht näher bekannte Zahl von Zivilisten getötet. Die Beobachter, die ihre Informationen von zahllosen Aktivisten vor Ort erhalten, sprachen von den bisher schwersten Kämpfe seit dem Ausbruch der Revolte gegen das Regime von Präsident Baschar al-Assad im März 2011.
FSA-Kommandos waren vor etwas mehr als einer Woche erstmals in Aleppo eingerückt. Die Millionenstadt und Geschäftsmetropole ist nur 50 Kilometer von der türkischen Grenze entfernt. Die Aufständischen hatten mehrere Stadtbezirke unter ihre Kontrolle gebracht.
Wegen der strategischen Bedeutung der Großstadt liegt dem Regime in Damaskus viel daran, die Rebellen von dort zu vertreiben. In den vergangenen Tagen hatte es Tausende Soldaten aus anderen Landesteilen zusammengezogen und vor Aleppo in Stellung gebracht. Aber auch die FSA verstärkte sich mit zusätzlichen Kämpfern, vor allem aus der Nachbarprovinz Idlib.
Vorentscheidende Schlacht?
Die Gefechte um die 2,5 Millionen Einwohner zählende Stadt im Nordwesten Syriens werden von der Führung um Präsident Baschar al-Assad als womöglich vorentscheidend betrachtet. Regierungstreue Medien sprachen von der "Mutter aller Schlachten". Die Zeitung al-Watan schrieb: "Aleppo wird die letzte Schlacht der syrischen Armee sein, um die Terroristen zu schlagen."
Weltweit forderten Politiker ein sofortiges Ende der Offensive, weil sie große Verluste unter Zivilisten befürchten. "Ich bin tief besorgt über die eskalierende Gewalt in Aleppo", erklärte UN-Generalsekretär Ban. Er forderte von beiden Seiten eine Einstellung der Kämpfe. Der britische Premierminister David Cameron sagte, es gäbe "die begründete Sorge, dass das syrische Regime dabei ist, entsetzliche Taten in und um Aleppo zu begehen".
Auch die russische Regierung, die sich im UN-Sicherheitsrat bislang einer Sanktionsdrohung gegen die Assad-Regierung verweigerte, warnte vor einer "Tragödie". Außenminister Sergej Lawrow sagte, die russische Regierung versuche, die syrische Führung davon zu überzeugen, den Aufständischen ein Entgegenkommen zu signalisieren. Wenn allerdings die Aufständischen Städte wie Aleppo besetzten, sei es nicht realistisch, dass Damaskus dies hinnehme.
Assad lässt die im März 2011 begonnene Revolte gegen seine Regierung blutig niederschlagen.Nach Schätzungen der Opposition wurden insgesamt mindestens 18.000 Menschen getötet, allein am Freitag soll es 160 Tote gegeben haben.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP/rts