Redeschlacht im Londoner Justizpalast Assange wehrt sich
08.02.2011, 16:18 UhrUm die Auslieferung von Wikileaks-Gründer Assange an Schweden ist eine Justizschlacht entbrannt. Beide Seiten fahren schwere Geschütze auf. Assange wirft den schwedischen Juristinnen ein gestörtes Verhältnis zu Männern vor. Die Schweden kontern, Assange sei regelrecht geflohen. Eine Entscheidung über die Auslieferung steht aber aus.
Wikileaks-Gründer Julian Assange hat im Kampf gegen seine Auslieferung von Großbritannien nach Schweden der schwedischen Justiz Parteilichkeit vorgeworfen. Aber auch die Gegenseite legte nach. Assange sei im Sommer vergangenen Jahres nach Bekanntwerden der Vergewaltigungsvorwürfe gegen ihn förmlich aus Schweden geflohen, er sei nicht einmal von seinem Anwalt zu erreichen gewesen.
"Bei Herrn Assange besteht ganz offensichtlich Fluchtgefahr und es kann nicht als Überreaktion betrachtet werden, ihn festzusetzen", sagte Clare Montgomery, die als britische Staatsanwältin die Interessen der schwedischen Justiz in dem Auslieferungsverfahren vertritt. Ein , sagte: "Ich hätte ihn festgenommen, als er in Schweden war." Da Assange aber inzwischen nach Großbritannien gereist war, hätte statt eines EU-weiten Haftbefehls zunächst ein Verhör etwa per Videoschaltung versucht werden sollen.
Der 39-Jährige könne auch jetzt genauso gut per Videoschaltung in Großbritannien verhört werden, sagte Alhem. Er verstehe nicht, "warum das nicht gehen soll", sofern die britischen Behörden dies erlaubten, sagte Alhem. Der schwedische Jurist, der als Zeuge für Assange auftrat, kritisierte zudem, dass Assange in dem Fall klar identifiziert worden sei, obwohl das bei Vergewaltigungsprozessen in Schweden normalerweise nicht üblich sei.
Vergewaltigungsvorwurf
Die Göteborger Staatsanwältin Marianne Ny wirft Assange vor, im August in Stockholm zwei Frauen sexuell belästigt und eine von ihnen vergewaltigt zu haben. Dabei geht es konkret um die Frage, ob Assange gegen den Willen der Frauen und mit Gewalt durchgesetzt hat, dass der grundsätzlich einvernehmliche Sex ungeschützt erfolgte. Das Assange-Lager wirft der Staatsanwältin ihrerseits vor, nicht unvoreingenommen zu sein. Sie habe ein gestörtes Verhältnis zu Männern und "ihre Ausgewogenheit verloren", sagte eine andere schwedische Juristin bereits am Montag.
Das Gericht setzte für Freitag eine weitere Anhörung an. Die angesetzten Zeugenaussagen nähmen mehr Zeit in Anspruch als geplant, hieß es zur Begründung. Unabhängig vom Ausgang wird aber ohnehin damit gerechnet, dass die unterlegene Seite Berufung einlegt, so dass sich die endgültige Entscheidung noch Wochen oder sogar Monate hinziehen könnte.
Beeindruckender Anwaltsstab
Assange wird in dem Prozess von einem ganzen Stab von Anwälten aus Großbritannien, Australien und Schweden vertreten. Sein schwedischer Anwalt Björn Hurtig legte dem Gericht eine schriftliche Stellungnahme vor. Er habe in seiner juristischen Karriere noch kaum einen Vorwurf erlebt, der auf schwächeren Füßen stehe, heißt es darin. Es sei augenscheinlich, dass die beiden Frauen, die sich als Opfer von Assange ausgäben, etwas im Schilde geführt hätten.
Die von der Assange-Verteidigung vorgebrachte Befürchtung, ihr Mandant könnte im Falle einer Auslieferung nach Schweden später in die USA weiter geschoben werden, wo ihm Straflager und Todesstrafe drohten, hielt selbst der schwedische Ex-Staatsanwalt Alhem für überzogen. "Soweit ich es verstehe, gibt es dieses Risiko nicht. Aber es gibt Bedenken, die mir nicht bewusst sind und die ich nicht kommentieren kann", sagte er.
Die Strategie der Verteidigung von Assange zielt vor allem auf die Tatsache, dass es in Schweden bisher keine Anklage gegen Assange, sondern nur ein Ermittlungsverfahren gibt. Eine Auslieferung nur zum Zwecke einer Beschuldigtenvernehmung sei nicht verhältnismäßig, lautet das Argument.
steht derzeit in Großbritannien unter Hausarrest. Schwedens Justiz hatte einen europäischen Haftbefehl gegen Assange erlassen und seine Auslieferung wegen des Verdachts der Vergewaltigung und sexuellen Nötigung beantragt.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP