Politik

Schwere Gefechte in der Ostukraine Auch Putin unterstützt Poroschenkos Plan

Zu Beginn des Treffens gaben sich Putin und Poroschenko die Hand.

Zu Beginn des Treffens gaben sich Putin und Poroschenko die Hand.

(Foto: AP)

"Das Schicksal der Welt" entscheide sich in Minsk, sagt Ukraines Präsident Poroschenko vor seinem dortigen Treffen mit Kremlchef Putin. Ergebnis des Gesprächs: Offenbar ist der diskutierte Friedensplan aus Kiew eine veritable Option - für alle Parteien.

Die Ukraine und Russland planen nach Angaben von Präsident Petro Poroschenko Beratungen von Grenzschutz und Generalstab zur Beruhigung der Lage in der Ostukraine. Die Vorbereitung einer Waffenruhe solle so schnell wie möglich beginnen, sagte Poroschenko nach Verhandlungen mit Kremlchef Wladimir Putin in Minsk. Putin habe erneut deutlich gemacht, dass er Poroschenkos Friedensplan unterstütze, sagte der ukrainische Staatschef.

Poroschenko und Putin sprachen am Rande eines Treffens der von Russland dominierten Eurasischen Zollunion miteinander. Es war das erste Vier-Augen-Gespräch von Putin und Poroschenko seit Anfang Juni. Die Verhandlungen hinter verschlossenen Türen in der weißrussischen Hauptstadt wurden von neuen schweren Gefechten in der Ostukraine überschattet. Fast 250 prorussische Separatisten kamen dabei nach Angaben aus Kiew seit Wochenbeginn ums Leben. Die Führung in Moskau räumte ein, dass sich eigene Soldaten im krisengeschüttelten Nachbarland aufhielten.

Nach dem zweistündigen Gespräch mit Putin traf er sich in der Botschaft seines Landes in Minsk zu einem erneuten Gespräch mit der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton. Die hatte zuvor eine Waffenruhe zwischen Militär und den Aufständischen im Donbass vorgeschlagen. "Die Friedensstrategie für die Ukraine wurde ausnahmslos von allen Politikern unterstützt, die in Minsk dabei waren", erklärte Poroschenko.

Politischer Kompromiss gesucht

"In Minsk entscheidet sich das Schicksal der Welt und Europas", hatte Poroschenko vor dem Gespräch mit Putin gesagt. Der Kremlchef hatte seinerseits die Ukraine zur friedlichen Lösung des Konflikts aufgefordert, bei dem bereits mehr als 2000 Menschen starben. Ziel der Gespräche sei, so Poroschenko, das Blutvergießen in seinem Land zu beenden und einen politischen Kompromiss zu suchen. Er rief nach Angaben russischer Agenturen die Mitglieder der Eurasischen Zollunion - Russland, Weißrussland und Kasachstan - auf, sich an einer Geberkonferenz für die notleidende Ostukraine zu beteiligen.

Poroschenko und Putin vermieden bei den vorherigen Gesprächen in großer Runde gegenseitige Schuldzuweisungen, berichteten Beobachter. Die Kontaktgruppe für die Ukraine-Krise soll dem weißrussischen Präsidenten und Gastgeber Alexander Lukaschenko zufolge regelmäßig in Minsk tagen. Das erste Treffen könnte schon an diesem Mittwoch stattfinden. Das Gremium ist ein Gesprächsforum zwischen der ukrainischen Regierung und den Aufständischen unter Vermittlung Russlands und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE).

Die Gruppe hatte sich schon mehrfach getroffen. Die Positionen lägen weit auseinander, aber alle seien sich in der Notwendigkeit eines Kompromisses einig, sagte Lukaschenko. Große Aufregung lösten in Kiew Berichte über zehn russische Fallschirmjäger aus, die am Rande der Kampfzone in der Region Donezk gefangen worden waren. Die Ukraine wirft Russland vor, die Separatisten mit eigenem Militärpersonal zu unterstützen.

"Diktator" als Gastgeber

Ein Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums in Moskau bestätigte Agenturen zufolge die Festnahme russischer Soldaten. Es habe sich um eine Grenzpatrouille gehandelt, die an einer nicht markierten Stelle zufällig auf ukrainisches Gebiet gelangt sei, sagte er. Während der Minsker Verhandlungen beschloss die prowestliche Regierung der Ukraine, binnen 48 Stunden neues Kriegsgerät für die sogenannte Anti-Terror-Operation ins Krisengebiet zu schicken. Kremlchef Putin betonte, Moskau sei zu einem weiteren Dialog über den Konflikt bereit. Die Führung in Kiew müsse mit den Aufständischen verhandeln.

An dem Treffen nahm auch eine Delegation aus Brüssel mit der EU-Außenbeauftragten Ashton teil. Es war für die EU eine heikle Reise, da der autoritär regierende Lukaschenko mit internationalen Sanktionen belegt ist. Weißrussland gilt als "Europas letzte Diktatur" und vollstreckt noch die Todesstrafe - per Genickschuss. Die Ukraine wolle alle Möglichkeiten für Frieden nutzen, sagte der ukrainische Außenminister Pawel Klimkin. An den Ergebnissen von Minsk werde sich zeigen, wie groß der politische Wille ist. "Wir wissen, mit wem wir reden müssen. Wir wissen, von was der Frieden abhängt", sagte er mit Blick auf die Gespräche zwischen Poroschenko und Putin.

Die Führung in Kiew und die Aufständischen berichteten von heftigen Gefechten. Innerhalb von 24 Stunden seien fast 250 militante Kämpfer getötet worden, teilte der ukrainische Sicherheitsrat mit. Den Separatisten zufolge wurden zudem mehr als 80 Soldaten getötet oder verletzt und mehr als 40 gefangen genommen, wie russische Agenturen berichteten. Nach Angaben des Sicherheitsrats in Kiew wurden zudem vier Grenzschützer getötet. Bei einem Beschuss der Großstadt Donezk kamen nach Angaben des Stadtrats zudem drei Zivilisten ums Leben.

Die von Poroschenko ausgerufene Neuwahl des Parlaments am 26. Oktober bezeichneten die Aufständischen als "Provokation". Es werde in den Separatistengebieten im Osten der Ex-Sowjetrepublik keine Abstimmung geben, kündigte einer der Sprecher der militanten Gruppen, Sergej Kawtaradse, an. Er drohte mit "harten Reaktionen". Poroschenko erhofft sich von der vorgezogenen Parlamentswahl mehr Stabilität.

Quelle: ntv.de, rpe/dpa

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