Politik

Militär sperrt Myanmars Internet Auf friedliche Demonstration folgen Schüsse

Das Militär geht hart gegen Widerstand vor.

Das Militär geht hart gegen Widerstand vor.

(Foto: imago images/ZUMA Wire)

In Myanmar wächst die Sorge vor einer Eskalation der Militärgewalt. Nach dem Putsch bilden sich Nachbarschaftswachen, um Verhaftungen zu verhindern. Die Anhörung der entmachteten Regierungschefin Aung San Suu Kyi wird derweil vertagt.

Mit dem Mut der Verzweiflung protestieren Zehntausende Menschen in Myanmar trotz wachsender Militärpräsenz gegen den Putsch und die neue Junta. Einsatzkräfte gingen auch am Montag brutal gegen friedliche Demonstranten vor. In der nördlichen Stadt Mandalay fielen Berichten zufolge Schüsse. Angesichts der zunehmend angespannten Lage gründen immer mehr Menschen Nachbarschaftswachen in ihren Stadtvierteln. In mehreren Gegenden des Landes patrouillieren die Menschen nachts in Gruppen auf den Straßen, um Festnahmen von Demokratie-Aktivisten und Unruhen zu verhindern.

"Natürlich haben wir Angst, weil sie bewaffnet sind, aber wir werden weiterhin jede Nacht Wache halten", sagte Myo Ko Ko, Mitglied einer Nachbarschaftswache in der Wirtschaftsmetropole Rangun, der Nachrichtenagentur AFP. "Wir können nicht zulassen, dass jemand mitgenommen wird."

Auch in vielen anderen Landesteilen trotzten Menschen den Drohungen der Armee. Sie forderten, die zivile Regierung von Aung San Suu Kyi wieder einzusetzen. Eine für Montag geplante Anhörung der entmachteten und festgesetzten Regierungschefin wurde auf Mittwoch verschoben - geplant ist offenbar eine Videoschalte. Die Angst vor einer Eskalation der Militärgewalt wächst.

Das Nachrichtenportal "Frontier Myanmar" zitierte einen Reporter, wonach Polizisten und Soldaten in Mandalay auch in Häuser geschossen hätten. Auf Fotos in sozialen Netzwerken waren blutende Menschen zu sehen. Ob scharfe Munition oder Gummigeschosse benutzt wurden und ob es Tote gab, war unklar. Der Reporter berichtete auch von Festnahmen.

Bereits am Sonntag hatten Sicherheitskräfte in Myitkyina im Norden des Landes auf Teilnehmer einer Kundgebung geschossen, die in Panik flüchteten. In Rangun waren am Wochenende Panzer aufgefahren, auch in anderen Landesteilen waren Militärfahrzeuge auf den Straßen - offensichtlich, um die Bevölkerung einzuschüchtern. In der Nacht zum Montag war zudem das Internet gesperrt worden, ebenso in der Nacht zum Dienstag. Die erneute Sperre sollte bis Dienstagmorgen (Ortszeit) andauern.

Vorwürfe wegen Funkgeräten

"Die Brutalität, mit der die Putschisten in Myanmar nach wie vor gegen den friedlichen Widerstand der Bevölkerung vorgehen, ist absolut inakzeptabel", erklärte der außenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Bijan Djir-Sarai. Deutschland und die EU müssten endlich konsequent handeln, "anstatt das Vorgehen der Militärs in Myanmar lediglich verbal zu verurteilen". Djir-Sarai forderte Sanktionen und eine Wiederaufnahme der Waffenembargos. Schon in der Vergangenheit schlug das Militär, das das südostasiatische Land fast fünf Jahrzehnte lang mit eiserner Hand regiert hatte, jeden Widerstand brutal nieder.

Erst vor zehn Jahren wurden zaghafte demokratische Reformen eingeleitet - bis zum Putsch in der Nacht zum 1. Februar. Angeblicher Auslöser sollen Unregelmäßigkeiten bei der Parlamentswahl im November gewesen sein, die Suu Kyi klar gewonnen hatte. Im Zuge des Putsches setzte das Militär die frühere Freiheitsikone gemeinsam mit vielen weiteren Politikern fest. Die Friedensnobelpreisträgerin soll sich im Hausarrest befinden.

Die Gerichtsanhörung Suu Kyis wurde um zwei Tage auf Mittwoch verschoben, wie "Frontier Myanmar" unter Berufung auf den Anwalt Khin Maung Zaw schrieb. Ob Suu Kyi anschließend freikommt, gilt als fraglich. Ihr wird vorgeworfen, gegen die Import-Export-Gesetze des Landes verstoßen zu haben.

Bei einer Hausdurchsuchung kurz nach dem Putsch sollen Funkgeräte in ihrem Haus gefunden worden sein. Es werde geprüft, ob diese illegal ins Land gebracht worden seien, hieß es. Win Myint wird beschuldigt, gegen Corona-Auflagen verstoßen zu haben. Berichten zufolge drohen beiden Politikern bis zu drei Jahre Haft. Die Junta soll zudem die ohnehin strenge Strafgesetzgebung bezüglich Vorwürfen wie "Aufruhr" und "Hochverrat" verschärft haben, um härter gegen Politiker, Aktivisten und Demonstranten vorgehen zu können.

Quelle: ntv.de, tsi/dpa

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