Politik

Spargelfahrten und China Baerbock kritisiert SPD indirekt, Trittin macht es frontal

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Wenige Tage nach ihrer China-Reise nutzt Außenministerin Baerbock einen Auftritt im Bundestag, um die frühere Russland-Politik und heutige China-Strategie der SPD zu kritisieren. Unterstützung erhält sie von Grünen-Abgeordneten - und aus der CDU.

Bei einer Regierungsbefragung im Bundestag sind außenpolitische Differenzen zwischen SPD und Grünen überraschend deutlich hervorgetreten. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock wies Angriffe aus der SPD gegen ihre China-Politik zurück. Die maßgeblich von der SPD geprägte Russland-Politik der vergangenen Jahre bezeichnete sie als Fehler, der nicht wiederholt werden dürfe: Deutschland habe sich in der Vergangenheit "in Abhängigkeiten" begeben, "die uns erpressbar gemacht haben". Dies dürfe nicht noch einmal passieren.

Zwischen Baerbock und Scholz, Kanzleramt und Auswärtigem Amt und letztlich SPD und Grünen knirscht es schon seit längerem. Zuletzt hatte der Seeheimer Kreis - der konservative Flügel der SPD-Bundestagsfraktion - in einem Thesenpapier gegen Baerbock ausgeteilt. Bekannt wurde das Papier ausgerechnet, als sie gerade in China war. Auch SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hatte Baerbock öffentlich kritisiert.

Aus der Union bekam Baerbock indessen Unterstützung. In der Regierungsbefragung zitierte der CDU-Außenpolitiker Jürgen Hardt aus dem Seeheimer-Papier: "Aktuell hangeln sich die Spitzen des Auswärtigen Amtes und des Bundeswirtschaftsministeriums von Einzelfall zu Einzelfall. Im Zentrum steht dort mehr die innenpolitische Symbolkraft getroffener Maßnahmen als eine weitsichtige Politik." Hardt bezeichnete diese Sätze als "eine absolute Desavouierung Ihrer Rolle", die auch Deutschland schade.

Handy im Koffer

Baerbock vermied eine direkte Reaktion - als Berichte über dieses Papier erschienen seien, sei sie ja in China gewesen und habe ihre beiden Handys aus Sicherheitsgründen "in einen kleinen Koffer eingeschlossen", den Text daher nicht lesen können. Mit unterschwelligem Augenzwinkern dankte sie Hardt dafür, dass sie jetzt wisse, was drinsteht.

In einer weiteren Wortmeldung sagte Grünen-Außenexperte Jürgen Trittin, es "überrascht nicht wirklich, dass die Organisation von Spargelfahrten nicht zu chinapolitischer Kompetenz führt" - der Seeheimer Kreis ist bekannt dafür, alljährlich sogenannte Spargelfahrten zu organisieren.

Baerbock lobt von der Leyens "de-risking"-Ansatz

Die Bundesregierung erarbeitet derzeit sowohl eine Nationale Sicherheitsstrategie als auch eine China-Strategie. Berichten zufolge sind beide noch nicht fertig, weil es dazu Konflikte zwischen Kanzleramt und Außenministerium gibt. Grundsätzlich einig ist sich die Ampelkoalition allerdings darin, dass die Abhängigkeit von China nicht zu einem Risiko für Deutschland und die deutsche Wirtschaft werden dürfe. Eine "Entkopplung" von China nach US-Vorbild ist nicht geplant. Baerbock lobte im Bundestag den Ansatz von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die von einem de-risking gesprochen hatte. Vor allem mit Blick auf die kritische Infrastruktur müsse Deutschland aufpassen, nicht in eine zu starke einseitige Abhängigkeit zu geraten.

China sei "Partner, Wettbewerber, systemischer Rivale", sagte Baerbock unter Verwendung von Begriffen, die schon seit längerem von der EU für China verwendet werden. Ob China künftig stärker Rivale sei, hänge auch davon ab, welchen Weg China für sich wähle. Sie selbst habe bei ihrer Reise den Eindruck gewonnen, "dass der Aspekt systemischer Rivale immer stärker zunimmt, und zwar nicht nur, weil China stärker nach außen offensiver, man kann auch sagen aggressiver auftritt, sondern vor allem nach innen repressiver". Dies sei "wirklich zum Teil mehr als schockierend" gewesen.

Keine direkte Kritik am Kanzler

Erneut verwies Baerbock mit Blick auf China auf "Fehler der Vergangenheit". So sei es ein Fehler, wenn ein Hafen selber melden könne, ob er eine kritische Infrastruktur sei. Gemeint war offensichtlich der Einstieg des chinesischen Staatskonzerns Cosco beim Hamburger Container-Terminal Tollerort. Während FDP und Grüne diesen Einstieg ablehnten, wurde er von Bundeskanzler Olaf Scholz unterstützt. Später stufte das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) das Terminal als kritisch ein, was bedeutet, dass der geplante Anteilserwerb in Höhe von knapp 25 Prozent nicht zulässig ist.

Angesichts der erst vor wenigen Tagen bekannt gewordenen BSI-Einschätzung wollte der CDU-Abgeordnete Tilman Kuban von Baerbock wissen, ob es ein Fehler gewesen sei, "dass der Bundeskanzler die vollständige Untersagung einer chinesischen Beteiligung beim Container-Terminal im Hamburger Hafen verhindert hat". Auch hier wich Baerbock aus: Im Bundeskabinett habe es dazu eine intensive Diskussion gegeben, das könne man nachlesen. Jetzt habe man den Fall, "dass diejenigen, die hätten melden müssen", also der Hafen selbst, "offensichtlich falsch gemeldet haben". Das BSI habe deswegen deutlich gesagt, "dass dieser Verwaltungsakt überprüft werden muss, das werden wir als Bundesregierung jetzt tun".

Quelle: ntv.de

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