Hitler-Attentat, Krieg, Ukraine Bas: Bundeswehr soll rechtswidrige Befehle verweigern
20.07.2022, 21:30 Uhr
Bundestagspräsidentin Bärbel Bas und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj kamen im Mai zu einem Treffen in Kiew zusammen.
(Foto: -/Pressedienst Präsidentenbüro)
Zum Jahrestag des Hitler-Attentats spielt der Angriffskrieg Russlands eine große Rolle. Die belarussische Oppositionspolitikerin Tichanowskaja verweist auf den autoritären Machthaber Lukaschenko. Bundestagspräsidentin Bas erinnert daran, dass für Soldaten "Gehorsam endet, wo Unrecht herrscht".
Am 78. Jahrestag des gescheiterten Attentats auf Adolf Hitler haben Bundesregierung und Berliner Senat die Widerstandsbewegung gegen das NS-Regime gewürdigt. Die Frauen und Männer um den Wehrmachtsoffizier Claus Schenk Graf von Stauffenberg hätten ihr Leben riskiert, um Hitlers Regime zu stürzen, schrieb Bundeskanzler Olaf Scholz auf Twitter. "Ihr Opfer verpflichtet uns, stets für die Demokratie einzustehen." Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz schrieb ebenfalls auf Twitter: "Der heutige Tag mahnt uns, zu unseren Werten zu stehen."
Auch Berlins Kultursenator Klaus Lederer erinnerte bei einer Feierstunde in der Gedenkstätte Plötzensee an die Verletzlichkeit der Demokratie. "Der Auftrag an uns alle, Verantwortung für unsere Demokratie zu übernehmen, gehört zu den immerwährenden Lehren aus der NS-Diktatur." Der Linken-Politiker mahnte stetige Wachsamkeit gegenüber demokratiefeindlichen Tendenzen an. "Wir müssen uns immer wieder bewusst mit dem Zustand unserer Demokratie auseinandersetzen. Müssen reagieren, wenn sie unter Druck gerät, und mit geradem Rücken für sie streiten."
Dabei könne es nicht nur um Deutschland gehen. "Gerade in den Zeiten des Angriffskrieges von Präsident Putin auf die Ukraine rückt ins Bewusstsein, dass Demokratie und Frieden auch in Europa nicht selbstverständlich sind." Der Angriff Russlands auf das Land sei auch ein Angriff auf die Idee eines freien und demokratischen Europa.
"Mut ist zeitlos"
Wirtschaftsstaatssekretärin Anja Hajduk sprach bei der Veranstaltung für die Bundesregierung. Der 20. Juli sei ein Feiertag derjenigen, die die Kraft und den Mut aufgebracht hätten, Zeichen gegen Unfreiheit und Gewalt zu setzen und ihrem moralischen Kompass zu folgen. "Und derjenigen, die die innere Stärke aufgebracht haben, ihre ideologische Verblendung abzulegen, wie viele Offiziere des 20. Juli", sagte die Grünen-Politikerin.
"Gerade, weil Stauffenberg und andere Mitglieder des konservativen Widerstands anfangs dem Nationalsozialismus folgten, ist ihr Versuch, der Diktatur ein Ende zu setzen, so bemerkenswert. Sie waren Jedermänner des Deutschlands ihrer Zeit", sagte Hajduk. Aber das relativiere ihre Tat nicht, im Gegenteil. "Es macht sie zu einem ermutigenden Zeichen dafür, dass Menschen sich aus den ideologischen Irrwegen ihrer Zeit befreien können."
Am 20. Juli 1944 hatten Wehrmachtsoffiziere um Stauffenberg vergeblich versucht, Hitler mit einer Bombe zu töten und den Krieg zu beenden. Stauffenberg und einige Mitverschwörer wurden noch am Abend des Attentats im Innenhof des Bendlerblocks erschossen. In den folgenden Wochen und Monaten richteten die Nazis rund 90 weitere Beteiligte und Unterstützer in Plötzensee hin.
Die belarussische Oppositionspolitikerin Swetlana Tichanowskaja zog bei ihrer Rede in der Gedenkstätte Parallelen zwischen dem Widerstand gegen Hitler und dem Widerstand in ihrem autoritär regierten Heimatland gegen Machthaber Alexander Lukaschenko. Ganz Belarus sei ein Gefängnis, sagte sie. Das Regime gehe brutaler als jemals zuvor gegen jedes Aufbegehren vor. Dennoch hätten Menschen den Mut dazu. "Mut ist zeitlos und kennt keine Grenzen."
"Bundeswehr dient dem Frieden"
Am Abend sollten am Bendlerblock, dem Berliner Dienstsitz des Verteidigungsministeriums, 400 Bundeswehr-Rekrutinnen und -Rekruten ihr feierliches Gelöbnis ablegen. Zur Vereidigung der jungen Soldaten wurden unter anderem Verteidigungsministerin Christine Lambrecht und Bundestagspräsidentin Bärbel Bas von der SPD erwartet. Bas wies die Soldaten dabei auf ihr Recht zur Verweigerung rechtswidriger Befehle hin. "Gehorsam endet, wo Unrecht herrscht, wo Befehle von einem erkennbar verbrecherischen Regime ausgehen", sagte die SPD-Politikerin bei dem feierlichen Gelöbnis.
"Das Grundgesetz sieht ein Recht auf Widerstand vor gegen jeden, der es unternimmt, die verfassungsmäßige Ordnung in Deutschland zu beseitigen", betonte Bas. Der Blick auf die russischen Kriegsverbrechen in Butscha, Irpin oder Mariupol zeige, warum man dieses Selbstverständnis pflegen müsse. "Die Bundeswehr dient dem Frieden, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Das ist eine zentrale Lehre aus den deutschen Verbrechen der Vergangenheit."
Bas sagte laut vorab veröffentlichtem Redetext, Stauffenberg sei zwar alles andere als ein Verfechter der parlamentarischen Demokratie gewesen. "Doch der gescheiterte Putsch erinnert uns daran, dass wir Verantwortung für unsere Demokratie tragen."
Quelle: ntv.de, dbe/dpa