"Modell zum Scheitern" Bayern steigt aus Nationalem Bildungsrat aus
24.11.2019, 13:50 Uhr
Das geplante Zentralabitur sollte vergleichbare Abschlüsse für alle Bundesländer schaffen.
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Würde mit einem Zentralabitur das Bildungsniveau in Bayern sinken? Ministerpräsident Markus Söder befürchtet genau das. Bayern steigt deshalb aus dem geplanten Nationalen Bildungsrat aus.
Bayern steigt aus dem geplanten Nationalen Bildungsrat aus. "Wir wollen unser bayerisches Abitur behalten und kein Zentralabitur aus Berlin", schrieb Ministerpräsident Markus Söder von der CSU bei Twitter. Der Ausstieg Bayerns kommt nicht überraschend. Bundesbildungsministerin Anja Karliczek bedauerte die Entscheidung dennoch – die CDU-Politikerin dringt weiter auf einen engen Dialog zwischen Bund und Ländern zur Zukunft des Bildungssystems.
Im Bayerischen Rundfunk (BR) nannte Söder als Grund für die Entscheidung, dass außer Streitigkeiten bei dem Projekt nichts herausgekommen sei. "Wir befürchten, dass am Ende ein Berliner Zentralabitur das Ziel ist, was eine Verschlechterung des Bildungsniveaus in Bayern bedeuten würde", sagte der CSU-Politiker.
Demnach wurden im Jahr 2019 die Fähigkeiten von Neuntklässlern in den einzelnen Bundesländern verglichen - und dabei große Unterschiede festgestellt. Bayern und Sachsen schnitten besonders gut ab, Bremen und Berlin besonders schlecht. "Man kann eine neunjährige Schulzeit in Bayern nicht vergleichen mit einer neunjährigen in Bremen", sagte Söder deshalb dem BR. "Deswegen muss auch klar sein: unser bayerisches Abitur gilt auch etwas." Auch die bayerischen Ferienzeiten sollten bleiben wie sie sind.
Furcht vor Angleichung auf niedrigerem Niveau
Bayern befürchtet offensichtlich unter anderem, dass eine Angleichung auf einem niedrigeren Niveau erfolgen könnte. Die Münchner Entscheidung hatte sich angekündigt: Bereits bei der Ministerpräsidentenkonferenz im Oktober hatte Söder den im Koalitionsvertrag vereinbarten Nationalen Bildungsrat als ein "Modell zum Scheitern" bezeichnet und offen mit dem Ausstieg gedroht. Für gleiche Bildungsstandards kann Söder zufolge auch die Kultusministerkonferenz sorgen.
Bildungsministerin Karliczek erklärte, die Entscheidung komme nicht überraschend. "Die Länder müssen nun beraten, wie sie mit dem Projekt weiter umgehen wollen." Bildung sei eine der wichtigsten politischen Aufgaben. Die Ministerin fordert weiterhin eine enge Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern. "Die jüngsten internationalen Vergleichsstudien haben gezeigt, dass Deutschland insgesamt nur im Mittelfeld liegt", betonte Karliczek. Damit könne sich niemand abfinden.
Der Nationale Bildungsrat ist schon lange umstritten. Ähnlich wie Söder hatte sich auch die baden-württembergische Kultusministerin Susanne Eisenmann von der CDU geäußert, die den Bildungsrat für ein überflüssiges Gremium hält. Auch Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet, ebenfalls CDU, hält stattdessen die Kultusministerkonferenz für das richtige Gremium, um gemeinsame Standards zwischen den Bundesländern zu verabreden.
Blockade-Vorwurf in Richtung Unions-Länder
Hamburgs Schulsenator Ties Tabe von der SPD warf den Unions-Ländern eine Blockade vor. "Jetzt hat Bayerns Ministerpräsident Markus Söder den Nationalen Bildungsrat offensichtlich ganz abgeschossen", sagte Rabe der "Welt". "Ich bedauere das sehr." Der Öffentlichkeit sei nicht zu vermitteln, "zunächst den Nationalen Bildungsrat einzufordern und ihn dann unter fadenscheinigen Vorwänden zu beerdigen", kritisierte der Koordinator der SPD-Kultusminister. "Wenn die Unions-Länder ihre Blockade nicht aufgeben, halte ich den Nationalen Bildungsrat für ein gescheitertes Projekt."
In ihrem Koalitionsvertrag hatten Union und SPD einen Nationalen Bildungsrat nach dem Vorbild des Wissenschaftsrats vereinbart. Der Bildungsrat soll "auf Grundlage der empirischen Bildungs- und Wissenschaftsforschung Vorschläge für mehr Transparenz, Qualität und Vergleichbarkeit im Bildungswesen vorlegen", heißt es im Koalitionsvertrag. Er solle "dazu beitragen, sich über die zukünftigen Ziele und Entwicklungen im Bildungswesen zu verständigen".
Quelle: ntv.de, ftü/dpa