Scharfe Kritik an Euro-Hilfen Seehofer droht mit Bruch
03.07.2012, 15:45 Uhr
Ständiger Unruheherd in der Koalition: Horst Seehofer.
(Foto: picture alliance / dpa)
Seine Vorstöße sind gefürchtet: Jetzt geht CSU-Chef Seehofer erneut in die Offensive und setzt Bundeskanzlerin Merkel unter Druck. Weitere finanzielle Zusagen an Krisenländer werde er nicht mittragen. Seehofer geht noch weiter. Er will die Bundestagswahl 2013 sogar zu einer Abstimmung über Europa machen.
CSU-Chef Horst Seehofer hat im Fall weiterer finanzieller Zusagen an Euro-Krisenstaaten mit einem Bruch der Regierungskoalition gedroht. Irgendwann sei ein Punkt erreicht, an dem Bayern und die CSU nicht mehr Ja sagen könnten, sagte der bayerische Ministerpräsident dem "Stern". "Ich könnte das dann auch ganz persönlich nicht mittragen. Und die Koalition hat ohne die Stimmen der CSU keine Mehrheit."
Seehofer hatte bereits im Streit über das von seiner Partei geforderte Betreuungsgeld mehrfach mit einem Bruch der schwarz-gelben Koalition gedroht. Deutschland habe mit seinen Hilfszusagen und Garantien in Milliardenhöhe schon jetzt seine Grenzen erreicht, sagte Seehofer. "Meine größte Angst ist, dass die Finanzmärkte fragen: Kann Deutschland das alles stemmen? Das ist der Punkt, den ich für den gefährlichsten überhaupt halte."
Nach dem Gipfel vergangene Woche in Brüssel, bei dem sich die Staats- und Regierungschefs der Euro-Staaten auf zügigere Hilfen für Banken verständigt hatten, sieht Seehofer großen Erklärungsbedarf auch gegenüber der Bevölkerung. "Im Bundestag wird über den Stabilitätspakt debattiert. Und exakt zu diesem Zeitpunkt arbeiten Regierungschefs einiger Euro-Länder an der Aufweichung eben jener Stabilitätskriterien", kritisierte Seehofer. "Welcher Bürger soll das noch verstehen?"
"Hände weg vom Grundgesetz!"
Der CSU-Vorsitzende forderte, die Schuldenmentalität einiger Länder müsse durchbrochen werden. "Dass andere an unser Geld wollen, ohne sich dabei zu viel zuzumuten, ist zutiefst unmenschlich. Aber es ist keine Lösung des Problems."
Einer von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble angestoßenen Debatte über eine neue Verfassung mit der Möglichkeit, Souveränitätsrechte nach Brüssel zu übertragen, erteilte Seehofer eine Absage. "Hände weg vom Grundgesetz!", warnte der CSU-Chef. "Wir wollen keine andere Verfassung." Auch eine Übertragung weitreichender Kompetenzen an einen "europäischen Monsterstaat" komme für ihn nicht infrage. Er werde die Wahlen 2013 in Bayern und im Bund zu einer Abstimmung über Europa machen, kündigte Seehofer an. "Diese Frage werden wir dem Volk vorlegen."
Bundeskanzlerin Merkel ging nach einem Treffen mit dem slowakischen Ministerpräsidenten Robert Fico in Berlin nicht näher auf Seehofers Drohungen ein. Die CDU-Vorsitzende äußerte sich aber zuversichtlich, dass die Koalition ihre "gute Zusammenarbeit" fortsetzen werde. Wichtig sei, dass in Europa "auf der einen Seite Solidarität und auf der anderen Seite Erfüllung der Hausaufgaben und vereinbarten Regeln zusammengehören".
Quelle: ntv.de, rts/AFP/dpa