Politik

Populismus gegen Asylsuchende Bayerns Innenminister gießt Öl ins Feuer

Joachim Herrmann nach einem Brand an einer Asylbewerberunterkunft  im Dezember 2014 in Vorra.

Joachim Herrmann nach einem Brand an einer Asylbewerberunterkunft im Dezember 2014 in Vorra.

(Foto: picture alliance / dpa)

Kurz vorm Jahreswechsel möchte der bayrische Innenminister Herrmann noch etwas zum Thema Asylpolitik sagen. Bei genauem Hinschauen entpuppen sich seine Aussagen als irrelevant. Ein Musterbeispiel dafür, wie Politiker sich Populismus zunutze machen.

Kaum haben Joachim Gauck und Angela Merkel in ihren Ansprachen zum Jahresende an die Menschlichkeit im Hinblick auf Flüchtlinge in Deutschland appelliert, da schießt auch schon der bayerische Innenminister quer. Dem "Münchner Merkur" sagte Joachim Herrmann, sein Ziel sei es, "die Rückführung (von Asylsuchenden) deutlich zu verstärken". Sein Vorschlag dazu: kürzere Verfahren. Das ist ein richtiges und wichtiges Anliegen - vor allem für die Asylsuchenden selbst. Studien zeigen, dass die langen Verfahrensdauern und die damit verbundene soziale Unsicherheit seelisch sehr belastend sind.

Herrmann geht es aber nicht darum. "Wer keinen Asylgrund hat, soll möglichst unmittelbar aus der ersten Unterkunft zurück in sein Heimatland gebracht werden", sagte er. Er möchte so die überforderten bayrischen Asylunterkünfte entlasten. Dabei betont er, das gelte nicht für Flüchtlinge aus dem syrischen Bürgerkrieg. Da sei "Humanität das Gebot der Stunde". Wo diese Humanität ihre Grenzen hat, erklärt er sofort. Missbrauch müsse "klar benannt und abgestellt" werden. Und wo dieser Missbrauch geschieht, weiß der CSU-Politiker auch schon: Vor allem bei Flüchtlingen aus dem Westbalkan.

Der sogenannte "Asylmissbrauch", den Herrmann anprangert, kann hier aber gar nicht stattfinden. Seit der Bundesrat im September ein neues Asylgesetz verabschiedet hat, gelten Serbien, Bosnien-Herzegowina und Mazedonien als sichere Herkunftsstaaten. Das bedeutet, dass bei diesen Ländern davon ausgegangen wird, dass dort keine politische Verfolgung oder eine unmenschliche Behandlung droht. Entsprechend werden Asylanträge von Staatsangehörigen dieser Länder grundsätzlich ohne intensive Einzelprüfung als "offensichtlich unbegründet" abgelehnt, es sei denn, der Einzelne kann nachweisen, dass er konkret verfolgt wird. In der Praxis ist das praktisch unmöglich. Die abgelehnten Bewerber verweilen dann zwar noch eine Weile in den Unterkünften, das liegt aber vor allem an dem langen Abschiebeprozess. Der wird durch das vorgesehene 48 Stunden- Verfahren aber nicht kürzer.

Generalverdacht gegenüber Asylsuchenden

Kurz vor Jahresende greift Herrmann mit seinen Aussagen also noch einmal in die populistische Trickkiste. Seine Forderungen entbehren nicht nur der sachlichen Grundlage, sondern gleichzeitig auch jeglicher Relevanz, da das von Herrmann geschilderte "Problem" so gar nicht besteht. Vielmehr handelt es sich um die Verbreitung einer giftigen Stimmung gegenüber Asylsuchenden und Migranten in Deutschland.

Mit seinem Kommentar stellt Herrmann Menschen aus dem Westbalkan unter Generalverdacht. Er brandmarkt sie als Betrüger, die es nur darauf abgesehen haben, die bayrischen Kassen zu belasten. Das aber ist fatal. Er trägt die politischen Differenzen zur Asylpolitik auf dem Rücken meist schutzlos nach Deutschland eingereister Menschen aus.

Gerade im Hinblick auf die dramatisch gestiegene Anzahl von rechtsextremen Übergriffen auf Asylheime müssen Politiker ihre gesellschaftliche Stellung verantwortungsbewusst wahrnehmen. Es geht nicht darum, ihnen den Mund zu verbieten. Ein öffentlicher Diskurs ist unentbehrlich. Ein solcher muss die Situation aber unter Einbeziehung aller Fakten fair beleuchten. Alles andere entspricht einer Stammtischmentalität, die unprofessionell und unethisch zugleich ist.

Quelle: ntv.de

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