Die verführerische Exit-Strategie Berlin-Brandenburg Beerbt Steinmeier Platzeck?
26.06.2013, 12:17 Uhr
Der brandenburgische Ministerpräsident und sein Nachfolger? Ein Sprecher aus der SPD-Bundestagfraktion dementiert.
(Foto: picture alliance / dpa)
Wie gut geht es Matthias Platzeck? Nach seinem Schlaganfall leidet der SPD-Politiker noch immer unter einem leichten Linksdrall. Es gibt Zweifel, dass der Ministerpräsident seinem Job noch gewachsen ist. Die Suche nach einem Nachfolger läuft offenbar bereits. Dabei fällt der Name Frank-Walter Steinmeier.
Frank-Walter Steinmeier, Peer Steinbrück und Matthias Platzeck fühlen sich sichtlich wohl. Beim SPD-Sommerfest in Potsdam haben sie die Krawatte schon abgelegt, als sie sich zufrieden zuprosten. Der Kanzlerkandidat, der Fraktionschef und der brandenburgische Ministerpräsident: Die Rollen sind an diesem 14. Juni noch klar verteilt. An diesem Freitag ist die Welt noch in Ordnung. Drei Tage später ist sie es nicht mehr.
Denn am Montag nach der Feier liegt Platzeck wegen Kreislaufproblemen im Krankenhaus. Er hatte einen Schlaganfall erlitten. Gesundheitlich machte Platzeck schon mehrfach Schlagzeilen. Im April 2006 warf er das Amt des SPD-Parteichefs nach 146 Tagen wegen Überlastung hin. Seitdem folgten unter anderem ein Hörsturz, eine Lungenentzündung, eine Virusgrippe und ein eingeklemmter Ischias. Die Belastung war durch das Dauerthema BER und das Hochwasser zuletzt hoch. Nach seinem Zusammenbruch leidet Platzeck offenbar noch immer unter einem leichten Linksdrall. Auf Anraten der Ärzte muss er Gleichgewichts- und Koordinations-Training machen. Trotzdem will er schon an diesem Donnerstag wieder arbeiten.
Aber ist der 59-Jährige dem Stress noch gewachsen? Das Amt des Ministerpräsidenten ist kein Acht-Stunden-Job. In Brandenburg mehren sich die Zweifel, dass Platzeck das Land weiterführen kann. Offenbar gibt es bereits eine Debatte um seine Nachfolge: Wie die "Bild" berichtet, heißt es aus Parteikreisen, dass Steinmeier ihn schon im Herbst als Ministerpräsidenten beerben könnte. "Das ist Unsinn", sagt ein Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion. Ein Mitglied aus dem SPD-Vorstand bestätigt das Gerücht hingegen: "Er hat die Fähigkeiten, die man braucht, um dieses Amt auszuführen. Gut verankert ist er in Brandenburg sowieso."
Längst nicht mehr in der ersten Reihe
Steinmeiers Zukunft in der Parteispitze gilt als unsicher. Gewinnen die Genossen die Bundestagswahl, könnte er sich zwar Hoffnungen auf ein Ministeramt machen. Aber laut der aktuellen Forsa-Umfrage steht die SPD knapp drei Monate vor dem Urnengang nur bei 22 Prozent. Was wird also aus Steinmeier, wenn Steinbrück die Wahl verliert? Die prägenden Figuren seiner Partei sind inzwischen Parteichef Sigmar Gabriel und der Kanzlerkandidat. Um Steinmeier ist es dagegen zuletzt auffällig ruhig geworden. Der Fraktionschef steht längst nicht mehr in der ersten Reihe. Ein Intimus von Gabriel ist er sowieso nicht. Dem SPD-Chef ist Steinmeiers ruhiger und wenig angriffslustiger Politikstil zuwider.
Bundespolitisch hat er seine beste Zeit sowieso hinter sich. Der 57-Jährige war Kanzleramtschef unter Gerhard Schröder und Außenminister der Großen Koalition, bevor er als Kanzlerkandidat das schlechteste SPD-Ergebnis nach dem Zweiten Weltkrieg einfuhr. Der Stachel der 23 Prozent, die die Partei im September 2009 holte, sitzt noch immer tief. Statt in der Versenkung zu verschwinden, könnte Steinmeier nach der Bundestagswahl das Amt des Ministerpräsidenten übernehmen.
Brandenburg gilt als besonders wichtig für die Genossen. Es ist das einzige ostdeutsche Bundesland, das seit der Wende durchgehend von der SPD regiert wurde. Innerhalb des Landesverbands brachte sich bisher kein möglicher Platzeck-Nachfolger in Stellung. Und Steinmeier scheint durchaus geeignet zu sein für das Amt. Immerhin hat er seinen Wahlkreis in Brandenburg an der Havel. Für Platzeck, den dienstältesten Länderchef nach Berlins Klaus Wowereit, wäre eine Ablösung im Herbst wiederum die optimale Gelegenheit für den geordneten Rückzug.
Als neuer Ministerpräsident würde dann künftig Steinmeier mit Wowereit und Flughafenchef Hartmut Mehdorn über die Zukunft des BER verhandeln. Bis zur wichtigen Landtagswahl im Herbst 2014 bliebe ihm noch ein Jahr Zeit. Sicher ist: Einen besseren Job als den des Ministerpräsidenten würde er in seiner politischen Laufbahn wohl nicht mehr bekommen. Der Wechsel wäre daher die ideale Exit-Strategie, sowohl für Steinmeier als auch für Platzeck.
Quelle: ntv.de