Politik

NSU- und V-Mann-Affäre Berlin bildet Sonderkommission

Berlins Innensenator Henkel macht bei den NSU-Ermittlungen keine gute Figur. Die Versäumnisse beim Berliner LKA sollen nun eine Sonderkommission und ein Sondermittler aufklären. Die Abgeordneten sind dennoch nicht zufrieden.

Henkel übt sich in Selbstkritik.

Henkel übt sich in Selbstkritik.

(Foto: dapd)

Die Berliner Polizei untersucht mit einer Sonderkommission, was mit dem Hinweis ihres V-Mannes Thomas S. zum Terrortrio Nationalsozialistischer Untergrund passiert ist. Die neue Gruppe beim Staatsschutz im Landeskriminalamt prüfe, ob die Informationen des NSU-Helfers weitergeleitet wurden oder nicht, sagte die amtierende Polizeipräsidentin Margarete Koppers im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses.

Dabei sollen Beamte befragt und Ermittlungsakten überprüft werden. Zusätzlich will Innensenator Frank Henkel (CDU) einen Sonderermittler einsetzen. Der LKA-Informant Thomas S. hatte den Beamten 2002 gesagt, er kenne jemanden, der Kontakt zu drei untergetauchten Leuten aus Thüringen habe. Dieser Hinweis blieb möglicherweise unbeachtet.

Henkel verteidigte sich erneut. Er sei nicht immer mir der "notwendigen Sensibilität" vorgegangen, räumte er ein. Er wolle nun eine "sachliche und seriöse Nachforschung" veranlassen.

Wenig glaubhaft

Die Kritik an Henkel reißt nicht ab. "Ihre Selbstkritik nimmt man Ihnen nicht mehr ab, Herr Henkel", sagte Grünen-Innenexperte Benedikt Lux. Linken-Fraktionschef Udo Wolf ergänzte, das "Niveau einer peinlichen Seifenoper" sei erreicht.

Über den Hinweis sei 2002 "nicht einmal die nächsthöhere Ebene informiert" worden. Er habe den Eindruck, die Polizei verselbstständige sich. Vor dem Hintergrund ständiger Geheimniskrämerei sei eine Kontrolle durch das Parlament nicht möglich.

Es entstehe immer mehr der Eindruck, dass der CDU-Politiker Parlament und Öffentlichkeit über die Informationspolitik der Innenbehörde belogen habe, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Bundestagsfraktion, Volker Beck. Henkel müsse endlich Klarheit schaffen. Der Innensenator hatte angegeben, er habe den Untersuchungsausschuss des Bundestags über den langjährigen V-Mann Thomas S. im Umfeld der Rechtsterroristen Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe nicht informiert, weil es eine entsprechende Absprache mit der Bundesanwaltschaft gegeben habe.

Dem "Spiegel" zufolge belegt jedoch ein vertrauliches Schreiben des Berliner Staatsschutzchefs Oliver Stepien vom 3. April, dass die Berliner Polizei selbst das brisante Dossier dem Ausschuss vorenthalten wollte. In dem Schreiben an die Bundesanwaltschaft verweigert der Staatsschutzmann die Übersendung der Berichte an die Bundesanwälte. Als Grund führte er dem Magazin zufolge an, dass mit einer Übersendung "die Einsicht durch den Untersuchungsausschuss nicht ausgeschlossen" werden könne.

Grundsätzliche Frage

Der SPD-Innenexperte Sebastian Edathy wirft der Bundesregierung eine zögerliche Zusammenarbeit bei der Aufarbeitung der NSU-Morde vor. Auch die bisher übergebenen Materialien zum Terroristen Uwe Mundlos seien nicht vollständig, bemängelte der Vorsitzende des NSU-Untersuchungsausschusses in der "Welt".  Die Unterlagen seien "ausgesprochen lückenhaft". Es fehle etwa Material über eine Durchsuchung des Spindes von Mundlos bei der Bundeswehr im Jahr 1994, die nach Angaben des Landes Thüringen wegen rechtsextremistischer Aktivitäten stattgefunden habe.

Verteidigungsminister Thomas de Maiziere und der ihm unterstellte Militärische Abschirmdienst stehen in der Kritik, weil sie den Ausschuss über Monate nicht auf Unterlagen über den früheren Soldaten Mundlos hingewiesen hatten.

Edathy sagte, er erwarte, dass den Worten von Kanzlerin Angela Merkel bei der Trauerfeier für die Angehörigen der zehn Mordopfer im Februar handfeste Taten folgten.

Quelle: ntv.de, sba/dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen