Politik

Innensenator Henkel erklärt sich Berlin will NSU-Akten liefern

Frank Henkel muss erklären, wie zu dieser Informationspanne kommen konnte.

Frank Henkel muss erklären, wie zu dieser Informationspanne kommen konnte.

(Foto: dapd)

Die Affäre um einen früheren V-Mann und das Terrortrio NSU setzt Berlins Innensenator Henkel gehörig zu - und der Innenausschuss des Abgeordnetenhauses dringt auf Aufklärung. Henkel soll seit März davon gewusst haben, dass ein Helfer der NSU gleichzeitig V-Mann des Landeskriminalamtes war.

In der Affäre um nicht weitergeleitete Akten zu einem V-Mann aus der rechtsextremen Szene wollen die Berliner Behörden das Material nun offenbar schnell vorlegen. Der Vorsitzende des Bundestagsuntersuchungsausschusses zur Aufklärung der Neonazi-Mordserie, Sebastian Edathy, sagte der Zeitung "Die Welt": "Berlin hat zugesagt, dass die Akten vollständig bis zu diesem Dienstag, 13 Uhr, dem Ausschuss vorliegen sollen."

Edathy muss viel Geduld aufbringen.

Edathy muss viel Geduld aufbringen.

(Foto: dapd)

Der mutmaßliche Terror-Unterstützer Thomas S. soll das Trio des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) mit Sprengstoff versorgt und schon 2002 Hinweise auf den Verbleib der untergetauchten NSU-Mitglieder geliefert haben. Die Berliner Behörden gaben die Akten zu dem Mann aber nicht an den Ausschuss weiter und sagten auf Anfrage, sie hätten keinerlei Unterlagen zu den Neonazi-Morden.

Die SPD-Vertreterin im Untersuchungsausschuss, Eva Högl, hatte den Berliner am Montag ultimativ aufgefordert, nunmehr sämtliche Unterlagen zu übermitteln. Anderenfalls müsse der CDU-Politiker zurücktreten.

Verschleppung oder Schlamperei?

Henkel hatte von dem LKA-Informanten nach eigenen Angaben im März erfahren. Dann sei umgehend Generalbundesanwalt Harald Range in Kenntnis gesetzt worden. Nach Informationen von "Spiegel Online" soll das Berliner LKA aber bereits Anfang Februar vom Bundeskriminalamt informiert worden sein, dass gegen Thomas S. wegen der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung ermittelt wurde. Auch nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa hat das BKA schon deutlich vor dem 7. März bei allen Landeskriminalämtern, darunter Berlin, Erkenntnisse über den V-Mann angefordert.

Nach Informationen der "Welt" hatte das Bundesamt für Verfassungsschutz der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages bereits am 25. April rund 170 Seiten zu S. übergeben. Darin ging es jedoch nicht um dessen Tätigkeit als V-Mann.

Dazu soll der unter Druck geratene Henkel heute im Berliner Abgeordnetenhaus Stellung beziehen. Die Opposition will wissen, ob es in der Hauptstadt "Informationspannen bei der Aufklärung der NSU-Morde" gab und wie es dazu kommen konnte.

Sämtliche Innenminister sollen aussagen

Die Gewerkschaft der Polizei forderte unterdessen alle amtierenden und früheren Innenminister auf, ihr Wissen über die NSU-Mordserie preiszugeben. Der GdP-Vorsitzende Bernhard Witthaut sagte dem "Hamburger Abendblatt": "Ehemalige Innenminister oder -senatoren wie Berlins Innensenator a. D. Körting, aber auch einstige Mitglieder der parlamentarischen Innenausschüsse, sollten ihr etwaiges Wissen offenbaren. Dazu bedarf es nicht unbedingt einer Ladung vor den Untersuchungsausschuss."

Jeder, der zur Aufklärung der "unsäglichen Verbrechen" beitragen könne, solle den Untersuchungsausschuss des Bundestages informieren, fügte Witthaut hinzu. Das würde auch "den Verdacht entkräften, Deutschland entwickle sich zu einer Vertuschungsrepublik". Noch habe die Polizei einen "hohen Vertrauensvorschuss in der Bevölkerung". Dieser werde aber schwinden, wenn sich der Eindruck verfestige, "dass hochbrisante Details über Fehler in den Ermittlungen nur scheibchenweise ans Licht kommen".

Der NSU-Gruppe wird die Ermordung von neun Migranten in den Jahren 2000 bis 2006 zur Last gelegt. Außerdem soll sie 2007 eine Polizistin erschossen und mehrere Sprengstoffanschläge verübt haben.

Quelle: ntv.de, AFP

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen