Eklat im römischen Parlament Berlusconi geht wortlos
20.07.2011, 22:32 Uhr
Eine "Schande" für Berlusconi.
(Foto: dpa)
Silvio Berlusconi kommt aus dem Ärger mit der Justiz nicht heraus. Nun erkennt das Parlament in Rom einem seiner Abgeordneten die Immunität ab. Gegen den Mann, Mitglied der Geheimloge P4, wird wegen Erpressung ermittelt. Der Weg für die Festnahme von Alfonso Papa ist nun frei. Besonders heikel: Berlusconis rechter Koalitionspartner stimmt gegen den Regierungschef.
Italiens Regierungschef Silvio Berlusconi hat eine weitere Schlappe erlitten. Das Parlament billigte mehrheitlich für die Aufhebung der Immunität eines Abgeordneten von Berlusconis Regierungspartei PDL und machte damit den Weg für dessen Festnahme frei.
Gegen den Berlusconi nahestehenden Alfonso Papa wird im Zusammenhang mit einer umfassenden Korruptionsaffäre um die Geheimloge P4 ermittelt. Papa soll gemeinsam mit anderen die geheime Organisation gegründet haben, die mit Insider-Kenntnissen ranghohe Personen aus Politik und Wirtschaft erpresst haben soll, um sich Posten und Aufträge zu sichern. Wie es hieß, soll Papa Unternehmern unter anderem Informationen über gegen sie laufende gerichtliche Schritte geliefert haben - im Tausch für Geschenke wie Schmuck und Aufenthalte in Luxushotels.
319 Parlamentarier stimmten für die Maßnahme, 293 dagegen. Damit kann die ermittelnde Staatsanwaltschaft Papa nun in Untersuchungshaft nehmen. Die Staatsanwaltschaft Neapel hatte Papas Festnahme gefordert, Voraussetzung dafür war jedoch die Aufhebung seiner Immunität durch das Parlament. Der Abgeordnete, der am Freitag aus der Fraktion von Berlusconis Partei Volk der Freiheit (PDL) ausgeschieden war, beteuert seine Unschuld.
Lega Nord an Schlappe beteiligt
Besonders peinlich für Berlusconi: Für die Entziehung der Immunität stimmte auch der PDL-Koalitionspartner, die rechtsgerichtete Lega Nord, - das gefundene Fressen für die Opposition. "Die Regierung hat keine Mehrheit mehr", erklärte der Chef der größten Oppositionspartei PD, Pierluigi Bersani, nach dem Votum. Seit den Wahlniederlagen im Mai und Juni läutet die Linke das Ende der Ära Berlusconi ein.
"Wir sind kohärent", kommentierte hingegen Innenminister und Lega-Mitglied, Roberto Maroni. Umberto Bossi, Chef der ausländerfeindlichen und erfolgreichen Nordpartei, ohne deren Stimmen Berlusconi keine Regierungsmehrheit hat, hatte zuvor deutlich "empfohlen", für die Festnahme zu stimmen.
Berlusconi verlässt wortlos das Parlament
Damit wird die Koalition erneut auf eine Probe gestellt. Berlusconi reagierte ungehalten auf das Abstimmungsergebnis und sprach Medienberichten zufolge von einer "Schande". Der Premier, der sich vor der Abstimmung noch optimistisch zeigte, habe mit der Faust auf den Tisch gehauen und dann das Parlament kommentarlos verlassen. Der innenpolitisch angeschlagene Regierungschef - selbst noch in vier Verfahren auf der Anklagebank - kann alles andere als weitere Justizskandale gebrauchen. Zudem dürfte er mit weiteren Risiko-Kandidaten in seiner Partei die Wahl der Lega als Drohung auffassen.
So soll der ehemalige Berater von Wirtschaftsminister Giulio Tremonti, Marco Milanese, ebenfalls Mitglied der P4 gewesen sein. Gegen Landwirtschaftsminister Francesco Saverio Romano hingegen soll ein Prozess wegen Begünstigung der Mafia eröffnet werden. Der Sizilianer war von Berlusconi erst im März ernannt worden.
Alfonso Papa hatte kurz vor der Abstimmung nochmals seine Unschuld beteuert. Seine Festnahme erfolgt laut Staatsanwaltschaft auch nach der Entscheidung nicht automatisch. "Der Kammerpräsident muss das Ergebnis der Abstimmung erst offiziell der Staatsanwaltschaft mitteilen", erklärte Staatsanwalt Giovandomenico Lepore.
Quelle: ntv.de, hdr/dpa/rts/AFP