Politik

Das Ende des "Filibusters"? Biden droht mit umstrittener Senatsreform

f99e64b3ea0763c42153a4d293ef970c.jpg

Hat mit Widerständen der US-Republikaner zu kämpfen: Präsident Biden.

(Foto: AP)

US-Präsident Joe Biden hat im Streit um wichtige Wahlreformen gefordert, notfalls eine als Filibuster bekannte Abstimmungsregel im Senat aufzuheben. Der US-Demokrat will damit die Blockadehaltung der oppositionellen Republikaner umgehen. Die Erfolgsaussichten des Unterfangens sind aber höchst ungewiss. Antworten auf die wichtigsten Fragen:

Was ist der Filibuster?

Eigentlich braucht ein Gesetzestext im Senat eine einfache Mehrheit, um verabschiedet zu werden. Doch vor einer Abstimmung muss zunächst die Debatte über die Vorlage abgeschlossen werden. Bei der dafür notwendigen prozeduralen Abstimmung ist wiederum eine "Super-Mehrheit" von 60 der 100 Senatoren notwendig. Das bedeutet im Umkehrschluss: Mit einer Sperrminorität von 41 Stimmen kann ein Gesetzestext blockiert werden.

Macht eine Partei von dieser Strategie Gebrauch, ist von einem Filibuster die Rede. Der Begriff geht auf das französische Wort "flibustier" für Freibeuter zurück. In der Vergangenheit hielten Senatoren Marathon-Reden, um ein Ende der Debatte und damit eine Abschlussabstimmung zu verhindern. Inzwischen ist das nicht mehr üblich. Die 60-Stimmen-Regel ist viel effektiver - und weniger anstrengend.

Welche Ausnahmen gibt es von der 60-Stimmen-Regel?

Nicht in allen Fällen ist eine Super-Mehrheit von 60 Stimmen im Senat nötig. So wurde 2013 beschlossen, bei der Bestätigung von Regierungsmitgliedern und Bundesrichtern auf eine einfache Mehrheit zu wechseln. 2017 wurde dies auf die Kandidaten für den Supreme Court ausgeweitet.

Es gibt außerdem bei Haushaltsthemen einen als "Reconciliation" bezeichneten Sonderweg, bei dem eine einfache Mehrheit ausreichend ist. Möglich ist ein solches Vorgehen aber nur bei Gesetzen, in denen es um Fragen wie Steuern, Staatsausgaben und die Schuldenobergrenze geht.

Was ist die "nukleare Option"?

Der Filibuster kann über gewisse Verfahren mit einer einfachen Mehrheit eingeschränkt werden, so wie es 2013 und 2017 geschah. Bezeichnet wird das umgangssprachlich als "nukleare Option", weil es die Regeln des Senats grundlegend verändert - und von der Minderheit des Oberhauses gewissermaßen als politische Kriegserklärung wahrgenommen wird.

Warum sind Änderungen beim Filibuster so umstritten?

Kritiker des Filibusters argumentieren, die Sperrminorität ermögliche es der Opposition, den Kongress zu blockieren und damit auch die Arbeit des Präsidenten und seine Reformvorhaben zu torpedieren. Verteidiger der Regel halten dagegen, der Filibuster zwinge Demokraten und Republikaner zu Kompromissen und fördere damit eine parteiübergreifende Verständigung im Senat.

Das Problem bei einer Beschneidung des Filibusters ist, dass die Partei mit der Senatsmehrheit sich nach der nächsten Wahl in der Minderheit wiederfinden könnte. Dann könnten sich die beschlossenen Regeländerungen rächen, weil die neue Mehrheit auf die gleichen Mittel zurückgreift. Für die Demokraten könnte es schon nach den Zwischenwahlen in diesem Jahr so weit sein, bei denen sich die Mehrheitsverhältnisse im Kongress ändern könnten.

Können die Demokraten den Filibuster überhaupt einschränken?

Daran gibt es starke Zweifel. Angesichts der engen Mehrheitsverhältnisse in der Kongresskammer müssten alle Senatoren der Demokraten für eine Regeländerung stimmen. Einige Vertreter des konservativen Demokraten-Flügels haben aber Bedenken geäußert.

Demokraten und Republikaner stellen jeweils 50 Senatoren. Bei Patt-Situationen gibt Vizepräsidentin Kamala Harris, die kraft ihres Amtes auch Senatspräsidentin ist, mit ihrer Stimme den Ausschlag.

Um welche Wahlrechtsreformen geht es Biden?

Das Wahlrecht sorgt in den USA seit Donald Trumps Abwahl im November 2020 für erbitterte Kontroversen. Die Republikaner haben im vergangenen Jahr in 19 von ihnen regierten Bundesstaaten Änderungen des Wahlrechts beschlossen. Sie begründen dies mit angeblicher Betrugsanfälligkeit der bisherigen Wahlgesetzgebungen.

Die Demokraten und zahlreiche Experten werten dies hingegen als Versuch, Minderheiten wie Afroamerikanern, die mehrheitlich demokratisch wählen, das Wählen zu erschweren, und Republikanern einen größeren politischen Einfluss auf die Wahlen zu sichern. Die Demokraten haben zwei Gesetzesreformen auf Bundesebene vorgelegt, um dem Vorgehen der Republikaner einen Riegel vorzuschieben.

Ein Gesetz namens "Freedom to Vote Act" (etwa: Gesetz für die Freiheit zu wählen) soll landesweite Standards für Wahlen festlegen. So soll der Wahltag ein Feiertag werden, außerdem soll das Recht auf Briefwahlen und eine Stimmabgabe vor dem eigentlichen Wahltag garantiert werden. Mit dem Gesetz soll auch eine politische Einflussnahme der Parteien auf die Wahlen verhindert werden.

Ein nach dem verstorbenen schwarzen Abgeordneten und Bürgerrechtsaktivisten John Lewis benanntes Gesetz soll zudem die Diskriminierung von Minderheiten - insbesondere Afroamerikanern - bei Wahlen verhindern. Der Mehrheitsführer der Demokraten im Senat, Chuck Schumer, kündigte an, das Oberhaus könnte sich schon am heutigen Mittwoch mit den Reformen befassen.

Quelle: ntv.de, mbe/AFP

ntv.de Dienste
Software
Social Networks
Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen