Politik

Dioxin-Skandal Bio-Eier jetzt Mangelware

Der Dioxin-Skandal schlägt in Windeseile auf die Supermärkte durch. Konventionelle Eier liegen wie Blei in den Regalen, Bio-Eier sind gefragt wie nie. Branchenverbände verzeichnen hohe zweistellige Zuwächse. Doch das hat Folgen: Bio-Eier gibt es kaum noch. Hühner richten sich halt nicht nach dem Bedarf.

(Foto: dapd)

Die Verbraucher räumen angesichts des Dioxin-Skandals die Regale mit Bio-Eiern leer. "Bio-Eier sind ausverkauft", sagte Prof. Ulrich Hamm, Experte für Lebensmittelmarketing im Fachbereich Ökologische Agrarwissenschaften der Uni Kassel. Dies hätten zahlreiche Händler und große Erzeuger berichtet. Hamm forscht seit 30 Jahren über den Absatz von Bioprodukten.

"Es gibt keine amtliche Statistik, aber die Nachfrage ist stark gestiegen", sagte der Vorstandsvorsitzende Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft Felix Prinz zu Löwenstein. Mancherorts gebe es Engpässe. "Wir sprechen von einem kleinen, schon bisher ziemlich unterversorgten Markt", betonte Löwenstein, der auch Ökobauer ist.

Die Bio-Supermarktkette Alnatura beispielsweise verzeichnete einen Zuwachs beim Verkauf von Bio-Eiern um 30 Prozent in der vergangenen Woche, wie Sprecherin Stefanie Neumann sagte. Absolute Zahlen nannte sie nicht. Bio-Fleisch sei seit dem Bekanntwerden von Dioxin in Futtermitteln aber noch nicht stärker nachgefragt. "In unseren Filialen sind derzeit jedoch lauter neue Kunden zu finden."

Der Bedarf an Bio-Produkten lasse sich momentan nicht befriedigen, sagte Wissenschaftler Hamm. "Wo sollen wir die Eier hernehmen - die Hühner legen ja nicht plötzlich zwei am Tag." Öko-Händler mit langfristigen Lieferverträgen hätten weniger Probleme, Ware zu bekommen als Discounter, die erst kurz im Bio-Geschäft seien.

Nachlassendes Phänomen

Der Run auf die Bio-Eier werde aber bald nachlassen, glaubt der Forscher. Bei jedem Skandal komme die Frage auf, ob es sich nicht doch lohne, für Bio-Produkte mehr Geld auszugeben. Später lasse das Interesse wieder nach. Allerdings blieben nach jedem Skandal auch einige Verbraucher den Bio-Produkten treu, so dass das Geschäft mit Öko-Ware immer noch überdurchschnittlich zulege. Im vergangenen Jahr sei der Umsatz nach ersten Schätzungen vermutlich um rund fünf Prozent gewachsen.

"Zu wenige Landwirte haben auf Öko umgestellt", sagte Hamm. Das sei bei Schweine-, Hühner- und Eierproduktion besonders schwierig. "Das Schlimmste ist der Stall-Umbau." Die Ställe müssten komplett verändert werden, um den Tieren mehr Auslauf zu geben. Bei großen Betrieben mit Tausenden von Tieren sei das fast unmöglich - "diese Riesenbetriebe umzustellen, ist ganz, ganz schwer - die Fläche für Bio ist gar nicht da." Und problematisch sei es eben auch, Futterlieferanten zu finden, die den Bio-Standard erfüllen.

Kritik an mangelnder Kontrolle

Höhn fordert stärkere Kontrollen.

Höhn fordert stärkere Kontrollen.

(Foto: picture-alliance / dpa/dpaweb)

Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Bärbel Höhn, kritisierte indes eine mangelhafte Kontrolle in der Lebensmittelindustrie. "Das Eigenkontrollsystem der Lebensmittel und Futterwirtschaft hat nicht funktioniert", sagte Höhn in der Sendung "Das Duell" bei n-tv. "Insofern ist es ein massiver Fehler, dass die Zahl der staatlichen Kontrolleure abgebaut wurde. Es ist auch ein massiver Fehler, dass das häufig auf die Kommunen übertragen wurde, obwohl ganz viele Kommunen klamm sind." Sie forderte, EU-Fördermittel nur noch für Bauern auszugeben, "im Einklang mit der Natur" wirtschafteten.

Höhn kritisiert zudem das Verbraucherschutzministerium. Diese hätte mehr handlen können, das Problem von Verbraucherschutministerin Aigner sei, dass "sie keine Strategie hat". "Ich erlebe permanent, dass in einem Skandal groß aufgehuelt wird, aber nachher passiert wenig".

Der Vorsitzende der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie, Jürgen Abraham, bemängelte die zu geringe Zahl an Kontrolleuren. "Uns fehlen 1.200 Kontrolleure. Eine Person braucht 20 Jahre um alle Betriebe zu prüfen", sagte er in der Sendung "Das Duell". Zwar werde bei den großen Markenartikelherstellern ständig kontrolliert und jeder Besenstiel in der Werkstatt angemahnt. Richtig wäre es aber, so Abraham weiter bei n-tv. "bei den Risikobetrieben, der Ursuppe der Lebensmittelproduktion, also den Dünge- und Futtermitteln stärker hinzuschauen".

Quelle: ntv.de, ghö/dpa

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